BauernZeitung: Sojabohne ist bei den heimischen Landwirten populär. Im Vorjahr erreichte der Anbauumfang mehr als 92.000 Hektar. Könnte die Fläche heuer noch größer werden?
Birschitzky: Leider erwarten wir heuer einen Anbaurückgang um fünf bis zehn Prozent auf ca. 85.000 Hektar. Nach dem Rekordjahr 2022 wäre das aber immer noch die zweitgrößte jemals bei uns gesäte Fläche. Der Grund für den Rückgang liegt im vermehrten Anbau von Wintergetreide. Im Herbst waren ja die Getreidepreise recht hoch. Zum Frühjahrsanbau ist jetzt aufgrund niedrigerer Düngerpreise wieder der Mais etwas attraktiver geworden, wobei hier offen ist, wie sich die Energiepreise und damit die Trocknungskosten bis zum Herbst entwickeln. Die heuer verstärkt anzulegenden Biodiversitätsflächen werden die verfügbaren Anbauflächen für die Frühjahrsaussaat ebenfalls einschränken. Und leider hat aus meiner Sicht die Agrarpolitik die Sojabohne auch etwas vernachlässigt, weil sie im neuen ÖPUL keine kulturartenbezogene Förderung bekommen kann, wie das z. B. bei Erbse, Ackerbohne, Raps oder Sonnenblume der Fall ist.
Wie sieht es aus mit der Saatgutverfügbarkeit? Kann das gewünschte bzw. erforderliche Saatgut aus heimischer Vermehrung bereitgestellt werden?
Die Saatgutverfügbarkeit ist ausreichend gegeben. Im Jahr 2022 haben die heimischen Saatgutfirmen mehr als 6.000 ha Sojabohne vermehrt, womit Sojabohne nach Mais und noch vor Weizen die zweitwichtigste Kulturart in der Saatgutproduktion war. Damit können die heimischen Landwirte gut versorgt werden. Zudem wird auch viel Sojasaatgut exportiert, was zusätzliche Wertschöpfung darstellt.
Für selbst produzierte Sojabohne gilt das „Nachbauprivileg“ nicht. Was hat es damit auf sich?
Als die EU im Jahr 1994 in der Verordnung 2100/94 dieses Landwirteprivileg festgelegt hat, war Sojabohne in der EU schlicht und einfach noch so unbedeutend, dass sie es nicht wie Getreide, Erbse, Ackerbohne oder Kartoffel auf diese Liste geschafft hat.
Gibt es die Möglichkeit, eigenen Nachbau regulär zu verwenden, eventuell unter Bezahlung einer Lizenz?
Bis jetzt gibt es diese Möglichkeit nicht. Falls Sojabohne in den Kreis der Kulturarten, für die das Landwirteprivileg gilt, aufgenommen würde, wäre die rechtliche Situation wie bei Getreide.
Es besteht also eine Verpflichtung zur Verwendung von Originalsaatgut. Rechnet sich das?
Wir schätzen, dass in der Praxis etwa ein Drittel Eigennachbau verwendet wird. Für die Aussaat von Originalsaatgut sprechen die garantierte Keimfähigkeit und der geprüfte Gesundheitsstatus. Um den Kostennachteil auszugleichen, schlagen wir eine Prämie vor, wie das etwa auch in Ungarn gemacht wird. In Summe kommt die Verwendung von Originalsaatgut allen zugute, weil damit die Züchtung besser vorankommt.
Die Sojazüchtung wird im Rahmen des Projektes Klimafit auch durch das Landwirtschaftsministerium gefördert. Braucht es da noch zusätzliche Lizenzeinnahmen?
Wir schätzen diese Unterstützung durch das BML und die Bundesländer im Projekt Klimafit sehr. Die Mittel werden verwendet, um bei einer Reihe von Kulturarten zusätzliche Züchtungsarbeiten durchzuführen. Dazu gehören Versuche in Stressregionen wie Südosteuropa. Das Ziel ist, eine Genetik zu entwickeln, die an die Bedingungen des Klimawandels noch besser angepasst ist. Zur kompletten Finanzierung eines Soja-Züchtungsprogrammes, wo auch Ertrag, Inhaltsstoffe oder Resistenzeigenschaften intensiv bearbeitet werden, reicht die Unterstützung im Projekt Klimafit alleine aber nicht aus.
