Euregio für Wolfsabschuss

Zum zweiten Mal trafen sich kürzlich die für Großraubtiere und Herdenschutz zuständigen amtlichen Experten und Regierungsmitglieder der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino zum fachlichen Austausch. Nach Innsbruck im Jahr 2021 fand das Arbeitstreffen heuer unter Trentiner Euregio-Präsidentschaft in Rovereto statt.

LHStv. Josef Geisler (Tirol), LRin Giulia Zanotelli (Trentino), LR Arnold Schuler (Südtirol)

„Diese Fachtagung hat einmal mehr gezeigt, dass alle drei Länder mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben und zum Schutz der Berglandwirtschaft um eine rechtliche Handhabe ringen. Die Provinz Bozen und die Provinz Trient haben zusätzlich zum EU-rechtlichen Korsett noch die Herausforderung, dass die Umweltbehörde in Rom ein gewichtiges Wort mitredet“, resümiert Bauernbundobmann LHStv. Josef Geisler. Die Euregio sei sich einig, gemeinsam weiterhin auf allen Ebenen für eine Senkung des Schutzstatus und eine Änderung der FFH-Richtlinie in Brüssel einzutreten. Entsprechende Resolutionen haben Tirol, Südtirol und Trentino unter anderem im Rahmen der Arge Alp bereits gefasst. „Wölfe kennen keine Landesgrenzen – Tirol, Südtirol und Trentino in dieser Frage auch nicht“, bekräftigt LHStv. Geisler.

Immer mehr Regionen für Regulierung der Population

29 Wolfsrudel, fünf davon im Grenzgebiet zum Veneto, gibt es aktuell im Trentino. In Südtirol geht man von mindestens fünf Rudeln aus. In Tirol wurden bislang zum Großteil Einzeltiere nachgewiesen. „Die Eingrenzung der Wolfspopulation ist wichtig, um das Problem in den Griff zu bekommen“, betont die zuständige Trentiner LRin Giulia Zanotelli anlässlich des Arbeitstreffens. „Sehr viele Regionen in Italien würden eine Entnahme mittragen“, ist auch Südtirols LR Arnold Schuler überzeugt. Der Großteil der in Tirol nachgewiesenen Wölfe stammt aus der italienischen Population. „Ein gezieltes Management der Wolfspopulation in Italien wäre auch für uns bedeutsam“, hofft Tirols LHStv. Geisler auf einen Paradigmenwechsel in Rom.

Doch selbst Einzelentnahmen von Schadwölfen sind derzeit schwierig. Tirol hat in einem rechtlichen Grenzgang eine Möglichkeit für die Entnahme von Schad- und Risikotieren geschaffen. Südtirol und das Trentino kämpfen noch um ein solches Instrumentarium. Während in Tirol Abschussverordnungen für sechs Wölfe erlassen wurden, gab es im Trentino und in Südtirol bislang keine einzige Genehmigung für die Entnahme eines Wolfes. Doch es hat den Anschein, als würde sich auch der italienische Nationalstaat etwas bewegen.

Abschüsse und Behirtung

Dass neben Abschüssen von Wölfen auch Behirtungsmaßnahmen notwendig sind – darüber herrscht bei den Experten in der Euregio Einigkeit. „Nicht nur die politisch Verantwortlichen, sondern auch ausnahmslos alle Fachleute sprechen sich einhellig für die gezielte Entnahme von Wölfen aus“, sieht LHStv. Geisler einen Grund mehr, die FFH-Richtlinie zu überarbeiten. In der Provinz Trient hat sich im Lessina Gebirge an der Grenze zum Veneto ein Wolfsrudel auf Rinder spezialisiert. Auch dort war bislang eine Entnahme rechtlich nicht möglich.

Alle drei Ländern fördern Herdenschutzzäune und zahlen Entschädigungen für gerissene Nutztiere. Weit verbreitet ist Herdenschutz bereits im Trentino, wo es vielfach Schafherden mit 1.500 Tieren gibt. Auf großes Interesse sind die Herdenschutz-Pilotprojekte des Landes im Tiroler Oberland gestoßen.

Quelle: Land Tirol
Das Lessina-Gebiet an der Grenze Trentino/Veneto ist ein Konfliktherd: Dort hat sich ein Wolfsrudel auf Rinder spezialisiert.

Trentino will Handlungsspielraum

Sehr präsent ist bei allen Verantwortlichen im Trentino der tödliche Bärenangriff auf einen Jogger im April dieses Jahres. Seit 2014 gab es in der Provinz Trient sieben Bärenattacken auf Menschen, eine davon endete tödlich. Acht Bären wurden aus dem Verkehr gezogen: Von diesen acht Exemplaren leben sechs in Gefangenschaft, einer starb infolge einer Narkose und ein Bär wurde erlegt. Geht es nach der Provinz Trient sollen Problembären künftig nicht gefangen, sondern unmittelbar abgeschossen werden. Ein entsprechendes Landesgesetz, das den geringen Handlungsspielraum der Provinz ausnützt, ist in Vorbereitung.

Alle zwei Jahre führt das Trentino ein systematisches Bären-Monitoring durch. Dieses ergab 2021 eine Population von 73 bis 92 Individuen. In Südtirol geht man derzeit von einer Präsenz von vier bis fünf Bären aus. Die letzten Bärennachweise in Tirol stammen von Mitte Juli aus dem Ötztal und dem Außerfern. Es dürfte sich dabei um zwei verschiedene Bären handeln.

- Bildquellen -

  • Lessina: Land Tirol
  • Geisler Zanotelli Schuler: Land Tirol
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AUTORred. HP
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