Sortenratgeber: Sojabohne bleibt auf Wachstumskurs

Sojabohne muss ihre Keimblätter, die vormaligen Samenhälften, über der Erdoberfläche entfalten. Das Korn soll auf dem Feuchtigkeitshorizont liegen, tief genug bei Blindstriegeln aber nicht zu tief im Hinblick auf einen möglichst lückenlosen Aufgang: je nach Bodenschwere in 2-3 cm Tiefe, auf leichteren Böden max. bis 5 cm.

Sojabohne ist eine Kultur mit vielen Vorteilen! Im Vorjahr stieg die Anbaufläche auf in Summe fast 77.000 ha. Mit durchschnittlich 30,6 dt/ha war das Ertragsniveau eines der höchsten der vergangenen zehn Jahre. Für den Anbau 2022 ist mit einer weiteren Ausdehnung zu rechnen – aus folgenden Gründen:
• Der Anbau von Sojabohne trägt wesentlich zur Deckung des Inlandsbedarfs an pflanzlichem Eiweiß aus gentechnikfreier, heimischer Produktion bei.
• Sojabohne benötigt keinen Stickstoffdünger und bietet bei den aktuell sehr hohen Düngerpreisen eine elegante Lösung, die Kosten moderat zu halten.
• Der Pflanzenschutzmitteleinsatz beschränkt sich auf Herbizide, wenngleich hier sortenspezifische Unverträglichkeiten zu beachten sind.
• Ein weiterer Vorteil der Sojabohne ist ihre gute Eignung für den Bio-Anbau (siehe Printausgabe, BauernZeitung KW06-2022).

89 registrierte Sorten in Österreich

Dazu kommt die in Österreich auch im europäischen Vergleich sehr reichhaltige Sortenpalette – 89 registrierte Sojabohnensorten aus den Reifegruppen 0000, 000, 00, 0 und I stehen zur Auswahl. Nach Einschätzung der passenden Reifezeit (Reifegruppe) sind Sortenunterschiede in der Jugendentwicklung, Wuchshöhe, Standfestigkeit und bei den Krankheitseigenschaften eine geringe Sclerotinia-Anfälligkeit relevant – vor allem in erfahrungsgemäß regenreicheren Anbaulagen. Für die Verwertung als Speisesoja vorteilhaft sind: heller Nabel, hoher Proteingehalt, zumindest mittelgroßes Korn, eine geringe Neigung zu Lagerung und Samenflecken. Weitere Informationen gibt es online im „Ages-Sortenfinder“.
Die richtige Sorte und eine einwandfreie Saatgutqualität sind wichtige Voraussetzung für den Anbauerfolg. Saatgutmängel treten bei ungünstiger Aufgangswitterung (z. B. ein kühler Mai) schonungslos in Form von lückigen Beständen mit Verunkrautungsneigung zu Tage. Mit einer notwendig (!) erfolgreichen Beimpfung mit Knöllchenbakterien, einem guten Bodenzustand und ausreichenden Bodentemperaturen zur Aussaat stellt Sojabohne doch eine Reihe von Anforderungen an den Praktiker.

Sortenentwicklung

Die Reifeunterschiede in einer Reifegruppe betragen etwa sieben bis zehn Tage und sind beim Leistungsvergleich zu berücksichtigen. In der Österreichischen Beschreibenden Sortenliste wird daher eine Reifeeinstufung auch noch innerhalb der Reifegruppen ausgewiesen.
Nachstehend werden die Neuregistrierungen aus 2021 sowie aktuell bereits im Anbau befindliche Sorten getrennt nach Reifegruppen in ihren Wertmerkmalen beschrieben.
Alle Neuzulassungen zeigen violette Blüten und bis auf die gelbnabelige Ancagua, Artoga und Paprika eine dunkle Nabelfarbe. An den Versuchsorten der 000-Sorten trat die Sclerotinia-Krankheit in den vergangenen beiden Jahren nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß auf, wodurch eine Sortenbeurteilung in diesem Merkmal für die Neuzulassungen noch nicht möglich war.