Wie ist die Position der heimischen Sojazüchtung im europäischen Wettbewerb?
Die Position ist sehr erfreulich. Die Saatzucht Donau hat in den vergangenen zehn Jahren 50 Sojasorten in den Reifegruppen 0000 bis 0 registriert bekommen und ist mittlerweile klarer Marktführer in vielen Ländern Europas, wie Österreich, Ungarn, Slowakei, Deutschland oder Polen. Maßgeblich für diesen Erfolg ist unser Sojazüchter Bernhard Mayr, der mit seinem Team in der Zuchtstation Reichersberg (OÖ) exzellente Arbeit leistet.
Italien, Rumänien und Frankreich sind bedeutende Anbauregionen in der EU. Wie gut können die Erträge in Österreich mithalten?
Wir können im europäischen Vergleich sehr gut mithalten. Wir haben in Österreich im Mittel der zurückliegenden drei Jahre 2,9 t/ha erreicht. In Italien, dem bei Soja ertragsstärksten Land in Europa, liegen die Erträge mit 3,3 t/ha um ca. 14 % über unserem Niveau. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bio-Anteil bei uns mit 35 % viel höher ist. Der Durchschnittsertrag bei den konventionellen Betrieben in Österreich lag in diesem Zeitraum bei knapp über 3,1 t/ha, also nur um 6 % unter Italien. Klar vorne sind die heimischen Erträge gegenüber Frankreich, wo die Sojaanbauer im Mittel der vergangenen drei Jahre durchschnittlich 2,5 t/ha geerntet haben, und auch gegenüber Rumänien, wo das Ertragsmittel bei 2,1 t/ha lag.
Welche Möglichkeiten hat die Züchtung, um die Sojabohne kälteverträglicher und trockenheitstoleranter zu machen?
Da ist einiges möglich, im Prinzip gilt immer das Gleiche: Beste Genetik einkreuzen und dann unter Stressbedingungen selektieren. Wir haben mittlerweile ertraglich ganz gute 0000- Sorten, mit denen Soja in neue Regionen vorstoßen kann. Diese Sorten sind durchaus in der Lage, gut 3 t/ha zu erzielen und dabei problemlos auch in Belgien, Norddeutschland oder sogar in Litauen gut auszureifen. Für die Züchtung auf Trockentoleranz selektieren wir stark an unserem Standort Weikendorf im Marchfeld mit sehr reduzierter Bewässerung bzw. an Standorten in Ungarn und Kroatien.
Wie steht es um den Einsatz neuer Züchtungstechnologien in der konventionellen Züchtung? Benötigt man diese bzw. wofür können diese hilfreich sein?
Das ist eine politische Entscheidung. Wir haben bis jetzt große Fortschritte in der Sojazüchtung erzielt und werden das auch ohne neue Züchtungstechnologie weiter tun, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen den Einsatz nicht oder nur zu enormen Kosten ermöglichen.
Bei einer weitgehenden rechtlichen Liberalisierung werden wir und wahrscheinlich auch alle anderen Sojazüchter damit arbeiten, wobei man sich keine schnellen Wunder erwarten darf. Eigenschaften wie Ertragsstabilität oder Trockenheitstoleranz werden von sehr vielen Genen gesteuert, es gibt sehr komplexe Wirkungskaskaden dieser Gene und vieles muss da erst erforscht werden.
Sehr wichtig für uns ist, dass, falls manche der neuen Züchtungstechnologien liberalisiert werden, es zu keiner Patentierung der neuen Sorten kommt, weil dadurch der Materialzugang für die kleineren und mittleren Züchter eingeschränkt würde und in einigen Jahrzehnten nur wenige multinationale Konzerne den größten Teil der Genetik kontrollieren würden.
- Bildquellen -
- Johann Birschitzky: Saatgut Donau