Gewonnen wird die Energie im Kaiserwinkl aus Biogas, das durch die Fermentation von Speiseresten entsteht. Diese stammen sowohl von privaten Haushalten als auch von Hotel- und Gastronomietrieben aus der Region. „Wir sind stark an die Gastro gebunden. Besonders in der Hauptsaison merken wir das auch“, erzählt Betriebsleiter Helmut Mauracher. In Speiseresten stecke noch sehr viel organisches Potenzial, denn diese enthalten wertvolle Stoffe wie Kohlenhydrate, Proteine und Fett. Und die könne man in Anlagen wie seiner weiterverwerten. Bis zu 120 Tonnen fallen im Kaiserwinkl wöchentlich an. Die Zusammensetzung der biogenen Abfälle sei dabei von entscheidender Bedeutung: Ein zu großer Anteil an Störstoffen wie etwa Blumenerde oder Verpackungsmaterialien, die nicht für die Vergärung geeignet sind, vermindere die Brauchbarkeit der organischen Substanz.
Fleißige „Viechal“
Zuerst werden die Speisereste klein gehäckselt und hernach zwecks Hygienisierung auf 60 bis 70 Grad erwärmt und zur Separation befördert. Nach dem Aussondern der Störstoffe beginnt im Hauptfermenter, der 750 Kubikmeter fasst, der eigentliche Gärprozess. Unter Ausschluss von Sauerstoff bauen Mikroorganismen die Speisereste ab und erzeugen so Methangas. Mauracher: „Man kann sich diesen Prozess wie in einem Kuhmagen vorstellen, nur dass wir unsere ‚Viechal‘ selbst füttern und beobachten. Bei guter Fütterung verdoppeln sich die Organismen alle 20 Minuten.“ Doch nicht nur die Mikroorganismen arbeiten rund um die Uhr, auch den Mixern, die den Fermenterinhalt beständig durchmischen, kommt eine verantwortungsvolle Aufgabe zu. „Die Anlage ist sieben Tage die Woche in Betrieb. Bei Ausfällen ist es daher wichtig, dass sofort ein Techniker zur Stelle ist“, betont der Betriebleiter.
Verwertung mit Potenzial
Das gewonnene Methangas wird einem Blockheizkraftwerk zugeführt. Dort verbrennt ein Motor das Biogas und treibt einen Generator an, der Strom zur Einspeisung ins Netz erzeugt. Für die Anlage im Kaiserwinkl bedeutet das 1,7 Millionen kWh im Jahr. Damit werden etwa 500 Haushalte in der Region mit Strom und zudem rund 60 Haushalte mit Abwärme versorgt. Auch bestehe für die Zukunft noch Ausbaupotenzial „um das Doppelte“, so Mauracher. „Das Material wäre da. Aber es wird zu viel an Kläranlagen geliefert. Die Menge an Klärschlamm wird somit unnötig erhöht und muss dann mit starkem Energieaufwand getrocknet und anschließend verbrannt werden.“
Hinzu komme, dass besonders im Bereich von Großstädten Speisereste durch Störstoffe verunreinigt werden. Der Fachmann: „Man muss bei den Menschen die Bewusstseinsbildung für richtiges Recycling vorantreiben. Allein in Tirol gäbe es noch Potenzial für vier große Biogasanlagen.“ Übrig bleibt vergorenes Biosubstrat, das erneut auf 60 bis 70 Grad erhitzt wird. Hochwertige zertifizierte „PowerGülle“, die von Bauern aus der Region genutzt werden kann, ist das Ergebnis. Ein regional geschlossener Kreislauf mit optimaler Verwertung. Bei der Methan-Erzeugung entsteht auch ein beträchtlicher Teil an Abwärme, die im Kaiserwinkl zu beinahe 70 Prozent zur Trocknung von Hackschnitzeln und Holzscheiten genutzt wird, und das binnen drei Wochen. Die Hackschnitzel wiederum werden von Hotels in der Region und im Heizwerk in Kössen eingesetzt.
„Wir wollen mit unserer Biogasanlage auch einmal grünen Wasserstoff produzieren können.“
Unabhängigkeit gewinnen
Fazit: CO2-neutrale Stromerzeugung durch Biogasanlagen, unabhängig von Wetter oder Saison, kann in Zukunft einen wertvollen Beitrag zur Gewinnung von nachhaltiger Energie leisten und ist die ideale Ergänzung zu den regenerativen Energiequellen Wind, Sonne und Wasser. „Gerade in den vergangenen Monaten hat sich gezeigt, dass die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern nicht unproblematisch ist“, meint Helmut Mauracher. „Aber durch die Energiekrise, die wir derzeit erleben, ist das auch stärker ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Wir haben es uns schon lange davor zur Aufgabe gemacht, bestehende Möglichkeiten zu nutzen und auf dem neuesten Stand der Technologie zu sein.“
Und man ist im Kaiserwinkl noch lange nicht am Ziel. Mauracher: „Wir wollen mit unserer Biogasanlage auch einmal grünen Wasserstoff produzieren können.“
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- Biogasanlage Hackschnitzel: Judith Sappl / ProHektar
- Biogasanlage Kaiserwinkl: Judith Sappl / ProHektar