Getreidetechnologie: Innovative Lösungen für Backwarenbranche

Experten diskutierten darüber, wie nachhaltige Trends die Herstellung von Backwaren beeinflussen und Innovationen das traditionelle Handwerk unterstützen können.

Traditionelles Getreide sowie mögliche Alternativen standen im Fokus der Tagung.

Ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen und eine regi­onale Kreislaufwirtschaft sind Forderungen, die immer mehr Konsumenten stellen. Innovative Lösungen seien daher auch in der Backwarenbranche gefragt. Gleichzeitig gelte es, das traditionelle Handwerk zu erhalten. Genau mit diesem Balanceakt beschäftigten sich die Experten beim heurigen Getreidetechnologietag an der Fachhochschule (FH) OÖ Campus Wels. Der Lebensmittel-Cluster Oberösterreich organisierte die Veranstaltung gemeinsam mit der HTL für Lebensmitteltechnologie in Wels. Direktorin Gisela Wenger-Oehn betonte: „Nachhaltige Trends sind gekommen, um zu bleiben. Innovationen werden die traditionellen, handwerklichen Techniken unterstützen.“

Mehr als „nur“ Tierfutter

Katrin Mathmann und Bettina Zieher, beide Professorinnen für Lebensmitteltechnologie an der FH Oberösterreich, gaben Einblicke in das Kooperationsprojekt „SUN – Gewinnung von Proteinen aus Ölpresskuchen“. Ziel dabei sei es, Sonnenblumenölpresskuchen nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen verwertbar zu ma­chen – und zwar mit einem minimalen Einsatz von Ressourcen sowie lebensmitteltechnologischen Verfahren wie der Membranfiltertechnologie. „Die innovative Zutat aus Restoffen kann auf natürliche Art den Eiweißgehalt der Backwaren erhöhen, die Backeigenschaften verbessern und zu einer nachhaltigen Herstellung beitragen“, sind sich die Forscherinnen einig.

Kostproben aus Hülsenfrüchten

Quelle: Business_Upper_Austria
Kostproben der HTL-Schüler

Schüler der HTL für Lebensmitteltechnologie in Wels entwickelten Produkte aus Leguminosen – angefangen von veganen Windringen bis zu Pralinenfüllungen. Ursula Führer, die das Projekt mitbetreut, sieht in Hülsenfrüchten großes Potenzial: „Sie überzeugen durch ihren hohen Proteinanteil und werden von Menschen gut verwertet. Eine pflanzenbasierte Ernährung mit genügend Proteinen ist daher möglich.“

Sorghum als Alternative

Mit ihrem Mari Ernährungskonzept konzentrieren sich die Gründerinnen Ria Lang und Martina Moik auf die Entwicklung von gluten- und weizenfreien Bio-Backmischungen ohne Zusatzstoffe. Sie sind zudem Partner des Projekts „Versorghum“, das sich mit
Sorghum als alternative Getreidefrucht für Back- und Teigwaren beschäftigt. Als Projektkoordinator fungiert dabei die Universität für Bodenkultur (Boku), die auch im Projekt „CLIC – Climatesmart grain crops“ Sorghum untersucht. Regine Schönlechner vom Department für Lebensmittelwissenschaften und -technologie ist von den hitzetoleranten Getreidesorte überzeugt: „Die Zusammensetzung ist genauso gut wie bei anderen Getreidearten. Sorghum hat einen hohen Gehalt an sekundären Pflanzeninhaltsstoffen, die einen positiven Einfluss auf die Gesundheit haben.“

Crispr Cas: Grüne Gentechnik

Ebenfalls am Projekt „CLIC“ beteiligt ist Lisa Call vom Institut für Pflanzenzüchtung der BOKU. Sie setzt sich außerdem intensiv mit Grüner Gentechnik auseinander. „Unsere heutigen Kulturpflanzen sehen anders aus als früher. Genetische Veränderungen kommen auch in der Natur vor. Nichtsdestotrotz belasten starkes Bevölkerungswachstum und die Effekte des Klimawandels die Ernährungssicherheit und Artenvielfalt. Da sind die Erkenntnisse aus der Forschung unabdingbar“, erklärt die Universitätsprofessorin. Grüne Gentechnik könne zur Gewährleistung der Ernährungssicherung und für ein effizientes, nachhaltiges Produktionssystem bei den Herausforderungen in der Landwirtschaft unterstützen. Beispiele für die erfolgreiche Anwendung seien die Züchtung von glutenfreiem Weizen oder die Allergiereduktion bei Erdnüssen.

Getreide zertifizieren

Pflanzenbaudirektor Helmut Feitzlmayr stellte die Neuerungen bei der AMA-Zertifizierung von Getreide vor und richtete einen Appell an die Ackerbauern, am AMA-Gütesiegel teilzunehmen: „Das ist eine Chance, sich vom internationalen Rohstoffmarkt abzuheben. Zwar lässt sich das Gütesiegel nicht über Nacht einfordern, 80 Prozent der österreichischen Landwirte erfüllen allerdings bereits die Anforderungen für das Gütesiegel im Ackerbau.“

Pionierarbeit bei Langzeitkühlung

Seit fast zehn Jahren betreibt Dietmar Kappl den „Homebaking Blog“. Er ist allerdings nicht nur Blogger, sondern auch Bäckermeister und Produktionsleiter bei Reichl Brot in St. Marien. „Brot hat sich immer mehr zum Genussmittel entwickelt. Der Blog spiegelt das wider und hat uns neue Kunden beschert“, erzählte Kappl und wies darauf, dass sich innovative Ansätze in mehrerlei Hinsicht bezahlt machen: „Reichl Brot hat als eine der ersten Bäckereien die Langzeitkühlung eingeführt. Viele andere aus der Branche haben das damals belächelt. Wir sind aber sehr glücklich damit und haben daraus unser Markenzeichen geschaffen.“ Zurück zum Blog: Den verwendet Kappl als Spielwiese für eigene und von der Community vorgeschlagene Backideen, die er Brotbegeisterten auch bei international gefragten Backkursen weitergibt.

Immer schwieriger Arbeitskräfte zu finden

In einer Gesprächsrunde diskutierten Arbeitsmarktexperten, Lehrlingsbeauftragte, Absolventen und junge Menschen, die sich für einen Beruf in der Backwarenbranche entschieden haben, über Motivation, Erwartungen, Potenziale und Verbesserungsmöglichkeiten. Harald Schürz, Herstellungsleiter bei Recheis Teigwaren, wies beispielsweise darauf hin, dass Job Rotation und flexible Arbeitszeiten in der Produktion nicht immer möglich seien, und ergänzte: „Junge Menschen legen oft mehr Wert auf die Freizeitgestaltung und sind auch mit weniger Wochenstunden und Lohn zufrieden.“ Einig war man sich darüber, dass es heute herausfordernder sei, Arbeitskräfte zu bekommen als noch vor einigen Jahren.

Branchentreff: Vom Feld bis ins Körberl

Alle zwei Jahre stehen bei diesem Branchentreffen aktuelle und zukunftsträchtige Themen im Zentrum. Forschende und Praktiker zeigen, wie in Zukunft Lebensmittel wertschöpfend und nachhaltig vom Feld bis ins Körberl kommen. „Der Getreidetechnologietag hat auch heuer wieder wichtige Impulse gesetzt“, bringt es Christian Teufel vom Lebensmittel-Cluster OÖ auf den Punkt.

- Bildquellen -

  • HTL Schüler: Business_Upper_Austria
  • Getreide: photocrew - stock.adobe.com
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AUTORred. Thomas Mursch-Edlmayr
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