Eine steigende Anzahl an Hitzetagen und konstant rückläufige Niederschlagsmengen zeigen, der Klimawandel ist bittere Realität. Besonders deutlich erfährt das Österreichs trockener Osten. So erreichte der Neusiedler See zuletzt den niedrigsten Wasserstand seit 60 Jahren und der benachbarte Zicksee trocknete fast vollständig aus. Für Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) war schnell ein Schuldiger gefunden, die Landwirte des Seewinkels, welche einzelne Kulturen bewässern. Er sehe nicht ein, dass dort, wo der Grundwasserspiegel sinke, 5.000 Brunnen bewilligt seien und bei sengender Mittagshitze bewässert werde, als gebe es kein Morgen, so der Landeshauptmann Ende des vergangenen Monats. Eine „klimafitte“ Bewirtschaftung sei von Nöten, forderte Doskozil die Landwirte zum Handeln auf. Bleibt die Frage, welchen Einfluss hat die Landwirtschaft tatsächlich auf den österreichischen Wasserhaushalt?

Über Reserven und Bedarf
Um den Ist-Stand und Zukunftsprognosen zur Wasserverfügbarkeit hierzulande zu erheben, hat das Landwirtschaftsministerium (BML) gemeinsam mit dem Umweltbundesamt (UBA) im Vorjahr die sogenannte „Wasserschatz- Studie“ präsentiert. Darin werden Österreich Grundwasserressourcen von 5,1 Mrd. m³ attestiert, welche aus einem durchschnittlichen Jahresniederschlag von 1.190 mm (langjähriger Schnitt über gesamtes Bundesgebiet) gespeist werden. Dem gegenüber steht ein Wasserbedarf von 3,1 Mrd. m³, welcher zu 40 % aus Grundwasser gedeckt wird. Verbraucht wird das Wasser zu 24 % als Trink- und Nutzwasser in den Haushalten, zu 4 % in der Landwirtschaft und immerhin 2 % gehen in spezielle Dienstleistungen wie Beschneiung und Golfplatzbewässerung. Unangefochtener Spitzenreiter im Verbrauch bleiben jedoch Industrie und Gewerbe, welche gemeinsam 70 % oder rund 2.2 Mio. m³ überwiegend zu Kühlzwecken benötigen. Ein Gutteil kann dabei aus Oberflächenwasser gedeckt werden, rund 330 Mio. m³ werden trotzdem jährlich aus Brunnen entnommen.

WasserbedarfQuelle: BML

Für die Trinkwasserversorgung der Privathaushalte werden jährlich 753 Mio. m³ gebraucht – Tendenz steigend. Herr und Frau Österreicher benötigen dabei täglich 126 Liter (Trink-) Wasser, zum größten Teil als Nutzwasser im Haushalt.

Der landwirtschaftliche Wasserbedarf setzt sich im Wesentlichen aus einem kleineren Anteil für die Viehwirtschaft und jenem für die Bewässerung zusammen. Aktuell werden durchschnittlich 69 Mio. m³ Wasser für die Bewässerung aufgewendet – 64 Mio. m³ davon aus dem Grundwasser. Gut 90 % der Flächen, die mit bestehender Infrastruktur bewässert werden können, liegen in Ostösterreich. Von einer Übernutzung kann derzeit jedoch keine Rede sein. Auf Nachfrage fasst Generalsekretär und Sektionschef für Wasserwirtschaft im BML, Günter Liebel, die Situation laut Wasserrechtsgesetz wie folgt zusammen: „Landwirtinnen und Landwirte benötigen für Wasserentnahmen zur Bewässerung eine Bewilligung, in der die Menge bestimmt wird, die entnommen werden darf. In der Bewilligung kann auch der Zeitpunkt festgelegt werden, wann Wasser für die Bewässerung entnommen wird, um unterschiedliche Nutzungen und ökologische Anforderungen abzustimmen.“ Zusätzlich hätten die Behörden im Zweifel die Möglichkeit einzuschreiten: „Wenn sich regional herausstellt, dass ein Risiko besteht, dass die Wasserressourcen übernutzt werden, so sind die Bewilligungen durch die zuständigen Behörden anzupassen.“

