Bodenverbauung: Land ohne Äcker – zukunftslos

Der Club alpha lud zur Diskussion über die rasante Bodenverbauung in Österreich.

Beim Erhalt der Bodenqualität hat Österreich ein gutes Händchen bewiesen. Beim quantitativen Bodenschutz gibt es massiven Aufholbedarf. ©Agrarfoto.com
Beim Erhalt der Bodenqualität hat Österreich ein gutes Händchen bewiesen. Beim quantitativen Bodenschutz gibt es massiven Aufholbedarf. ©Agrarfoto.com
“Von allen EU-Ländern, geht Österreich am sorglosesten mit der Ressource Boden um.” Damit eröffnete der Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Hagelversicherung, Kurt Weinberger, die Diskussionsveranstaltung im Wiener Club alpha, dessen Vorsitzende die ehemalige Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ist. Ziel war es, Lösungen für das Problem der Verbauung Österreichs zu finden.

Fakt ist: In den vergangenen 50 Jahren wurden 300.000 ha Agrarfläche versiegelt, das entspricht der gesamten Agrarfläche Oberösterreichs. Zudem ist Österreich mit 1,74 m² Verkaufs- und Supermarktfläche pro Kopf Negativ-Europameister. Der EU-Durchschnitt liegt bei nur 1,02 m². Auch das Straßennetz ist in Österreich nicht gerade gering bemessen. 15 m Straße sind in Österreich pro Kopf bislang verbaut worden, womit Österreich auch in dieser Kategorie trauriger Europa-Meister ist.

Verbaute Zukunft

Der Vorstandsvorsitzende der Hagelversicherung, Kurt Weinberger, warnt:
Der Vorstandsvorsitzende der Hagelversicherung, Kurt Weinberger, warnt: “Verbauen wir nicht unsere Zukunft.” ©ÖHV
All diese Fakten führen dazu, dass bei gleichbleibender Verbauung in Österreich in 200 Jahren keine Agrarfächen mehr zur Verfügung stehen. Weinberger appellierte deshalb ganz klar an alle Interessenvertreter und Entscheidungsträger sowie an die Bevölkerung: “Verbauen wir nicht unsere Zukunft”, damit es in der österreichischen Hymne nicht bald heißen müsse: “Land ohne Äcker – zukunftslos.”

Raumordnung neu

Die Hagelversicherung weist auf diese Entwicklung bereits seit einiger Zeit hin. Gemeinsam mit “alpha”-Frauen und weiteren Interessierten diskutierte Weinberger über Lösungsansätze. So steuere etwa die Kommunalsteuer “komplett falsch”.
Dem stimmte auch Volksanwältin Gertrude Brinek zu. Die Raumordnungsgesetze seien zahnlos, weil sie auf kleinster Ebene, also auf Gemeindeebene, erfolgten. Ein Vorschlag, die Raumordnung, also künftige Bauvorhaben, größer zu denken und zu planen, solle etwa von der Landeshauptleute-Konferenz behandelt werden. Auch die Langfristigkeit müsse hier stärker beachtet werden. Die Direktorin der Österreichischen Bundesgärten, Brigitte Mang, wies daraufhin, dass Kulturlandschaften generationenübergreifend bewirtschaftet, gepflegt und weitergegeben würden, und dabei weiter vorgedacht werden müsse, als bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode.
Ganz klar sah auch Weinberger die Politik in der Pflicht, denn “die Ordnung der Räume ist Aufgabe der Politik.” Jedoch könne oftmals auch die Bewegung von unten her (Bottom-up-Ansatz) etwas bewirken, so Professor Winfried Blum, ausgewiesener Bodenexperte. Blum berichtete davon, wie ernst etwa das Nachbarland Schweiz die Problematik der Verbauung genommen hat, vor allem um in der Lebensmittelproduktion unabhängig zu bleiben. In Österreich reicht der heimische Boden nicht mehr für die Selbstversorgung aus: Für seine Versorgung beansprucht jeder Österreich rund 3000 m². Heimischer Boden steht allerdings nur noch mit 1600 m² pro Kopf zur Verfügung.

Bessere Lobby

Damit mit der Ressource Boden auch in Österreich endlich sorgvoller umgegangen wird, schlägt Weinberger vor, finanzielle Anreize für die Nutzung leerstehender Industriehallen zu schaffen. Außerdem müsse Österreich weg vom “Land der Umfahrungen” hin zu mehr öffentlichem Verkehr als Mobilitätskonzept der Zukunft. Vor allem brauche der Boden eine “bessere Lobby”. Geplant ist eine Kampagne der Hagelversicherung mit dem Titel “Boden retten”, für die Weinberger bereits viele Zusagen zur Unterstützung erhalten hat. Weinberger möchte damit Bewusstsein in der Bevölkerung schaffen, denn: “Einmal zu betoniert, bleibt der Boden unfruchtbar.”

Eva Zitz

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