Neuzulassungen in der Reifegruppe 000

Paprika mit rascher Jugendentwicklung reift recht früh ab (Reife-Note 2), vergleichbar mit Abaca oder Stepa. Die eher kurzwüchsige und gut standfeste Paprika übertrifft die frühen Sorten ertraglich im Alpenvorland und in Südostösterreich. Bei dem sehr hohen Ölgehalt (+1,4 abs%) zeigte Paprika auch deutliche Vorteile im Ölertrag und dementsprechend niedrige Proteingehalte. Die Proteinerträge liegen im mittleren Bereich.
Die raschwüchsige neue Sorte Ancagua entspricht in der Abreife einer späten 000-Sorte. Ancagua ist langwüchsig und mittelgut standfest, Krankheiten beeinträchtigen sie wenig. Im Korn- und Proteinertrag zeigte Ancagua in beiden 000-Anbaulagen deutliche Mehrleistungen. Ihre Protein- und Ölgehalte sind mittel ausgeprägt.
Ascada mit dunkelbraunem Nabel ist eine rasch­wüchsige, späte 000-Sorte. Die mittelhohe Ascada zeigt gewisse Schwächen in der Standfestigkeit (Note 6). Die Krankheitstoleranzen sind ausgewogen. Ascada überzeugte mit deutlich überdurchschnittlichen Ertragsleistungen, der hohe Ölgehalt (+1,2 abs%) bewirkt auch hohe Mehrleistungen im Ölertrag. Die Proteingehalt ist niedrig, die Proteinerträge liegen über dem Standardniveau.

Bereits mehrjährig gelistete 000-Sorten

Unter den aktuellen, bereits früher gelisteten 000-Sorten kombiniert Abaca rasches Jugendwachstum, geringe Sclerotinia-Anfälligkeit und hohe Ertragsleistungen trotz der frühen Reife (Note 2). GL Melanie, Obelix oder Stepa mit vergleichbarer Abreife sind raschwüchsig, kompakt im Wuchs und standfest.
Aurelina (Reife-Note 3) ist mittelgut standfest mit hohem Proteingehalt bei gutem Ertragsniveau und überdurchschnittlichen Proteinerträgen.
Ein breites Sortenangebot ist im späten 000-Reifebereich (Note 4) gegeben. Acardia, Achillea, Adelfia, Alicia, Amiata oder Apollina mit raschem Jugendwachstum erreichen in beiden Anbaugebieten Mehr­erträge. Acardia mit mittlerer Standfestigkeit und geringer Sclerotinia-Anfälligkeit besitzt einen hohen Ölgehalt. Adelfia und Achillea, kurzwüchsig und standfest, weisen auch entsprechend gute Proteinerträge auf. Dazu kommt eine gute bzw. mittelgute Sclerotinia-Toleranz. Sahara und RGT Salsa sind beide sehr raschwüchsig und bei mittlerer Wuchshöhe mittelgut bzw. mittel standfest. Sahara erreicht im Alpenvorland und in den südlichen Anbaulagen Mehrleistungen im Korn- und Proteinertrag.
Je nach Verwertungsrichtung kommt dem Proteingehalt eine besondere Bedeutung zu: Registrierungen der letzten Jahre mit einem höheren Proteingehalt in der 000-Reifegruppe sind z. B. Aurelina, Stepa oder besonders Proplus PZO oder Tofina. Höhere Proteingehalte vor allem in Kombination mit guter Kornausbildung, hellem Nabel geringer Neigung zu Samenflecken und guter Standfestigkeit (weniger Erdanteile) sind für die Verarbeitung zu Speisesojaprodukten günstig. Tofina eignet sich gut für die Tofubereitung.

