Der Bauer als Symphoniker

Wo bis vor Kurzem noch Rinder gemästet wurden, gibt es nun eine Konzerbühne. Diese bemerkenswerte Wandlung geschieht derzeit am Bauernhof von Leopold Wittner in Gramatneusiedl (NÖ). Am 5. August öffnet der neu gestaltete Wittnerhof mit eine

Ensemble Wittner - Papa Leopold musiziert mit seinen Töchtern Anna, Marina und Karoline (v. l.) auf symphonischem Niveau. Einen der bereits selten gewordenen gemeinsamen Auftritte gibt es heuer am 10. August im Rahmen der Sommerkonzerte in Schwaz/Tirol. Das Programm steht unter dem Motto
Ensemble Wittner – Papa Leopold musiziert mit seinen Töchtern Anna, Marina und Karoline (v. l.) auf symphonischem Niveau. Einen der bereits selten gewordenen gemeinsamen Auftritte gibt es heuer am 10. August im Rahmen der Sommerkonzerte in Schwaz/Tirol. Das Programm steht unter dem Motto “Mozart und das Bassetthorn”. ©Wittner
Schuberts “Erlkönig”, dargeboten bei einem stimmungsvollen Konzertabend am Bauernhof – diese erstaunliche Kombination gab es bereits bei Leo Wittner (57) in Gramatneusiedl (NÖ) zu erleben. Denn der LFS-Obersiebenbrunn-Absolvent und Landwirtschaftsmeister “dirigiert” neben Hackgerät, Pflanzenschutzspritze und Düngerstreuer auch ein gestandenes symphonisches Orchester mit 50 Musikern.

Musikalisches Naturtalent

“Bei der Arbeit am Feld kommen mir oft gute Ideen für musikalische Programme”, so Leo Wittner. ©BZ/Maad
Bei der unter dem Namen “Camerata Carnuntum” aktiven Formation handelt es sich um eine Orchesterneugründung, bei der die Begeisterung für die Musik und das uneigennützige Engagement für die Sache die allgemein im Kulturbetrieb herrschenden Sparzwänge überwinden. Mit der professionellen Darbietung von Werken wie Haydns “Die Schöpfung”, Vivaldis “Vier Jahreszeiten” oder Mozarts “Requiem” erarbeitete sich Camerata Carnuntum zunehmende überregionale Bekanntheit und Wertschätzung. Dass Leo Wittner als musikalischer Leiter neben Obfrau Maria Patera-Miller eine treibende Kraft des Projekts ist, versteht sich. Wittners musikalisches Talent kam zum Vorschein, als er im Alter von etwa zehn Jahren im damals neu gegründeten Musikverein Gramatneusiedl mitspielen wollte. Leo kam zu den Klarinettisten, weil die Instrumente einfach der Reihe nach so ausgegeben wurden, wie sich die Kinder eben angestellt hatten. Im Nachhinein gesehen war dies für Leo Wittner “ein guter Griff”. Gefördert durch seinen Klarinettenlehrer Friedrich Wimmer, der selbst ein Meister dieses Instruments war, wuchs Wittner zu einem Instrumentalisten heran, der in Wettbewerben und als erster Klarinettist des NÖ Landesblasorchesters zu einer künstlerischen Reife fand, die ihn zu Solopartien, wie etwa in Mozarts Klarinettenkonzert, befähigte. Neben internationalen Soloauftritten mit dem Mödlinger Symphonischen Orchester und der Arbeit auf seinem 70 Hektar-Ackerbaubetrieb samt Rindermast gab Leo Wittner sein Können an der Klarinette auch selbst als Lehrer weiter. Er betreute bis zu 25 Schüler aus Musikvereinen im Bezirk Wien Umgebung und widmete dieser Tätigkeit bis zu drei Nachmittage pro Woche. Leo Wittners Begeisterung für die Musik teilt auch seine Ehefrau Maria. So wundert es nicht, dass die drei Töchter des Paares, Marina, Karoline und Anna, ebenfalls Klarinette und auch noch weitere Instrumente erlernten. Etwa ab dem Jahr 1998 startete die Familie als “Ensemble Wittner” mit Hausmusikkonzerten. Damals war gerade eine Hausrenovierung abgeschlossen, und im Obergeschoss des Wittner’schen Anwesens blieb ein “Wintergarten” für bis zu etwa 100 Zuhörer verfügbar. Mittels persönlicher Einladung und über Mundpropaganda bildete sich bald eine “Fangemeinde”, die die jährlich etwa fünf Konzerte gut ausgelastet hat. Musikalität und familiäre Atmosphäre trugen zu einer Stimmung bei, die auch Starinterpreten anlockte und begeisterte, wie den erst kürzlich verstorbenen Kammersänger Alfred Šramek (“Der Mistelbacher Bassbariton mit der Traktorsammlung”), Kammersänger Helmut Wildhaber, Tenor, oder auch Jazz-Legende Hans Salomon. Salomon steht noch für eine weitere Leidenschaft Wittners abseits von Volksmusik und Klassik – nämlich der Klezmer-Musik, die Wittner im Ensemble “Klezissimo” praktiziert.

