Heikle Herausforderung

Kommentar von Prof. Hubert Wachter,
Publizist.

Mut kann man nicht kaufen. Den hat man oder auch nicht. Das Wahlergebnis nannte Niederösterreichs Landeshauptfrau als überaus “schmerzlich”.
Aber kaum 72 Stunden später rammte Johanna Mikl-Leitner, sehr mutig, schon ihre Pflöcke in die vom Wähler neu gestaltete blau-gelbe Arena. Ganz so, als hätte der Abschied von der jahrzehntelangen ÖVP-Dominanz im größten Bundesland der Republik gar nicht
stattgefunden: Ihr vierköpfiges ÖVP-Regierungsteam blieb das alte, nur halt um zwei Landesräte weniger, und um die Wirtschaft kümmere sie sich nun selbst. Dem stehen in der nächsten Regierung drei Landesräte der FPÖ und zwei der SPÖ gegenüber.
Mehrheit ist also nicht mehr. Die heikle Herausforderung für Mikl-Leitner sieht daher so aus: Sie muss die “Dossiers”, die Regierungs-Zuständigkeiten für die neuen Landesräte erst verhandeln.
Da die FPÖ eisern erklärt, die ÖVP-Frontfrau bei ihrer Wiederwahl im Landtag keinesfalls zu unterstützen, ist sie auf das SPÖ-Wohlwollen angewiesen.
Was nur dann gelingt, wenn deren zwei Landesräte starke, wuchtige und profil-
trächtige Dossiers erhalten. Etwa Gesundheit, Soziales oder gar die Landes-Finanzen. Die ÖVP wird Federn lassen müssen.
Andererseits kann auch die FPÖ, der gemäß Verfassung gar ein Landeshauptfrau-Vize zusteht, kaum mit Orchideen-Aufgaben abgespeist werden. Etwa mit Weltraum- und Seilbahn-Aufsicht oder
Friedhofsangelegenheiten im Land.
Es wird spannend, ob Mikl-Leitner ein Bravour-Stück in St. Pölten hinlegt.
Mit einem soliden Pakt mit der SPÖ.
Quasi als Probegalopp für eine “Reparatur-Bundesregierung” auf dem Wiener Ballhausplatz.

wachter.hubert@aon.at

- Werbung -
Vorheriger Artikel„Vorsicht vor der Import-Falle“
Nächster ArtikelFalsche Stellschraube