Neuzulassungen auch in der Reifegruppe 00

00-Sorten werden in ihrem Abreifeverhalten seit dem Jahr 2021 mit den Noten 5 und 6 beschrieben, zuvor auch mit der Note 7. Die Note 7 wird nunmehr in der mittlerweile umfangreicheren 0-Gruppe zur Reifedifferenzierung verwendet (früher nur Note 8). Entsprechend der weiteren Verbreitung in der Praxis liegen für die 00-Sortengruppe Versuchsergebnisse aus dem pannonischen Trockengebiet, dem nieder- und oberösterreichischen Alpenvorland und aus Südostösterreich inkl. Kärnten vor.
Unter den Neuzulassungen verfügt Annabella über ein rasches Jugendwachstum und reift als frühe 00-Sorte ab. Sie ist langwüchsig bei mittelguter Standfestigkeit und mittelguter Widerstandsfähigkeit gegenüber den angeführten Krankheiten. In der Reifegruppe 00 liegt Annabella in allen Ertragsmerkmalen ertraglich voran, auch vor später reifenden Sorten wie Altona, Alvesta, Angelica, Amonia, Atacama, Kitty oder Sonali und das in allen drei ausgewiesenen 00-Anbaulagen. Der Proteingehalt und der Ölgehalt sind mittel ausgeprägt.
Supernova ist eine weitere, neu zugelassene frühe 00-Sorte mit rascher Jugendentwicklung. Bei mittelhohem Wuchs ist Supernova gut standfest. Nachteilig ist die mittelstarke Anfälligkeit für Sclerotinia. Ihr Proteingehalt (+2,5 abs%) ist sehr hoch bis hoch. Hoher Proteingehalt geht in der Regel mit mittleren bis unterdurchschnittlichen Kornerträgen einher.
Delphi PZO reift mittelspät ab bei rascher Jugendentwicklung und sehr hohem Wuchs (Note 9). Lagerneigung und Sclerotinia-Anfälligkeit sind mittel ausgeprägt, bei ansonsten guten Krankheitstoleranzen. Delphi PZO brachte relevante Mehrerträge im Trockengebiet aber noch deutlicher im Alpenvorland, und bei den mittleren Ölgehalten auch bei den Ölerträgen.
Artoga verfügt über ein rasches Jugendwachstum bei mittelspäter Reife. Die langwüchsige Sorte ist gut standfest bei guten bzw. mittelguten Krankheitstoleranzen. Artoga entsprach in allen Anbaulagen mit überdurchschnittlichen im Korn- und Proteinerträgen. Protein- und Ölgehalt liegen im mittleren Bereich.

Aktuelle 00-Sorten für den Anbau

Unter den frühen 00-Sorten weist Jenny den höchsten Proteingehalt (+3,8 abs%) auf, ist zudem rasch­wüchsig, gut standfest, wenig krankheitsanfällig und empfiehlt sich somit für die Speisesojaproduktion. Sehr proteinreiche Züchtungen bleiben im Kornertrag meist unterdurchschnittlich, holen aber durch hohen Proteingehalt im Proteinertrag auf. P005A74 und RGT Satelia (Reife Note 5) mit hellem Nabel zeigen eine mittlere bzw. mittelgute Standfestigkeit. P005A74 liegt mit ihrer guten Kornausbildung ertraglich über den älteren 00-Sorten vergleichbarer Abreife wie ES Mentor, RGT Siroca (beide gut standfest und mit kompaktem Wuchs), SY Livius oder Sigalia (beide mittelgut standfest). ES Mentor, RGT Siroca und SY Livius sind für die Speisesojaproduktion geeignet. RGT Satelia ist sehr raschwüchsig, ihre Ertragsleistungen waren in der 000-Gruppe sehr hoch. In der 00-Reifegruppe gibt es für sie nach der Umstufung noch keine mehrjährigen Ergebnisse. Bettina ist eine frühe 00-Sorte mit hohem Ölgehalt, guten Korn- und Ölerträgen und geringer Sclerotinia-Anfälligkeit.
Bei den späteren 00-Sorten erfüllt die raschwüchsige Lenka als hellnabelige, großkörnige und proteinreiche Züchtung wichtige Anforderungen für die Speisesojaproduktion. Die Neigung zu Lagerung, Sclerotinia-Anfälligkeit und Samenflecken ist mittel bis gering. Atacama, Altona, Alvesta, Amonia und Sonali (weißblühend) entsprechen ertraglich in allen drei 00-Anbaugebieten, Kitty eher im Trockengebiet und im Alpenvorland. Diese hellnabeligen Sorten zeigen bis auf Amonia eine gute bis mittelgute Standfestigkeit und eine ähnlich gute Widerstandskraft gegenüber Sclerotinia. Die sehr langwüchsige und mittel standfeste Orakel PZO erreichte deutliche Mehrerträge im Pannonischen Trockengebiet und im Alpenvorland. Ihre mittelstarke Anfälligkeit für Sclerotinia ist zu beachten. Angelica erbringt ertragliche Mehrleistungen im Alpenvorland bei mittlerer Lagerneigung und Sclerotinia-Anfälligkeit.

Schaubilder und Grafiken zu diesem Beitrag finden Sie in der Printausgabe der BauernZeitung, KW06-2022.

Einen Beitrag über die späten 0-Sorten finden Sie in der Ausgabe KW07-2022 der BauernZeitung. Weitere Sorteninformationen im Internet unter:
www.baes.gv.at/pflanzensorten/oesterreichische-beschreibende-sortenliste/

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  • 2206 01 SOJB IMG 5502: Ages / J.Engel
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AUTORH.M.
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