ZAG-Obmann Karlhuber: Bodeneier im Überfluss

Derzeit gibt es in Österreich jeden Monat zehn Millionen Eier zuviel. Betroffen ist vor allem die Bodenhaltung. Die überschüssigen Eier müssen industriell verwertet werden.

Ostern naht, dennoch geht der Eiermarkt über. Derzeit gibt es in Österreich jeden Monat zehn Millionen Eier zuviel. Dazu ein Gespräch mit Franz Karlhuber, Obmann der Geflügelhalter.

Quelle: Max Habich
Ök.-Rat Franz Karlhuber (62) aus Wartberg an der Krems (OÖ) ist Obmann der Zentralen Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Geflügelwirtschaft (ZAG). Auf seinem Hof mit etwa 10.500 Hennen in Bodenhaltung hat großteils bereits Sohn Peter die Verantwortung übernommen. Vermarktet werden die Eier etwa je zur Hälfte direkt ab Hof und über die EZG Frischei.

BauernZeitung: Warum gerade jetzt diese Misere?
Karlhuber: Die Situation ist vor allem in der Bodenhaltung extrem schwierig. Uns fehlen einfach die Touristen und Urlauber und somit der Absatz in Gastronomie und Hotellerie.

Wie hoch sind die Überschüsse am Eiermarkt?
Wir haben derzeit monatlich rund zehn Millionen Eier zu viel, wohlgemerkt aus der Bodenhaltung. Deutlich besser ist die Situation bei Freiland- und vor allem bei Bioeiern. Hier gibt es sogar leichte Absatzsteigerungen. Wir spüren also den Rückhalt der Konsumenten, die auf Qualität und Herkunft aus Österreich achten. Auch der Lebensmittelhandel bekennt sich beim Frischei zu heimischer Ware. Schmerzlich ist der Überschuss bei den Eiern aus Bodenhaltung deswegen, weil wir auch in diesem Bereich enorme Anstrengungen in puncto Tierwohl unternommen haben. Mit sieben bis neun Hennen pro Quadratmeter haben wir in der EU wie auch weltweit die höchsten Standards bei der Besatzdichte, die Fütterung ist frei von gentechnischen Veränderungen, die Tiergesundheit ist transparent und optimal überwacht.

Kann Ostern den Markt entlasten?
Leider nein. Auch beim Farbeierabsatz kommt es darauf an, wie weit die Corona-Lockdowns geöffnet werden. Vom Gesamtabsatz macht die Osterware mit etwa 70 Millionen Stück nur etwa drei Prozent aus. Die die Färbereien legen auch weniger Eier auf Lager, weil sie nicht wissen, wie viele sie verkaufen können.

Was geschieht mit den überzähligen Eiern?
Wir müssen die hochwertigen Konsumeier zu Industrieeiern abwerten. Die Eier kommen dann in die Aufschlagwerke der Eiindustrie und werden dort zu Vollei verarbeitet, eine wichtige Zutat für viele verarbeitete Lebensmittel.

Wie groß sind die Preiseinbußen?
Zumindest zehn Prozent. Erschwerend kommt hinzu, dass seit Herbst, besonders aber seit Jahresbeginn, die Futterpreise enorm steigen, in der Größenordnung von etwa 20 Prozent. Darunter leiden zunächst die Bauern, mittlerweile aber auch die Packstellen.

Wie könnte man die Situation entschärfen?
Noch immer werden etwa zehn Prozent der in Österreich konsumierten Eier aus dem EU-Raum importiert. Dabei handelt es sich größtenteils um Eier aus Hennenhaltung im sogenannten „ausgestalteten“ Käfig, defacto also um Käfigeier, mit etwas verminderter Besatzdichte. Diese Haltungsform ist in der EU mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent immer noch dominierend. Wir fordern daher eine Kennzeichnungspflicht für die Zutaten auch in verarbeiteter Ware. Denn in dieser sind oft versteckte Käfigeier enthalten. Im Lebensmittelhandel ist zwar die Kennzeichnung bei Frischeiern vorbildhaft, aber in der Verarbeitungsware, insbesondere bei Eigenmarken, gibt es dringenden Nachholbedarf. Dasselbe gilt für Kantinen, Großküchen und insbesondere für die öffentliche Beschaffung. Es geht nicht an, dass der Gesetzgeber uns Eierproduzenten strenge Haltungsauflagen macht, die öffentlichen Einrichtungen aber ihre Ware beim Billigstbieter beziehen. Die hohen Standards müssen für alle gelten. Um die Großeinkäufer bei EU-konformen Ausschreibungen zu unterstützen, habe wir eine eigene Servicestelle, die SNEG, eingerichtet.

