Milch, Butter und Käse haben vor dem Hintergrund der Coronakrise einen besonderen Stellenwert für die heimischen Konsumenten. Wie Michael Blass feststellte, hat vor allem der Absatz von Milchprodukten im Ab Hof-Verkauf sowie andere Wege der Direktvermarktung „deutlich zugenommen” . Mit Zahlen konnte der AMA Marketing-Geschäftsführer hier nicht aufwarten, fest steht für ihn aber, dass die Konsumenten die regionale Herkunft der Lebensmittel schätzen und auch verstärkt darauf wert legen, zu wissen, woher die Produkte stammen.
Lockdown brachte 40 Prozent Mehrumsatz im LEH
Genauere Absatzdaten hatte Blass über die Umsätze mit Milchprodukten im Lebensmittelhandel. Demnach ist der Wochenumsatz von 9. bis 15 März um im Vergleich zum Vorjahr mehr als 40 Prozent gestiegen. Auch in den Folgewochen waren deutliche Mehrumsätze zu verzeichnen. Starke Umsatzausfälle gab es demgegenüber jedoch in den Bereichen Gastronomie, Hotellerie, Tourismus und Gemeinschaftsverpflegung. Diese Bereiche stehen für etwa ein Viertel des Gesamtabsatzes. Entsprechend groß sind die Marktverwerfungen bei den Molkereien.
Auffallend war für den Marktforscher weiters, dass der Anteil der Milchprodukte, die in Aktion gekauft wurden, nach dem Lockdown leicht rückläufig war.
AMA-Kampagne: „Wir brauchen uns alle“
Aus dem bisherigen Verlauf der Coronakrise zog Blass folgendes Fazit: „Unsere Lebensmittel haben noch nie so viel Wertschätzung erfahren. Die Konsumenten goutieren die hohe Versorgungssicherheit unserer Bauern und Verarbeiter und die hohe Qualität der Produkte. Jetzt müssen wir uns alle anstrengen, das Vertrauen der Konsumenten halten zu können.“ Mit ihrer aktuellen Kampagne wolle die AMA die Partnerschaft zwischen Bauern, Verarbeiter, Gastronomie und Tourismus, Handel und Konsumenten nachhaltig stärken. Dies komme im Slogan „Wir alle brauchen uns alle“ zum Ausdruck.
Langer Weninger: Milchpreis unter Druck
Laut LK OÖ-Präsidentin Michaela Langer Weninger, die auch selbst Milchbäuerin ist, sei der Druck am Milchmarkt für die Bauern deutlich spürbar. Nach einem verstärkten Absatz zu Beginn der Restriktionsmaßnahmen, seien die Mengen nun wieder geringer geworden. Leider propagieren einige Lebensmittelhändler Aktionen mit ausländischer Ware. Die Milchbauern trifft darüber hinaus auch das schlechte Preisniveau bei Rindfleisch. Langer Weninger: „Zu hoffen ist, dass die Öffnung der Gastronomie den Absatz positiv beeinflusst.“
Die LK-Präsidentin erneuerte die Forderung der Bauern nach einer Herkunftskennzeichnung. Die Bauern und ihre Verarbeitungsbetriebe bemühen sich, täglich drohenden Preisreduktionen entgegenzuwirken. Das Bekenntnis und der Griff der Konsumenten zu heimischer Milch und Milchprodukten sei von besonderer Bedeutung. „Wir können unsere Kühe nicht in Kurzarbeit schicken oder weniger produzieren. Die Menge bleibt gleich, ob mit oder ohne Krise. Daher: greift zu heimischen Produkten und sichert den Fortbestand unserer Höfe“, fand Langer Weninger klare Worte für einen Appell an die Konsumenten.
Butter für 99 Cent – diese Aktion gehört abgestellt
Für die Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) betonte deren Präsident, Helmut Petschar, die Bedeutung der heimischen Milchwirtschaft für eine gesicherte Versorgung mit hochqualitativen Milchprodukten. Petschar: „Die Krise hat bewusst gemacht, dass Ernährungssouveränität ein wichtiges nationales Anliegen ist, das wir gerne gewährleisten.” Allerdings forderte er dazu auch die Solidarität des Lebensmittelhandels ein. Denn eine gesicherte Eigenversorgung auch in Krisenzeiten könne nur dann gelingen, wenn die erwünschten Qualitäten auch zwischen den Krisenzeiten gekauft und dafür Preise bezahlt werden, welche die erhöhten Qualitätsanforderungen abgelten und allen Beteiligten der Wertschöpfungskette ein Einkommen zukommen lassen. Petschar nahm damit auf eine Butter-Schleuderpreisaktion im heimischen Lebensmittelhandel Bezug, bei der das Viertelkilo zu 99 Cent angeboten wird. Petschar: „Es darf bei ‘Vorrang für Österreich’ nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben. Schleuderaktionen, bei denen sonst übliche Bedingungen des Handels, wie GMO- oder Glyphosat-Freiheit, auf einmal keine Rolle mehr spielen, gehören abgestellt.“
Die heimische Milchwirtschaft setze auf eine Qualitätsstrategie mit Gentechnikfreiheit, Verzicht auf bedenkliche Pflanzenschutzmittel sowie ohne Soja aus Übersee oder Palmöl im Futter. Weiters leisten die Bauern ihren Beitrag mit Qualitätssicherungsprogrammen wie dem AMA Gütesiegel, hohen Tierwohlstandards und der Milchproduktion auf kleinen und mittleren Familienbetrieben. Dies ermögliche eine große Produktvielfalt mit vielen regionalen und Spezialprodukten, wie Heumilch oder Biowiesenmilch. Viele Gäste aus dem In- und Ausland schätzen diese Vielfalt und die gepflegten Landschaften.
AMA-Gastrosiegel – „Der Gast schätzt das“
Für Harald Pollak, Wirt im Retzbacherhof in NÖ und Teilnehmer am AMA-Gastrosiegel steht fest, dass er trotz der schwierigen Situation in der Gastronomie an Lebensmitteln aus regionaler Herkunft festhält. Pollak: „Unsere Gäste wollen wissen, woher die Produkte stammen. Wir kaufen regional in Österreich ein und weisen dies auf unseren Speisekarten aus.“ Dies habe auch im Rahmen des aufgrund der Coronakrise eröffneten Abholservice für Speisen sehr guten Anklang gefunden. Pollak bleibt der Qualitätsstrategie im Rahmen des AMA-Gastrosiegels jedenfalls treu. „Der Gast schätzt das“, ist der Wirt überzeugt.
Weltmilchtag – Am 1. Juni ist traditionell der Internationale Tag der Milch. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) hat diesen Tag bereits im Jahr 1957 ins Leben gerufen, um Milch als ein gesundes und natürliches Getränk für alle Altersstufen zu bewerben. Vor dem Hintergrund der Coronakrise hat der „Weltmilchtag” diesmal besondere Aktualität.
- Bildquellen -
- Weltmilchtag Web LKOOE: LK OÖ / Wöckinger