Atomkraftwerk, AKW

Das könnte man nach der Abstimmung zur künftigen Nutzung von Biomasse im EU-Parlament meinen. Energieministerin Gewessler muss darauf jetzt antworten.

Mit der Abstimmung über die Erneuerbare-Energie-Richtlinie (REDIII) hat das EU-Parlament vergangene Woche seine Position für die finalen Verhandlungen mit der EU-Kommission und den EU-Mitgliedstaaten fixiert. Experten gehen davon aus, dass dieser Beschluss nicht in Stein gemeiselt ist, da er eben noch von mehreren Seiten diskutiert und abgesegnet werden muss. Dafür zuständig zeichnet in Österreich übrigens Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), aber dazu später mehr. 

Der umstrittenen Abstimmung vorangegangen sind offenbar jahrelange Lobbyingaktivitäten seitens der Atombranche. Auch dürften sich Umweltverbände und NGO’s bei Parteien, die vorwiegend dem linken Politspektrum zuzuordnen sind, vehement und offensichtlich auch erfolgreich für einen Stopp des Ausbaus von Energie aus Biomasse eingesetzt haben. Anders ist es nicht zu erklären, warum Biomasse, also ein nachwachsender Rohstoff aus heimischen Wäldern, als erneuerbare Energiequelle überhaupt zur Diskussion steht. Noch schwieriger nachzuvollziehen ist, warum wenige Monate zuvor Atomenergie als „grüne“ Energie eingestuft wurde.

Quelle: Neuhauser„Wer Biomasse abdreht, dreht Atomstrom und Kohlekraftwerke auf“, kritisierte etwa Bauernbund-Präsident Georg Strasser den Vorschlag des EU-Parlaments scharf. 

Es sei völlig inakzeptabel, dass sich die linke Mehrheit im EU-Parlament gegen den weiteren Ausbau von Biomasse aus dem Wald stemme, kritisiert der Bauernbund-Chef. Rückendeckung gibt es von namhaften Experten der Biomasse-, Forst- und Agrarbranche wie auch von Forstminister Norbert Totschnig.

Gerüchte schon im Mai
Begonnen hat die Diskussion, was denn nun als nachhaltige Energieform einzustufen wäre und was nicht, eben schon vor Monaten. Ein erster an die Öffentlichkeit gelangter Vorschlag zur Einstufung der Biomasse hat schon in der ersten Jahreshälfte für Aufsehen und folgend für Unverständnis gesorgt. Doch erst jetzt, als der im Umweltausschuss erarbeitete Vorschlag im EU-Parlament zutage befördert wurde, konnten Interessenvertreter das ganze Ausmaß erkennen. 

Die zwei Abgeordneten des Bauernbundes im Europaparlament, Simone Schmiedtbauer und Alexander Bernhuber, schlugen teils lautstark Alarm. Sie fordern einen weiteren Ausbau der Biomasse, statt einem „Einfrieren des Ist-Zustandes und deutliche Nachbesserungen bei den weiteren Verhandlungen“. Dennoch können sie auch einen ersten kleinen Teilerfolg verzeichnen: „Die Nutzung von Biomasse als erneuerbare Energiequelle ist weiterhin gesichert“, heißt es in einer gemeinsamen Aussendung. Im Vorfeld der Abstimmung kursierende Befürchtungen, nämlich, dass die Nutzung von Biomasse überhaupt nicht mehr als Teil der erneuerbaren Energien anerkannt würde, konnten abgewendet werden. Für Österreich hätte dies fatale Folgen gehabt, denn mehr als 50 Prozent der erneuerbaren Energie kommt aus Bioenergie. „Den Ausbau unserer größten Quelle von Erneuerbaren zu beschränken wäre absurd und lässt unsere Ziele für mehr Energieunabhängigkeit, für leistbare Alternativen zu russischem Öl und Gas und für ein grüneres, nachhaltigeres Europa in die Ferne rücken“, moniert etwa Schmiedtbauer.

Biomasse bleibt „erneuerbar“
„Wir konnten uns damit durchsetzen, dass Biomasse auf dem durchschnittlichen Niveau von 2017-2022 auch zukünftig als erneuerbare Energie anrechenbar sein wird“, informierten die Abgeordneten weiter. Damit sei das Ziel aber noch nicht erreicht. „In den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission hoffen wir auf Verbesserungen, damit Biomasse keines Falls eingeschränkt, sondern Waldrestholz weiterhin gefördert wird und Biomasse-Anlagen ausgebaut werden können“, sagt Bernhuber. 

Problem mit „primärer“ Biomasse
Problematisch sei zudem eine EU-Definition für „primäre“ Biomasse und damit ein Ausschluss von Energieholz aus dem Wald. „Mehr als 40 Prozent der heimischen Haushalte setzt Holz als Brennstoff und krisensicheren Ersatz zu Erdgas und Erdöl ein. Die Einführung dieser untauglichen Definition würde große Teile der eingesetzten Brennstoffe ausschließen. Das würde die Versorgungssicherheit in Haushalten massiv gefährden“, warnen die beiden EU-Abgeordneten. 

Das letzte Wort hat Gewessler
Die Verhandlungen sind gestartet, jetzt ist vorrangig die Energieministerin, Leonore Gewessler von den Grünen, in der Verantwortung. Sie wird beantworten müssen, ob künftig mehr Atomstrom importiert werden soll. Und zudem, ob Österreich die Energie- und Klimaziele erreichen kann, wenn Energie aus Biomasse künftig limitiert werden soll.

- Bildquellen -

  • Georg Strasser: Neuhauser
  • Atomkraftwerk: Stock.Adobe
- Werbung -
AUTORMartina Rieberer
Vorheriger ArtikelAgrar-Terminmarkt 21. September ’22 – Putin schickt Weizenkurs auf Achterbahnfahrt
Nächster ArtikelAgrarpreisindex zur Pachtabrechnung