Alle fünf Jahre erhebt die Statistik Austria Anzahl und Größe der bestehenden Erwerbsobstanlagen im Land. Nach Jahren kontinuierlichen Wachstums zeichnen die endgültigen Ergebnisse der Erhebung von 2023 nun ein verheerendes Bild. Vor zwei Jahren erfassten die Statistiker demnach 13.500 Hektar Obstanlagen, um gut 14 Prozent weniger als fünf Jahre zuvor. Über die Hälfte der Anlagen standen seit zehn Jahren oder länger, der Anteil an ein- bis zweijährigen Anlagen betrug gerade einmal zehn Prozent (2017: 20,6 %). Die Anzahl der Obstbaubetriebe brach zeitgleich um beinahe ein Fünftel (19,2 %) auf nur noch 3.160 Betriebe ein.
Für Manfred Kohlfürst, Obmann des Bundesobstbauverbandes (ÖBOG), liegen die Gründe dafür auf der Hand: „Wir hatten in den vergangenen Jahren mit multiplen Krisen zu kämpfen.“ Die Märkte seien demnach, insbesondere bei Äpfeln „extrem volatil“. Das Kernobst stellt mit 6.500 Hektar zwar immer noch fast die Hälfte aller Intensivobstflächen, doch auch hier wurde ein Rückgang um gut 14 Prozent verzeichnet.
Nachholbedarf bei Bewässerung
Geschuldet sei das unter anderem auch dem Klimawandel. Dieser treffe den Obstbau mit seinen Dauerkulturen besonders hart, weiß Kohlfürst: „Spätfrost, Dürre, Hagel, Überschwemmungen und Sturm. All das betrifft uns unmittelbar“. Im Kernobst versuchen die Obstbauern zwar durch Überkronen-Frostberegnung und Tröpfchenbewässerung gegenzusteuern. Diese sei allerdings bei weitem nicht überall möglich. „All jene Betriebe die keinen Zugang zu Wasser auf ihren Flächen haben, resignieren“ so der ÖBOG Obmann. Den Statistik-Austria-Zahlen zufolge müsste das nach wie vor der Großteil der Höfe sein. Nicht einmal ein Drittel aller Betriebe verfügt über ein Bewässerungssystem, beim Apfel sind 31,7 Prozent der Flächen Stand 2023 bewässerbar. In der Steiermark, wo immerhin 58 Prozent der Obstwiesen verortet sind, unterstützt das Land mittlerweile Investitionen in Beregnungsanlagen.
Der Klimawandel bringe aber auch neue Chancen, ist Kohlfürst überzeugt. So konnte die Birnenanbaufläche seit 2017 um gut 10 Prozent auf 690 Hektar ausgeweitet werden. Dies sei einer regen Nachfrage geschuldet, da in Italien durch Sommertrockenheit zunehmend Anbaugebiete wegbrechen.
Holunder mit geringen Deckungsbeiträgen
In Summe geht der Trend der Anbauflächen aber bei fast allen Obstarten nach unten. So sank die Anbaufläche bei Marillen auf unter 1.000 Hektar, ebenso bei Pfirsichen und Nüssen. Besonders hart traf es die zur Verarbeitung bestimmten Beerenobstanlagen, also Holunder und Aroniabeeren. Bei Ersteren wurde seit 2017 fast die Hälfte der Bestände gerodet, nur 780 Hektar blieben übrig. „Eigentlich hätten wir hier im Export für Nahrungsergänzungsmittel gute Absatzmöglichkeiten“, berichtet der Verbandsobmann. Ob der kleinen Strukturen würden die Erzeugerpreise aber oft nicht einmal die Erntekosten decken, moniert er.
Kohlfürst: „Wir sind mit steigenden Flächen auf Erntehelfer angewiesen. Die Lohnnebenkosten sind aber erdrückend.“
Das Problem kleiner Strukturen eint übrigens alle Landwirte die sich mit Obstanlagen befassen: „Wir sind mit steigenden Flächen auf Erntehelfer angewiesen. Die Lohnnebenkosten sind aber erdrückend“. Während in anderen EU-Ländern Sonderregelungen für Saisonarbeitskräfte die monetäre Belastung mindern, sucht man hierzulande eine solche vergebens. „Um im Wettbewerb bestehen zu können, muss Österreich dringend nachziehen“, appelliert Kohlfürst.
Kein Ersatz für auslaufende Wirkstoffe
Ein weiteres Sorgenkind sei der Pflanzenschutz. Zahlreiche Wirkstoffe verlieren derzeit oder demnächst ihre Zulassungen, ohne dass Alternativen auf den Markt kommen. „Viele Bauern befürchten in drei bis vier Jahren deshalb nicht mehr sicher produzieren zu können.“ Ob der kleinen Anbauflächen fehle seitens der Hersteller einfach das Interesse Wirkstoffe auf den österreichischen Markt zu bringen, so Kohlfürst. Auch bei den Notfallzulassungen gäbe es „noch Luft nach oben“.
Zumindest absatzseitig erwartet der ÖBOG-Chef Verbesserungen, sollte sich eine flächendeckende Herkunftskennzeichnung auch bei verarbeiteten Produkten durchsetzen. Auch im Export gäbe es – zumindest für Äpfel – einige gute Abnehmer. Bleibt zu hoffen, dass genügend Bauern bis dahin ihren Dauerkulturen die Stange halten.
Die Erhebung der Erwerbsobstanlagen 2023 hier zum Nachlesen.
- Bildquellen -
- Apfelanlage im Spätwinter: agrarfoto.com