Unter dem Titel „Zukunft Zucker in Österreich“ fand am 3. September ein Gipfelgespräch im Landwirtschaftsministerium statt. Vertreter der Rübenbauern, der Agrana, der Bundesländer und der Landwirtschaftskammern sowie der Bürgermeister von Leopoldsdorf nahmen an dem Treffen mit Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger teil. Diskutiert wurden in erster Linie Maßnahmen, die den Erhalt der Agrana-Fabrik in Leopoldsdorf sichern können.
Steigerung der Anbaufläche als zentrale Herausforderung
Diese Maßnahmen betreffen in erster Linie die Rübenbauern, da die Agrana als Betreiber der Zuckerfabrik vorgegeben hatte, das Werk im nächsten Jahr nur weiterzuführen, wenn eine Mindestanbaufläche von 38.000 ha Zuckerrüben zustände käme. Aktuell wurden nur auf 26.000 ha Rüben angebaut, da der Anbau immer schwieriger und unrentabler für die Bauern wurde. Die Gründe dafür sind die zunehmende Dürre und der Schädlingsbefall.
Köstinger erklärte nach dem Gipfel, weiter mit den Bundesländern über Unterstützungsmaßnahmen zu verhandeln. In Frage käme etwa eine finanzielle Unterstützung von Ertragsverlusten beim Wiederanbau (über eine neue De-minimis-Regelung). Auch Notfallzulassungen für Pflanzenschutzmittel soll es weiter geben, in Einklang mit einem Bienenmonitoring sowie verstärkte Forschungsanstrengungen.
Die Agrana selbst sicherte zu, die Abnahmeverträge mit den Bauern weiterzuführen und die Zuckerproduktion in Österreich sicherstellen zu wollen. Seitens der Länder gab es das klare Bekenntnis zur Steigerung der Anbaufläche von Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark. Die ebenso betroffenen Bundesländer Wien und Burgenland nahmen nicht am Gipfel teil. Köstinger stellte jedenfalls in Aussicht, in den kommenden zwei Wochen zu einer Lösung gemeinsam mit den Bundesländern zu kommen.
Die Zeit dränge jedenfalls, betonte auch Rübenbauern-Präsident Ernst Karpfinger. Er erklärte: „Die Bauern stehen jetzt vor der Entscheidung, welche Kulturen sie nächstes Jahr anbauen werden, sie brauchen Unterstützung, um mit den durch den Klimawandel erschwerten Anbaubedingungen und sinkenden Preisen zurechtzukommen.“
Von der Schließung betroffen wären nicht nur die Ackerbauern, sondern auch 150 Fabriksmitarbeiter sowie die Eigenversorgung der Österreicher mit Zucker, die laut Schätzungen der LKÖ nach der Schließung der Fabrik in Leopoldsdorf auf 70-80 % sinken würde.
Agrana-Vorstandsvorsitzender Johann Marihart: „Die Agrana betreibt im europäischen Vergleich zwei tolle Fabriken. Es wäre schade eine Fabrik schließen zu müssen. Daher bin ich dankbar für den Gipfel. Mehr als 38.000 ha Rüben sind nötig, damit beide Fabriken ausgelastet wären. Wir bieten mehrjährige Verträge an, um Sicherheit zu bieten und freuen uns über Zusagen der Rübenbauern. Mit Sicherheit kann man zur Zukunft des Standortes noch nichts sagen. Die Kontrahierungen stehen erst in den nächsten zwei Monaten an.“
Johannes Schmuckenschlager, Präsident der LK Niederösterreich: „Landwirtschaftliche Produktion darf kein Glücksspiel werden, wir werden uns weiterhin einsetzen, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Arbeitsplätze zu sichern. Wir müssen dafür einen Schulterschluss vom Fabrikarbeiter bis zum Zuckerrübenbauer erreichen.“
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger: “Die Agrana wird gefordert sein, ihre Abnahmeverträge mit den Bauern weiterzuführen und wir brauchen eine Garantie für die Produktion von österreichischen Zucker. Niederösterreich, Oberösterreich und die Steiermark wollen die Anbaufläche steigern. In Wien und im Burgenland muss die Produktion mit allen notwendigen Mitteln möglich gemacht und gesteigert werden. Gerade deshalb ist es bedauerlich, dass weder aus dem Burgenland, noch aus Wien Vertreter der Landesregierungen gekommen sind.“
Die Ergebnisse des Gipfels werden in den nächsten Wochen konkretisiert und eine Strategie präsentiert, die den Landwirten Planungssicherheit geben soll. Die Liberalisierung der Märkte hat zu einem Preissturz geführt. Dieser würde sich mit dem Mercosur-Freihandelsabkommen verfestigen und weiter nach unten führen. Deshalb hat sich Köstinger im Rahmen des Gipfels auch noch einmal deutlich gegen Mercosur ausgesprochen und das Nein der Bundesregierung wieder bestätigt.
Paul Nemecek, NÖ Bauernbund-Direktor: „Der Standort Leopoldsdorf ist nicht nur für die Planungssicherheit der 4.500 Rübenbauern entscheidend, er ist auch Arbeitsplatz für 150 Beschäftigte und ein Garant der Selbstversorgung. Damit das alles weiterhin Bestand hat, braucht es jetzt einen nationalen Kraftakt.“
Corona hat das Jahr 2020 bisher geprägt und die Abhängigkeit von ausländischen Importen, sei es bei Schutzmasken oder Medikamenten, aufgezeigt. Der Nö. Bauernbund hat daraus seine Lehren gezogen, wie Nemecek betont: „Die Selbstversorgung ist eine Frage der nationalen Souveränität. Geben wir diese aus der Hand, begeben wir uns in eine direkte Abhängigkeit von globalen Märkten und ausländischen Konzernen.“
- Bildquellen -
- Runder Tisch Rüben: BMLRT/Paul Gruber