Die Wiener Gärtnerfamilie Herret kann Bio und “klimafit”

Klimaschutz ist das neue Leitthema der Landwirtschaft. Wie klimafitter Gartenbau in Wien funktioniert, das hat ein Betriebsbesuch in der Gärtnerei Herret in Wien Simmering gezeigt, zu dem die Landwirtschaftskammer Wien eingeladen hat.

Biogemüse aus dem Glashaus - im Bild v.l. Gemüsegärtner Erich Herret, LK Wien-Präsident Norbert Walter, Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky und Katrin Herret.

Steinwolle raus, Erde reaktivieren, Umstellung auf Bio und Einkochen in der “Glashausküche”, die Wiener Gemüsegärtnerfamilie Herret setzt auf “klimafitten” Gartenbau und zeigt, wie das funktioniert.

Auf Einladung der Wiener Landwirtschaftskammer (LK) kam der Wiener Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky am 22. Juni zu einem Betriebsbesuch, um sich von den Leistungen des Betriebs Herret und im weiteren Umkreis auch der Wiener Stadtlandwirtschaft für den Klimaschutz berichten zu lassen.

Erosionsschutz und Biodiversität

LK Wien Präsident Norbert Walter hob besonders die Leistungen der Wiener Betriebe in Sachen Bodengesundheit und Biodiversität hervor. Immerhin bewirtschaften die rund 600 Stadtlandwirte etwa 6.500 Hektar Agrarflächen.

In Sachen Humusaufbau und Erosionsschutz nehmen die Wiener Betreibe bereits auf 1.400 Hektar an entsprechenden Öpul-Maßnahmen teil und speichern damit aktiv CO2. Auch die Biodiversitätsflächen nehmen enorm zu – vom Vorjahr auf heuer um 30 Prozent. 2023 gibt es bereits 352 Hektar Grünbrache in Wien, was knapp der Größe der gesamten Donauinsel entspricht. Im Jubiläumsjahr 150 Jahre Hochquellwasserleitung wird vorbeugender Grundwasserschutz auf Ackerflächen betrieben. Auch die Elektrifizierung der Bewässerungsanlagen und der vermehrte Einsatz von Tröpfchenbewässerung schützen die Ressource Wasser. Und auch die seit 2018 verdreifachte Soja-Fläche in Wien ist eine Klimaschutzmaßnahme, da sie nicht nur klimaschädliche Importe aus Südamerika ersetzt, sondern auch den Boden verbessert.

Schnäppchenjäger sind keine Klimaschützer

Walter: “Klimaschutz entsteht im Besonderen auch durch das regionale Angebot der Wiener Betriebe. Konsumenten, die zu Produkten aus Wien greifen, tragen damit automatisch zum Klimaschutz bei. Denn sie setzen damit auf nachhaltig erzeugte Lebensmittel, die frisch sind und auf kurzen Transportwegen auf den Markt kommen.” Schnäppchenjäger, die nur das billigste, meist importierte Produkt suchen, seien demgegenüber keine Klimaschützer, so der LK Wien-Präsident.

Quelle: BZ/Maad
In ihrer “Glashausküche” zeigen Katrin Herret und ihre Mutter Angelika wie man Gemüse und Obst haltbar machen kann.
 
Agrarbudget mit Schwerpunkt Bio

Laut Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky zählt Wien weltweit zu den Städten mit der höchsten Lebensqualität und einem einzigartigen Ausmaß an Grünraum. Mehr als die Hälfte des Stadtgebietes seien Grünflächen, etwa 15 Prozent seien landwirtschaftlich genutzt.

Das zentrale Instrument der Wiener Stadtregierung, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, sei der Wiener Klimafahrplan, der auch die Stadtlandwirtschaft mit einbeziehe. Czernohorszky: „Erst vor kurzem haben wir das ‚Wiener Agrarbudget‘ für das Jahr 2023 mit rund drei Millionen Euro Landesanteil beschlossen. Damit werden auch Maßnahmen zum Ressourcen- und Klimaschutz unterstützt.“ Für Wien stehe die Erhaltung der regionalen Produktion und der Ausbau der Biolandwirtschaft im Fokus. Mittlerweile werden von rund 83 Wiener Biobetrieben 31 Prozent der Wiener Landwirtschaftsfläche biologisch bewirtschaftet. Mit dem im Vorjahr beschlossenen Wiener Bioaktionsprogramm 2022 + wird dieser Weg auch in den nächsten Jahren fortgesetzt werden. Dafür stellt die Stadt Wien jährlich bis zu 250.000 Euro an Landesfördermittel bereit.“

Bio-Umstieg in der Gärtnerei

Katrin Herret, Junggärtnerin im Familienbetrieb am Simmeringer Mitterweg beschreibt die Entscheidung für den Bio-Umstieg so: „Wir haben im Jahr 2018 den ersten Standort unseres Familienbetriebes in Albern auf Bio- Produktion umgestellt, weil wir der festen Überzeugung sind, dass gesunde Böden ein enormes Potential für unsere Natur und den Erhalt unseres Klimas haben.” Im Vorjahr setzte Familie Herret den nächsten Schritt in Richtung Bio, indem ein Teil der Gärtnerein am Mitterweg auf Bio umgestellt wurde. Durch den Einsatz von Kompost und Gründünger, der Neuansiedlung von Regenwürmern sowie regelmäßig wechselnden Kulturen soll der bisher unter den Abdeckfolien “schlafende” Boden wiederbelebt werden. Dass dies gut möglich ist, war bereits auf Teilflächen zu sehen. Mit jahreszeitlich wechselnden Kulturen bis hin zum Wintergemüse wird die bisherige Tomaten-Monokultur in Richtung Vielfalt gewandelt und der Energieeinsatz weniger aufwendig. Statt der Beheizung mit Erdgas soll in Zukunft wieder der Fernwärmeanschluss reaktiviert werden.

Katrin Herret: “Innovation im Einklang mit der Natur, von und mit der Natur lernen, das ist unsere Vision.“ In der Vermarktung will man näher zu den Konsumenten. Erste Markterfahrungen hat man bereits auf dem Wochenmarkt in der Neubaugasse gesammelt. Für den passenden Auftritt samt Erinnerungswert kommt das Bio-Gemüse unter der Marke “Bodenstark” zu den Kunden. Und alles was nicht am Markt verkauft werden kann, verarbeiten Katrin und ihre Mutter Angelika in der Betriebseigenen “Glashausküche”, die zudem auch für weitere Aktivitäten Platz bietet. So etwa für Kursangebote und Koch-Ereignisse, für die man in der Glashausküche Gast sein kann.

Nähere Informationen: www.glashauskueche.at

- Bildquellen -

  • „Stadtlandwirtschaft macht klimafit!“: BZ/Maad
  • „Stadtlandwirtschaft macht klimafit!“: BZ/Maad
- Werbung -
AUTORHans Maad/red. AR
Vorheriger ArtikelAgrar-Terminmarkt (23. Juni ’23) / Deutliche Kursanstiege bei Weizen
Nächster ArtikelKeine Klimakiller – Wissenschaft und Bevölkerung entlasten Kühe