Obwohl der Standard in der Pflanzenschutztechnik schon sehr hoch ist, findet die Landtechnikbranche immer wieder Möglichkeiten, den Pflanzenschutz noch exakter und nachverfolgbarer zu machen.
Die auf der bislang letzten Agritechnica 2019 aufgezeigten Trends im Bereich der Hacktechnik, Prognosemodelle oder auch Bandspritzung, haben größtenteils schon Einzug in die Praxis gehalten oder wurden seither noch entscheidend weiterentwickelt. Daher ist es nicht verwunderlich, dass gerade Themen wie Künstliche Intelligenz (KI) auch bei Hacken, Striegeln und Spritzen Einzug gehalten haben. Und die öffentliche Hand wird sicherlich in absehbarer Zeit noch mehr Nachverfolgbarkeit der Pflanzenschutz-Maßnahmen fordern.
Die Hoffnung wäre nur, dass künftig auch wieder ein wenig Ruhe in der öffentlichen Diskussion rund um den Pflanzenschutz am Acker einkehrt, wenn man sieht, dass Landwirte alles Erdenkliche möglich machen, um diesen im Einvernehmen mit der Umwelt durchzuführen.
Die Struktur der Landwirtschaft unterliegt einem Trend, der hin zu größeren Flächen geht. Auch geben Landwirte ihre Flächen zur Pacht frei, weil sie den eigenen Betrieb nicht mehr weiter führen wollen oder können. Hier spielen natürlich immer größere Fassvolumina der Feldspritzen eine entscheidende Rolle. Denn bei immer größeren Feld-Hof-Entfernungen muss sicherlich die Befüllstrategie der Spritze überdacht werden. Hierbei können auch geschlossene Befüllsysteme (CTS) einen positiven Beitrag leisten, um Spritzen am Feld „ohne auszupatzen“ zu befüllen. Dazu laufen auch entsprechende Studien, um auch eine Anwenderkontamination zu vermeiden. Dies ist auch wichtig, um eine größere Akzeptanz in der Praxis zu erhalten. Auch Direkteinspeisungssysteme tragen ihren Teil zur Erhöhung der Schlagkraft bei. Denn wenn solche Techniken extra Überfahrten einsparen und nur dort behandelt wird, wo es unbedingt notwendig ist, ist dies ein schöner Schulterschluss zwischen ökonomischem und umweltrelevantem Vorgehen der landwirtschaftlichen Praxis.
Weil generell nicht alle Unkraut-Probleme pauschal mit der Hacke zu lösen sind, kommen Anbausysteme mit der Kombination von Hacke und Bandspritze in den unterschiedlichsten Ausbaustufen zum Tragen. Doch bei all der immer schneller und größer werdenden Technik darf der Landwirt oder Lohnunternehmer auch die Anforderungen an den Traktor bezüglich Achslasten, bei Fronttanksystemen oder zulässigen Gesamtgewichten, nicht außer Acht lassen.
Intelligente Pflanzenschutztechnik
Über alle Spritzsysteme hinweg ist jedenfalls folgender Trend unübersehbar: Die Auslastung der Spritze kann und muss noch gesteigert werden. Elektronische Hilfsmittel sind dafür ein entscheidender Faktor. Dies fängt bei entsprechenden Diagnose- und Prognosemodellen an. Als erstes muss der Landwirt natürlich wissen, wie die Situation im Feld ist. Bisher war der Wunsch nach Lösungen in Echtzeit – also alles, was während einer Überfahrt zu lösen ist, die Vorgabe. Doch auch hier gibt es Ansätze, die Applikationskarten im Vorfeld durch Multikopter oder Drohnen zu erstellen.
Der große Vorteil: bei solchen Systemen kann die exakte Behandlungsfläche berechnet werden. Dann wird im Nachgang auch nur so viel Spritzbrühe bereitgestellt, wie unbedingt nötig ist. Somit entstehen auch keine Restmengen, die in der Praxis oft Schwierigkeiten in der Entsorgung bereiten. Zudem können auch aufwendigere und exaktere Sensoren in der Erkennung eingesetzt werden, da hier eben nur ein Sensor benötigt wird. Möchte man auf der Spritze im Gestänge den gesamten Arbeitsbereich abdecken, bräuchte es viel mehr Sensoren, die selbstverständlich den Preis der Maschine enorm in die Höhe treiben würden. So können sich unterschiedliche Techniken optimal ergänzen, um einen noch exakteren Pflanzenschutz zu erzielen. Aber bei aller elektronischen Unterstützung und Vielzahl an einzelnen Modulen werden von der Praxis immer häufiger Bedienerfreundlichkeit und Gesamtlösungen nachgefragt. So ist es nicht verwunderlich, dass herstellerübergreifende offene Lösungen zur zielorientierten, termingerechten und präzisen Applikation von Pflanzenschutzmitteln benötigt werden. Besonders die Unterstützung im Bereich der Dokumentation weist hier den größten Nutzen für die Praxis aus.
Dauerbrenner Düsentechnik
Bei der Düsentechnik liegt das Hauptaugenmerk seit vielen Jahren bei Düsen, die neben einer guten biologischen Wirkung gleichzeitig auch schützenswerte Saumstrukturen im Auge behalten. Gerade die Anpassung unterschiedlicher Düsenbauformen für den Einsatz bei „Pulsweiten Modulations-Systemen“ (PWM) ist ein Trend, der unübersehbar ist. Hier kann man nicht pauschal die vorhandenen Injektordüsen einfach in die PWM-Systeme einbauen und losfahren.
Auch der Bereich der Flüssigdüngung mit Systemen für variable Ausbringmengen gewinnen an Bedeutung. Nun tauchen Systeme auf, die mit Frequenzen von 20 bis 100 Hertz zuverlässig arbeiten und diverse Möglichkeiten wahr werden lassen. Neben Kurvenkompensation, Spot Spraying, Einzeldüsenüberwachung und Reduzierung der Aufwandmengen innerhalb des Gestänges zeigen diese Systeme ein enorm großes Potenzial auf, um den stetig steigenden Anforderungen und Auflagen in der Praxis gerecht zu werden. Es muss natürlich nicht immer PWM sein. Auch elektrisch oder pneumatisch geschaltete Düsenkörper können ein Schritt in eine ähnliche Richtung des vielfältigen Einsatzes darstellen. Bei allen Möglichkeiten darf man die Praxis nicht vergessen, denn der Landwirt muss die ganze Technik am Ende auch noch bezahlen können. Alle Techniken und Neuheiten verfolgen am Ende des Tages dasselbe Ziel: nur so viel Pflanzenschutzmittel so exakt und nachhaltig wie möglich auszubringen, um flächendeckend den integrierten Pflanzenschutz in der Praxis umzusetzen.
Autor Harald Kramer ist Mitarbeiter des Pflanzenschutzdienstes der LK Nordrhein-Westfalen.
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