Zuerst Hitze, dann Frost, später Trockenheit und dann noch tagelanger Dauerregen. So lässt sich die bislang extreme Witterung im heurigen Jahr kurz und knapp zusammenfassen. Dieser turbulente Verlauf stellte auch die heimischen Winzer vor große Herausforderungen. „2024 begann äußerst ungewöhnlich mit extrem milden Temperaturen und kaum Schnee im ersten Quartal. Im Februar und März wurden in Oberösterreich die höchsten Temperaturen der gesamten Messgeschichte verzeichnet. Der Austrieb der Rebstöcke erfolgte heuer viel zu früh, bereits Anfang April. Durch die Spätfröste Ende April/Anfang Mai hatten einige Winzer leider einen Totalausfall ihrer Ernte zu beklagen“, so der oberösterreichische Weinbaupräsident Leo Gmeiner. Dieses Schicksal habe sich jedoch erfreulicherweise nur auf einige wenige Rebflächen im Land ob der Enns beschränkt. Der Großteil der oberösterreichischen Winzer sei „mit einem blauen Auge“ davongekommen.
Weinlese heuer früh wie noch nie
Der Mai und Juni waren dann geprägt von reichlichen Niederschlägen und gemäßigten Temperaturen. Dadurch konnten sich die vom Frost gezeichneten Rebstöcke rasch regenerieren. Der Zeitraum von Anfang Juli bis Mitte September sei für die heimischen Winzer ebenfalls entsprechend ihrer Wunschvorstellungen verlaufen: „Die Böden waren vom Frühjahr ausreichend mit Wasser versorgt, die Hitze und Trockenheit des Sommers ließ die Trauben perfekt heranreifen. Die frühreifen Sorten und die Trauben für leichte Weinqualitäten wurden planmäßig und ohne Probleme ab Anfang September zügig gelesen“, so Gmeiner.
Viele Winzer konnten Mitte September die wenigen schönen Tage vor dem angekündigten mehrtägigen Dauerregen noch nutzen, um ihre Ernte trocken in die Keller zu bekommen. „Wir haben die Lese noch vor dem großen Regen abgeschlossen, mit sehr hoher Gradation und Qualität, jedoch mit geringeren Mengen“, so Weinbauer Armin Kienesberger aus Schlüßlberg. Auch Winzer Bernhard Aichinger konnte den Großteil seiner Trauben noch vor den großen Niederschlägen ernten: „Weißwein zu 100 Prozent, Rotwein zu circa 70 Prozent. Die Traubenqualität war hervorragend: absolut gesundes und sehr reifes Material mit hohen Zuckergehalten und guter reifer Säure.“ Insgesamt konnten 80 Prozent der oberösterreichischen Trauben vor Beginn des Dauerregens geerntet werden.
Aber auch jene Winzer, die erst nach der Schlechtwetterperiode die letzten Trauben lesen konnten, haben laut Gmeiner „unerwartet hohe Qualitäten mit sehr guter Fruch-
tigkeit und ausgewogenem Säuregerüst“ gemeldet. Wie zum Beispiel Florian Schmuc-kenschlager aus Enns: „Auf unserem Betrieb hatten wir vor den Niederschlägen noch nicht einmal 20 Prozent geerntet und ich hatte Bedenken aufgrund der hohen Niederschlagsmengen. Allerdings stellt sich nun heraus, dass der kühle Einfluss und auch das Wasser ein wahrer Segen für die Qualität waren. Die Trauben sind deutlich fruchtiger und harmonischer als zuvor.“
Es hat sich wieder einmal gezeigt: Wenn man das ganze Jahr die notwendigen Arbeiten im
Weingarten erledigt und dann noch Glück mit dem Wetter hat, steht einem außerordentlichen Jahrgang nichts im Wege. Leo Gmeiner
Die Bilanz fällt trotz aller Herausforderungen zufriedenstellend aus: „Aktuell gibt es quer durch die oberösterreichische Weinszene große Zufriedenheit mit den Qualitäten der heurigen Trauben-Ernte, die auf einen hervorragenden Jahrgang deuten. Lediglich mengenmäßig wird das Weinjahr 2024 in Oberösterreich mit knapp einem Drittel weniger als im Durchschnitt leider eher bescheiden ausfallen“, erklärte Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger. So erwartet man anstatt der durchschnittlichen Jahresproduktion von circa 500.000 bis 600.000 Flaschen lediglich 350.000 bis 400.000 Flaschen Wein.
„Ausgezeichnete“ Weine
„Man lebt mit der Natur. Das ist nervenaufreibend, aber man bekommt auch sehr viel zurück“, so Winzerin Irene Wurm vom Gustergut in St. Florian. Auf dem Betrieb, den sie gemeinsam mit ihrer Schwester Barbara Wallisch bewirtschaftet, wird seit
13 Jahren Weinbau betrieben. Anfangs als Hobby mit 2000 Quadratmetern begonnen, wurde die Rebfläche über die Jahre auf insgesamt 2,5 Hektar erweitert. In Zukunft soll am Betrieb auch Sekt erzeugt werden: „In drei Jahren, wenn unsere Neuanlage mit den Burgundersorten in Ertrag kommt, wollen wir selber mit der Versektung im alten Gewölbekeller beginnen“, so die Winzerin, die überzeugt davon ist, dass die Lage perfekt dafür geeignet ist, um gute Qualitäten zu produzieren.
Dass die oberösterreichischen Winzer trotz ihrer kleinen Strukturen mit Top-Qualitäten punkten können, belegen mittlerweile zahlreiche, im wahrsten Sinne des Wortes, „ausgezeichnete“ Weine. Mittlerweile finden sich Weine aus Oberösterreich regelmäßig im Salon Österreichischer Wein, der inoffiziellen Staatsmeisterschaft der heimischen Winzer. Aber auch auf dem internationalen Wein-Parkett zeigen Weine aus dem Land ob der Enns, dass sie ganz vorne mitmischen können. „Wenn jemand vor 20 Jahren behauptet hätte, dass Wein aus Oberösterreich einmal in der Oberliga mitspielen wird, wäre er vermutlich ausgelacht worden. Heute beweisen wir, dass unsere Winzer ganz großartige Weine produzieren“, freut sich Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger.
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