„Speerspitze für den Markt“

Die unbedingte Ausrichtung auf Qualität war ein wesentlicher Eckpfeiler der Arbeit von Rudolf Rogl. Mit Jahresende geht der langjährige Geschäftsführer der Rinderbörse und der ARGE Rind in Pension. Mit der BauernZeitung hat er über Erfolge, Herausforderungen und die neue GAP nach 2020 gesprochen.

Vermittler zwischen Produzent und Vermarkter: Rudolf Rogl hat den Rindfleischbereich vielfältig weiterentwickelt.

Rudolf Rogl ist seit 1996 Geschäftsführer der Rinderbörse und seit 1999 Geschäftsführer der österreichweiten Erzeugergemeinschaft ARGE Rind. In seiner Zeit wurden wesentliche Qualitäts- und Markenprogramme im Rindfleischbereich implementiert und aufgebaut, wie das AMA-Gütesiegel, das M-Rind-Programm, das Qualitätsprogramm Q-Plus Rind und Premiummarken wie „Cult Beef“ und „Premium Rind“.

60 Prozent des in Oberösterreich erzeugten Rindfleisches werden über Qualitätsprogramme vermarktet. Was war notwendig, um das zu erreichen?
ROGL: Entscheidend war, dass wir in Österreich den konse­quenten Weg einer Branchenlösung gegangen sind. Das hat mit der Einführung des AMA-Gütesiegels begonnen. Wir haben aber parallel dazu Programme wie das Projekt M-Rind mit McDonald‘s entwickelt, damit alle Sparten Nutznießer der Qualitätsprogramme sein können. Ein weiterer Meilenstein ist der Einstieg von Rewe mit den Billa- und Merkur-Filialen ins AMA-Gütesiegel-Programm ab Jänner 2018.
Mir war immer klar, dass wir mit der kleinstrukturierten österreichischen Landwirtschaft keine Preisführerschaft, aber sehr wohl – wenn wir uns gut organisieren – die Qualitätsführerschaft erreichen. Mit dem österreichweiten Zusammenschluss zur ARGE Rind konnten wir das Potenzial weiter anheben. Wir haben uns auch nie auf eine Produktionsweise konzentriert, sondern sowohl den konventionellen als auch den Biobereich in der Qualitätsentwicklung begleitet. Die Betriebsgröße ist nicht das entscheidende für den Erfolg. Der kleinere Bauer hat durch die organisierte Vermarktung der Erzeugergemeinschaft die gleichen Chancen wie ein größerer Bauer.

Ausschlaggebend für die Marktpositionierung ist die Zusammen-arbeit mit dem Handel. Erhalten die Bauern ihren gerechten Anteil an der Wertschöpfungskette?
ROGL: Das ist die tagtägliche He-rausforderung. Wir müssen schauen, wo in der Wertschöpfungskette ein Mehrwert erzielt werden kann. Der Handel wird natürlich immer dominant und mächtig dargestellt. Aber der Handel hat das bestmögliche Preis-Leistungs-Verhältnis für den Konsumenten sicherzustellen. Da bedarf es eines stetigen Abstimmungsprozesses. Als ARGE Rind sind wir eine wichtige Drehscheibe, weil wir die Preise und Konditionen für die Bauern verhandeln. Ich habe mit dem Handel keine schlechten Erfahrungen gemacht. Das Wichtigste war immer auf Augenhöhe zu verhandeln. Das ist mir in den meisten Fällen gelungen, auch wenn es oft
hart war.

Gilt diese „Augenhöhe“ auch bei der aktuellen Glyphosat-Diskussion?

ROGL: Der Handel wird immer das Sprachrohr der Konsumenten sein. Jeder versucht, für seinen Konsumenten das beste Produkt zu haben und wird deshalb auf Trends reagieren. Die Gretchenfrage ist, ob man auf der sachlichen Ebene bleibt. Die gibt es in der Glyphosat-Diskussion nicht mehr. Das ist eher eine Marketing-Diskussion, die unternehmenspolitisch genützt wird.

 Eine Lücke beim heimischen Rindfleisch gibt es in der Gastronomie. Dort kommt oft Fleisch aus anderen EU-Ländern oder Südamerika auf den Teller. Würde eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung das verhindern?

ROGL: Das wichtigste ist die Transparenz. Die Konsumenten sind mündig genug, um zu entscheiden, was sie wollen. Sobald ich Herkunft kennzeichne, hat der Konsument die Möglichkeit zu entscheiden. Im Außer-Haus-Verzehr würde eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung nach dem Schweizer System Sinn machen. Das ist keine Frage der Machbarkeit, sondern des Wollens.

