Schweiz: Bevölkerung lehnte Pestizidverbot mehrheitlich ab

61 Prozent der Eidgenossen sprachen sich am Sonntag gegen ein baldiges Verbot von Pflanzenschutzmitteln aus.

Die Schweizer Landwirte sind erleichtert über das Abstimmungsergebnis. Thomas Gerber, Bauer in Entlebuch/Wiggen hat seinen Dank beim beim Heumachen verewigt.

Direktzahlungen nur noch für Betriebe, die keine Agrarchemie anwenden – so lautete eine der Hauptforderungen der beiden Initativen “Sauberes Trinkwasser” und “Ohne Pestizide”, die in der Schweiz am vergangenen Sonntag, 13. Juni 2021, zur Abstimmung gekommen sind. Das Ergebnis ist überraschend klar ausgefallen: Bei einer relativ hohen Beteiligung sprachen sich die Schweizer zu 61 Prozent gegen ein baldiges Pestizidverbot aus.

Eindeutiges “Nein”, Achtungserfolge nur in Städten

Lediglich in den Städten konnten die Initiativen Achtungserfolge erzielen. Eine Mehrheit für das Verbot von Agrarchemie kam nur in Basel zustande, in Genf wurde sie knapp verfehlt. Die hohe Wahlbeteiligung von bis zu 70 Prozent in ländlichen Kantonen und eindeutige Warnungen der Agrarverbände vor den Folgen führten am Schluss zu einem eindeutigen Nein.
Das war nicht von vornherein klar, und viele Bauern in der Schweiz zitterten am Sonntag bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse beider Abstimmungen. Zwischenzeitlich sagten Umfragen eine Mehrheit für ein allgemeines Pestizidverbot voraus. Doch je mehr sich der Tag der Abstimmung näherte, desto stärker schwand die Zustimmung. Der Schweizer Bauernverband (SBV) hatte argumentiert, dass viele Agrarbetriebe die Vorgaben der Initiative nicht erfüllen könnten. Die Bauern hätten zwei Optionen: aufgeben oder ohne Direktzahlungen arbeiten. SBV-Präsident Markus Ritter zeigte sich entsprechend erleichtert, dass beide Forderungen nicht überzeugen konnten. „Für uns Bauernfamilien ging es um Existenzen.“ Man habe mit einem knappen Ausgang gerechnet, er sei „sehr dankbar, dass es so herausgekommen ist“.

Bauern warnten vor Verlagerung der Produktion

Die „Trinkwasserinitiative“ hatte gefordert, dass nur noch jene Bauern Direktzahlungen erhalten, die ohne Einsatz von Agrarchemie produzieren, auf Fütterungsantibiotika verzichten und keine Futtermittel zukaufen. Die Bauern warnten folglich vor einer Verlagerung der Produktion aus der Schweiz in andere Länder und vor dem Verlust von Arbeitsplätzen nicht nur in der Landwirtschaft. Die andere Initiative forderte ein Verbot für die Einfuhr von Lebensmitteln, die auch mit Agrarchemie erzeugt wurden. Dagegen argumentiert der SVB mit steigenden Lebensmittelpreisen.
Eine Zustimmung zu den beiden Volksabstimmungen hätte dafür gesorgt, dass in der Schweiz nur noch Bio-Betriebe eine Zukunft hätten. Das Parlament in Bern empfahl deshalb, die beiden Initiativen abzulehnen, will aber ein neues Gesetz und damit den Einsatz von Stickstoffdüngern bis 2030 um 20 Prozent reduzieren. Zudem sollen Landwirte 3,5 Prozent ihrer Ackerfläche für die Artenvielfalt vorbehalten und darauf keine chemischen Präparate einsetzen dürfen.

Bauernbundobmann Strasser: “Schweizer haben mit Hausverstand abgestimmt”

Auch in Österreich wurde die Abstimmung mit Interesse verfolgt. Bauernbund-Präsident Georg Strasser erklärte: „Es freut mich, dass die Schweizerinnen und Schweizer mit Hausverstand entschieden haben. Die Abstimmung zeigt, dass mit früher Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung viel erreicht werden kann. Der Bauernverband hat der Bevölkerung im Vorfeld klar aufgezeigt, wie unausgegoren und kurzsichtig die Postionen der zwei extremen Initiativen zu Wasser und Pestiziden sind und welche negativen Auswirkungen diese auf die Lebensmittelproduktion und die Importquote haben.“ Strasser möchte sich alsbald mit dem Schweizer Bauernverband über dessen gelungene Aufklärungs-Kampagne austauschen.

- Bildquellen -

  • W 210613 Abstimmung CH: Screenshot / Schweizer Bauernzeitung
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AUTORH.M.
QuelleBernhard Weber
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