Kommentar von Hans Maad,
Redaktion Wien.
Niemals zuvor war Getreide in Europa teurer als jetzt. Anfang dieser Woche hat der Weizenkontrakt an der europäischen Warenbörse Euronext („Matif-Notierung“) die Marke von 300 Euro je Tonne hinter sich gelassen, und zwar für sämtliche Termine bis einschließlich Mai 2022. Analysten halten weitere Kurssteigerungen bis auf 320 Euro für realistisch, mit der Einschränkung: „Wer weiß, was noch kommt“.
Die Frage, wie Landwirte von dieser Preissteigerung profitieren können, lautet so einfach wie klar: „Wohl dem, der jetzt noch Ware hat“. Noch schwieriger ist die Lage der Veredler. Sie müssen die höheren Futterkosten sowie weitere, gestiegene Produktionskosten erst über Preisverbesserungen bei Fleisch, Eiern und Milch hereinbekommen.
Bedenkenswert an dem außerdordentlichen Preisauftrieb ist, dass er tatsächlich auf einer Verknappung beruhen dürfte. Laut Rückfrage bei Maklern haben Investoren mit „Anlagemotiven“ wie Investementfonds seit August ihre Positionen im Weizen tendenziell abgebaut. Der Preisauftrieb beruht eher auf Fakten, wie rückläufige Ackerfläche und höheres Wetterrisiko bei einer kaum mehr steigerbaren Produktivität.
Diese Entwicklung hat beim Grundnahrungsmittel Weizen auch eine unabsehbare politische Sprengkraft. Historische Beispiele dafür gibt es. Die Weizenpreisentwicklung sollte uns verdeutlichen, dass ein Überfluss an Nahrungsmitteln keine Selbstverständlichkeit ist – schon gar nicht zu Preisen, wie man sie in Europa bis vor Kurzem gewohnt war. Es ist höchst an der Zeit, wieder mehr auf „Unser täglich Brot“ zu achten.