Was können Ihre Betriebe unmittelbar machen?
Für manche kann das vorzeitige Ausstallen der Herde sinnvoll sein, etwa von Mai/Juni auf Februar/März. Aber gern tut das niemand.

Gibt es dafür Entschädigungen?
Unmittelbare Entschädigungen sind für Ausstallungen nicht vorgesehen. Es wird aber einen Corona-Verlustersatz geben. Diese Hilfsmaßnahme wurde mit 60 Millionen Euro aus Mitteln des Landwirtschaftsministeriums dotiert. Wir sind gerade in Verhandlungen, die Rahmenbedingungen für die Geflügelhalter zu vereinbaren. Die Antragstellung an die AMA ist seit 15. Februar möglich. Geplant ist ein Verlustersatz von 70 Prozent, wenn ein bestimmter Schwellwert überschritten wird. Wir sind sehr dankbar, dass es diese Hilfe geben wird, auch wenn immer noch ein Verlust bestehen bleibt.

Wie ist derzeit die Situation bei Mastgeflügel?
Bei Frischgeflügel verzeichnen wir einen Mehrabsatz von etwa 15 Prozent über den Lebensmittelhandel. Dadurch kommt der Ausfall der Gastronomie nicht so stark zum Tragen. Auch hier sehen wir, dass die Konsumenten auf Qualität und Herkunft aus Österreich setzen. Allerdings bleibt auch hier das Thema Kennzeichnung an der Tagesordnung. Der Selbstversorgungsgrad beim Masthendl ist etwa 80 Prozent, bei der Pute nur 42 Prozent. Wir verlangen, dass Importe gekennzeichnet werden. Die Haltungsbedingungen im Ausland sind wesentlich lockerer als bei uns. Mit unserer „Geflügel-Charta“ streben wir eine Vereinbarung mit dem Lebensmittelhandel an. Für Geflügel mit Herkunft und Qualität aus Österreich soll auf Grundlage des AMA-Gütesiegels Chancengleichheit geschaffen werden. Die Investion in die Putenmast werden mit erhöhter Investförderung gestützt. Aktuell beträgt der Fördersatz für besonders tierfreundliche Ställe 35 Prozent, weitere fünf Prozent können Junglandwirte bekommen.

Zu den Problemen am Eiermarkt kommt jetzt auch die Gefahr der Vogelgrippe hinzu. Was empfehlen Sie den Geflügelhaltern?
In den vergangenen zwei Wochen wurden in Niederösterreich und in der Steiermark AI-positive (Aviäre Influenza, Anm.) Schwäne gefunden. Wir haben uns gemeinsam mit der Qualitätsgeflügelvereinigung und der Landwirtschaftskammer Österreich beim Gesundheitsministerium für strengere Schutzmaßnahmen eingesetzt, die unser Geflügel besser schützen. Es wurden Risikogebiete definiert, in denen die Geflügelhalter Vorsorge treffen, damit es zu keinem Kontakt zwischen unseren Tieren und Wildvögeln kommen kann. Auf die Märkte für Eier und Geflügel hat die Vogelgrippe derzeit noch kaum Auswirkungen. Wir hoffen, dass unsere Tiere gesund bleiben.

Eier und Geflügel aus Österreich auch für Großküchen

 

- Bildquellen -

  • Bgm Karlhuber Web: Max Habich
  • Industrie Ei AdobeStock 67780009 Web: Vladimir Gerasimov - Stock.Adobe.com
- Werbung -
AUTORH.M.
Vorheriger ArtikelCopa-Cocega übt Kritik an Mercosur-Abkommen
Nächster ArtikelEin Jahr nach den Demos vor Spar: Bilanz von Bauernbund und Molkereien