Konzertcafé statt Maststall

In der Don-Bosco-Kapelle in Unterwaltersdorf gab die Camerata Carnuntum unter Leo Wittner im Frühjahr 2014 ihr Gründungskonzert mit Joseph Haydns
In der Don-Bosco-Kapelle in Unterwaltersdorf gab die Camerata Carnuntum unter Leo Wittner im Frühjahr 2014 ihr Gründungskonzert mit Joseph Haydns “Die Schöpfung”. ©Wittner
Konzertcafé statt Maststall Dass Leo Wittner es neben all diesen Aktivitäten auch noch zu einer veritablen Dirigentenlaufbahn brachte, das geht vor allem auf sein Engagement im Mödlinger Symphonischen Orchester zurück. Dessen musikalischer Leiter, Professor Conrad Artmüller, führte Leo Wittner in die Künste des Werkstudiums und der Interpretation ein. Die Früchte dieses Talents erntet Leo Wittner nun mit der Camerata Carnuntum. Seit etwa zwei Jahren ist das Orchester aktiv und begeistert seither mit Spielfreude und professioneller Darbietung das Publikum. Wer sich davon anstecken lassen will, der hat dazu am Freitag, 5. August 2016, die Gelegenheit. Um 20 Uhr beginnt am Wittnerhof in Gramatneusiedl das “Sommerkonzert unter der Linde” mit dem eingangs erwähnten Programm. Nach über 20 Jahren Rindermast und Rindfleisch-Direktvermarktung wenden sich Leo und Maria Wittner auf ihrem Bauernhof nun noch stärker den musikalischen Aktivitäten zu. Man darf schon gespannt sein, wie sich der Wittnerhof in Zukunft entwickeln wird. Wer selbst nicht auf den Wittnerhof kommen kann, dem bietet sich auf www.youtube.com unter dem Suchwort “Leo Wittner” die Möglichkeit zum Probehören an.

Hans Maad

Bauer und Dirigent: Leo Wittners Konzertkalender

Salonorchester Carnuntum - mit dieser Formation der Camerata Carnuntum brachte Leo Wittner (2. v. l.) zu Jahresbeginn unter dem Titel
Salonorchester Carnuntum – mit dieser Formation der Camerata Carnuntum brachte Leo Wittner (2. v. l.) zu Jahresbeginn unter dem Titel “Neujahrskonzert” zwei Aufführungen mit bunt gemischtem Programm. ©Wittner
Die nächsten Auftritte Leo Wittners im Überblick:
• “Sommerkonzert unter der Linde”, 5. August 2016, 20 Uhr (Franz v. Suppé, N. Rimski-Korsakow, F. Gulda, A. Dvorák). Anmeldung erforderlich unter Tel. 0650/7632546 oder wittnerhof@aon.at
• Serenadenkonzert, Schwaz/Tirol, 10. August 2016, Ensemble Wittner – Mozart und das Bassetthorn.
• Opern-Galakonzert der Camerata Carnuntum, 22. Okt. 2016, 19.00 Uhr, Stadttheater Bruck/Leitha 12. Nov. 2016, 17.00 Uhr, Kulturzentrum Eisenstadt (Mozart, Verdi, Rossini, Wagner).
• “KlezMORE”-Festival: Konzert von “Klezissimo”, 8. Nov. 2016, Ehrbar-Saal, Mühlgasse 30, 1040 Wien
www.wittnerhof.at
www.cameratacarnuntum.at

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