Brennpunkt Seewinkel
Tatsächlich zählt der dürregeplagte Seewinkel zu den bewässerungsintensiven Regionen Österreichs, laut Angaben des BML beträgt die Nutzungsintensität der Brunnen insgesamt 78 %. Von den 32.000 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche werden laut Angaben der Landwirtschaftskammer Burgenland rund 25 % bewässert. In erster Linie kommen Feldgemüse, Saat- und Zuckermais sowie -Vermehrungen, Kartoffeln, Zuckerrüben und Soja unter die Beregnung. LK.-Vizepräsident Werner Falb-Meixner betont jedoch: „Der See und die Landschaft sind unterschiedliche Grundwasserkörper, auch wenn nichts beregnet wird, hilft das dem Wasserstand im Neusiedler See keinen Millimeter.“

 

ZickseeQuelle: Webcam Gemeinde St. Andrä am Zicksee
Der Zicksee ist, wie der Neusiedlersee vollständig von Niederschlägen als Zufluss abhängig.

Davon ist auch Martin Pölzer, selbst Landwirt in St. Andrä am Zicksee, überzeugt: „Unsere Bewässerung ist im Verhältnis ein saisonaler Tropfen auf den heißen Stein.“ Der Bio-Acker- und Gemüsebauer wünscht sich, statt Anfeindungen gegen die Bauern, konstruktive Ansätze, um das vorhandene Wasser in der Region zu halten: „Das Auffangen der Dachflächenwässer, die Aufbereitung des Abwassers aus Kläranlagen, der Rückbau der Entwässerung der Region – all das wären Ansätze die Wasserversorgung abzusichern. Um den Ist- Zustand zu erhalten, macht die Zuleitung aus der ungarischen Moson-Donau Sinn.“

Auch Sektionschef Liebel sieht ganzheitliche Ansätze als geeignete Methode die Wasserversorgung potenziell gefährdeter Regionen abzusichern: „Für die betreffenden Regionen sollten bestehende Wassernutzungskonzepte unter Einbeziehung aller Wassernutzer, also Trinkwasserversorgung, Landwirtschaft, Industrie und Tourismus geprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden.“ In agrarisch geprägten Gegenden seien natürlich besonders die Landwirte angehalten ihren Wasserverbrauch eingehend zu prüfen. „Die Höhe des Wasserbedarfs von landwirtschaftlichen Kulturen, der Einsatz sparsamer Bewässerungstechnik und verschiedene Möglichkeiten der Wasserbereitstellung, insbesondere durch Zwischenspeicherung“ führt Liebel hier an.

Pölzer, der selbst am Betrieb Versuche mit Tröpfchenbewässerung im Freiland und wassersparenden Kulturen wie Lavendel unternimmt, sieht das bereits umgesetzt: „Wir Landwirte sind gut ausgebildet und bewässern nicht zum Spaß. Wo es geht versuchen wir natürlich Wasser einzusparen. Aus ökonomischen und ökologischen Gründen.“ Eine vollständige Umstellung auf trockenheitsresistente Kulturen wäre für die Region jedoch nicht tragbar. „Schon allein um die Versorgungssicherheit mit regionalen Lebensmitteln zu gewährleisten“ wie der Bio-Bauer nicht müde wird zu betonen. Laut Angaben der LK Burgenland erzeugt der Bezirk 3 % der österreichischen Nahrungsmittel.

Was die Zukunft bringt
Für Österreich insgesamt prognostiziert die „Wasserschatz-Studie“ auch im Jahr 2050 noch ausreichend verfügbares Wasser für die verschiedenen Nutzungen. Wasserexperte Liebel mahnt jedoch trotzdem zur Vorsicht: „Durch die Auswirkungen des Klimawandels wird der Grundwasser-Bedarf erwartungsgemäß zunehmen.“ Der Grundwasserspeicher würde sich in den kommenden 30 Jahren um 23 % auf 3,9 Mrd. m³ verringern. In allen Berechnungen ist der größte Einflussfaktor für den steigenden Bedarf weder Landwirtschaft noch Industrie, sondern das Bevölkerungswachstum. Dadurch könnte der Wasserverbrauch um bis zu 10 % ansteigen. Kompensieren ließe sich das nur durch eine Effizienzsteigerung in allen Bereichen, so die Autoren der umfangreichen Studie.

- Bildquellen -

  • Wasserbedarf: BML
  • Zicksee: Webcam Gemeinde St. Andrä am Zicksee
  • Bewässerung: Wirestock - stock.adobe.com
- Werbung -
AUTORClemens Wieltsch
Vorheriger ArtikelWir kehren ein Stück zur Realität zurück
Nächster ArtikelBlau-Gelbes Schulstartgeld ab sofort beantragen