Vor knapp zwei Jahren prognostizierten Experten und Wirtschaftsanalysten noch gute Aussichten auf den Agrarmärkten. Doch durch das russische Handelsembargo für Lebensmittel wurden die Handelsströme aus der EU seit Sommer 2014 praktisch zur Gänze unterbunden. Besonders dem Milch- und Schweinemarkt schadet dieser Umstand enorm und auch am Getreidemarkt sind die Aussichten derzeit nicht rosig. Agrarlandesrat Max Hiegels-berger und LK-Präsident Franz Reisecker fordern angesichts der prekären Markt- und Einkommenssituation für die Bauernschaft Entlastungen sowohl auf EU- als auch auf Bundesebene.
Agrarische Wertschöpfung wird vernichtet
“Die derzeitige Marktsituation stellt eine enorme Vernichtung von agrarischer Wertschöpfung dar, die nicht nur agrarpolitisch ein massives Problem ist, sondern auch gesamtwirtschaftlich einen erheblichen Schaden verursacht”, betont Reisecker. Vor dem bevorstehenden EU-Agrarministerrat am Montag, den 14. März 2016, werde eine breite und wirksame politische Initiative zur Beendigung der EU-Sanktionspolitik gegen Russland ausgehen. Nur damit könne am EU-Milch- und Schweinemarkt wieder ein ausgewogenes Angebots- und Nachfrageverhältnis hergestellt werden. Zudem fordert Reisecker ein weiteres Hilfspaket der EU. Dieses sollte jedoch nicht wieder nach dem Gieökannenprinzip direkt an die Bauern verteilt werden sondern für Maönahmen auf den Märkten verwendet werden, “denn nur so kann man hier wirklich was bewegen.” Eine weitere Maönahme auf EU-Ebene sieht Reisecker in der Schaffung von finanziellen Anreizsystemen für freiwillige Lieferrücknahmen.
Einführung von Agrardiesel
Doch nicht nur die EU sondern auch die heimische Politik sei angesichts der dramatischen Markt- und Einkommensentwicklung gefordert. Ansetzen wolle man hier bei der Agrardiesel-Besteuerung. Die heimischen Bauern sehen sich hier seit dem Jahr 2013 mit im EU-Vergleich überdurchschnittlichen Lasten konfrontiert. Dies sei ein klarer Wettbewerbsnachteil. Daher wird die rasche Einführung einer eigenen steuerbegünstigten Dieselsorte für die heimische Landwirtschaft gefordert. Diese Möglichkeit ist EU-konforme und müsse dringend umgesetzt werden. Auch die verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Produkten sowie in Großküchen wird abermals vehement gefordert “Wir brauchen breite Unterstützung damit Betriebe nicht aufgeben müssen und diese wirtschaftlich schwierige Phase überstehen können”, macht Reisecker klar.
Handel und Konsumenten sind gefordert
“Die Lebensmittelmärkte unterwandern die bäuerlichen Strukturen. Wir brauchen dringend neue Zugänge, unsere Nahrung eine andere Wertigkeit und die Bevölkerung eine neue Bewusstseinsbildung”, stellt Hiegelsberger klar. Vor knapp 40 Jahren flossen noch mehr als 20 Prozent der Ausgaben eines heimischen Haushalts in die Ernährung, mittlerweile sind es nur mehr zwölf Prozent. Kein Tag vergehe ohne neue Schleuderangebote. Dabei werde bei diesen verlockenden Angeboten oft vergessen, dass die garantierte Sicherheit heimischer Lebensmittel noch nie so hoch war wie jetzt. Diese Qualität müsse auch ihren Preis haben. “Wenn Lebensmittel nichts mehr Wert sind, haben unsere Betriebe weder in der Produktion noch in der Verarbeitung eine Chance”, warnt Hiegelsberger. Hier brauche es klare Signale vom Handel, damit die Landwirschaft in Österreich weiter Zukunft hat.