All diese heimischen Maßnahmen würden mit dem Mercosur-Abkommen wohl zunichte gemacht werden. Wie kann man denn die österreichische und europäi­sche Landwirtschaft schützen?
ROGL: Die Mercosur-Länder wollen in erster Linie Agrarprodukte und vor allem Rindfleisch nach Europa liefern. Die Frage ist, wie hoch die Kontingente sind. Als Rinderwirtschaft sind wir gegen das Abkommen. Das ist aber eine politische Entscheidung. Im Wissen dessen ist die stärkere Kennzeichnung im Außer-Haus-Verzehr und in der Verarbeitung umso wichtiger. Dort kann ich den Markt in gewisser Weise schützen. Und wir müssen immer besser werden. Ich bin ein Verfechter davon, die Einzelbetriebe in der Qualitätsproduktion zu begleiten. Mit dem Q-Plus-Programm für die Rindermast und die Mutterkuhhaltung werden Kennzahlen ausgewertet und der Betrieb weiß, wo er steht.
Der entscheidende Punkt bei allen Handelsabkommen ist der Standard, der verhandelt wird. Wenn wir unsere Standards permanent hinaufschrauben – siehe Glyphosat oder Tierwohl – dann ist das ein Bedrohungspotenzial. Die Standards der importierten Waren müssen deklariert werden.

Die Kommission hat einen neuen Vorschlag zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 präsentiert. Darin wird die Rolle der Erzeugergemeinschaft für kleinere Betriebe angesprochen. Wo sehen Sie diese Rolle?
ROGL: Was Brüssel vorschlägt, haben wir im Fleischbereich weitestgehend in Umsetzung – die Bündelung des Angebotes, die Definition von Qua­litäten und die Marktbeobachtung. Ich glaube, dass die Erzeugergemeinschaften eine der besten Versicherungen für die jeweilige Sparte sind. Erzeugergemeinschaften sind die Speerspitze für den Gesamtmarkt.

Oberösterreichs Agrarvertreter fordern, bei den Förderungen für benachteiligte Gebiete und Bergregionen Tierbestände einzurechnen.
ROGL: Für die GAP sind für uns ein paar grundsätzliche Stoßrichtungen wichtig. Zum einen soll die Veredelung mit einem Zuschlag in Säule eins unterstützt werden. Zum anderen müssen die Produktionsgebiete nach Fördernotwendigkeit durchforstet werden, um nicht weiterhin das Gießkannenprinzip anzuwenden. Die Almbewirtschaftung an sich oder die Haltung gefährdeter Rassen wird ohnehin gefördert. Es braucht aber Anreize, um für extensivere Haltungsformen eine Qualitätsproduktion zu gewährleisten. Für die Mutterkuhhaltung werden wir etwas brauchen.

Das heißt Mutterkuhprämie?
ROGL: Nicht die klassische Mutterkuhprämie, sondern eine Qualitätsprämie für das Marktprodukt aus der Mutterkuhhaltung. Dies hätte einen klaren Fokus auf den Markt. Im Zuge des Q-Plus-Programms kann ich festlegen, welche Qualitäten erreicht werden sollen.

Wo liegen die künftigen Herausforderungen Ihrer Branche?
ROGL: Die Rindfleischproduktion wird weiterhin von der Vielfalt geprägt sein. Im Bereich der Kalbinnen-, Ochsen- und Jungrinderprogramme rechnen wir mit zusätzlicher Nachfrage, der AMA-Gütesiegel-Jungstier bleibt in der Frischfleischvermarktung die Hauptkategorie. Die große Chance in Österreich ist der hohe Fleckviehanteil. Das klassische Zweinutzungs-
rind aus der Milchproduktion ist die Basis für unsere Rindfleischproduktion. Somit
darf die Fleischseite in der Zucht nicht verloren gehen. Dann haben wir beste Vo-raussetzungen, um die Qua-litätsproduktion weiter vo-ranzutreiben. Dort ist auf
den Betrieben noch vieles möglich.

Auch die gesellschaftlichen Anforderungen an die Tierhaltung steigen.
ROGL: Das ist ein permanenter, aber kein sprunghafter Prozess. Es kommen immer wieder neue Themen dazu. ich stelle aber auch fest, dass manche Themen, die von den NGOs in den Fokus gestellt und von den Medien verbreitet werden, nicht unbedingt die Stimme der Konsumenten sind. Die Regalentscheidung ist oft eine andere. Im Zeitalter der digitalen Medien und einer raschen Nachrichtenverbreitung werden wir tagtäglich mit neuen Herausforderungen konfrontiert sein. Die Landwirtschaft wird sich darauf einstellen. Wir haben das ja auch in der Vergangenheit schon gemacht.

 

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  • Rogl: Rinderbörse
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AUTORAnni Pichler
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