Die historische Bedeutung der Gründung der Landes-Landwirtschaftskammer Niederösterreich und ihrer Bezirksbauern­kammern vor genau 100 Jahren stand im Mittelpunkt der Festsitzung, die am 22. Februar in St. Pölten coronabedingt nur in kleinstem Rahmen stattfinden konnte. Eines kam dabei besonders klar zum Ausdruck: Die Kammer hat maßgeblich zur erfolgreichen Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft im Land unter der Enns beigetragen. „Als bäuerliche Interessenvertretung war und ist es auch heute unsere Aufgabe, Einzel­interessen zu einem großen Gesamt­interesse zusammenzuführen und zu vertreten“, stellte Präsident Johannes Schmuckenschlager fest.

In den vergangenen einhundert Jahren habe sich bestätigt, dass sich die Bäuerinnen und Bauern selbst besser organisieren können, als jede andere staatliche Behörde es jemals könnte, so der Kammerpräsident. Mit Blick auf die Zukunft betonte der Kammer­präsident, dass sich sowohl Funktionärinnen und Funktionäre als auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ganzer Kraft für die Interessen der Bäuerinnen und Bauern in Nieder­österreich einsetzen werden. Die Kammer habe Anspruch, die verschiedenen Herausforderungen der breit aufgestellten Betriebe anzugehen und gleichzeitig eine gemeinsame Sprache für die Gesamtlandwirtschaft zu finden. „Was die Bäuerinnen und Bauern bewegt, nehmen wir als Auftrag. Wir zeigen Zukunftschancen auf, indem wir unsere vielfältigen Angebote stetig weiterentwickeln“, sagte Schmuckenschlager.

„Von der Mangelwirtschaft zur Wegwerfgesellschaft“ verwies LH-Stellvertreter und Bauernbund-Obmann Stephan Pernkopf auf die Weiterentwicklung der Land- und Forstwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten. Die Kammer sei in all diesen Zeiten beständiger Partner der Bäuerinnen und Bauern gewesen, der ständig das Verbindende vor das Trennende gestellt habe. Die „Zusammenarbeit auf Augenhöhe“ von Landesregierung und Landwirtschaftskammer habe ebenfalls maßgeblich zur erfolgreichen Weiterentwicklung des bäuerlichen Berufsstandes beigetragen. „Niederösterreich wird auch künftig die notwendigen finanziellen Mittel bereitstellen“, versprach Pernkopf.

 

Aus dem stenografischen Protokoll der Landtagssitzung 1922

Berichterstatter Lang (Christlich-Soziale),
forderte die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel: „Damit die Landwirtschaftskammern aber ihre segensreiche Tätigkeit mit vollem Erfolge entfalten können, wäre es nötig ihnen die Mittel hiezu zur Verfügung zu stellen.“

Abg. Josef Reither (Christlich Soziale),
über den Zweck der Landwirtschaftskammer: „Im § 1 dieses Gesetzes sehen wir schon, zu welchem Zwecke dieses Gesetz heute geschaffen wird. Die Bauernkammern haben auch den Zweck − das ist der erste und heiligste Zweck − der Förderung und Hebung der Bodenproduktion in unserem Lande. (Lebhafter Beifall.) Das ist der heiligste Zweck, welchen dieses Gesetz beinhaltet und zu welchem auch dieses Gesetz geschaffen wird.“
Über die Bezirksbauernkammern: „Diese werden ernste Ideen bis in das letzte Bauernhaus hinaustragen. Und dann erst wird die Möglichkeit gegeben sein, der Bauernschaft Niederösterreichs das richtige Verständnis für dieses Gesetz und für die Bedeutung der Hebung der landwirtschaftlichen Produktion beizubringen.“
zum Ackerbauministerium: „Wenn auch ein Bauer als Minister in dieses Haus hineinginge und wenn er auch der fähigste Mensch ist, müsste er zugrunde gehen, weil in diesem Ackerbauministerium noch der größte Bürokratismus verwurzelt ist, der je in einem Staatshaushalt waltete.

LH-Stv. Josef Zwetzbacher (Christlich Soziale),
über die Wahlpflicht: „Wir wollen aber die Wahlpflicht, damit die gesamte, beruflich arbeitende Bevölkerung an der Zusammensetzung ihrer Kammer interessiert ist und weil wir in diesem Zusammenhang der Kammern ein wahres Bild der Stimmung im Lande haben wollen.“

LR Oskar Helmer (Sozialdemokraten),
traute der neugeschaffenen Institution damals eher wenig zu: „Wenn die Herren nun glauben, dass es möglich sein wird, die gesamte Bauernschaft von Niederösterreich unter den Zwetzbacher-Hut zu bringen, so täuschen Sie sich. Innerhalb der Bauernschaft sind die Gegensätze, welche bei bestimmten Anlässen hart aneinander­geraten, nicht zu überbrücken.“

Abg. Karl Renner (Sozialdemokraten),
war klar gegen die LK: „Es werden nun auch die Bürger und Arbeiter kommen und sagen, wir wollen auch unsere Vertretung haben, denn es geht nicht, dass wir Untertanen des Bezirkshauptmannes sind, während die Vertreter der Bauernschaft als gewählte Volksvertreter hinkommen. Ein solches Privilegium ist unerträglich.“

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  • 10 01 09 22 NO: LK NÖ/Pomassl
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AUTOREva Riegler
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