Eigentlich ist das „Cultan-Verfahren“ keine Neuerfindung und wird etwa in Kanada sowie auch Europa (Niederlande und Deutschland) bereits längere Zeit, insbesondere zur flüssigen Mineraldüngerausbringung von Ammonium, eingesetzt. Es eignet sich aber auch besonders für die Ausbringung von ausschließlich separierter Gülle. Cultan steht für „controlled uptake long terme ammonium nutrition“, was übersetzt „langfristige Ammonium-Ernährung bei kontrollierter Aufnahme“ bedeutet. Im Fokus steht dabei die Ernährung der Wurzel. Im Gegensatz dazu steht die herkömmliche sprossorientierte Düngung mittels Nitrat oder Harnstoff, bei der die Wurzel nur für die Wasser- und Nährstoffaufnahme zuständig ist, wobei die Aufnahme nicht bedarfsabhängig geschieht. Obwohl Harnstoff-Dünger nicht der nitratbetonten Düngung zuzurechnen ist, führt eine breitwürfige Ausbringung zur Nitratanlieferung an die Wurzeln.
Erste Erfahrungen in den 1990er-Jahren
In den 1990-er Jahren wurden erste erfolgreiche Versuche im Gemüsebau gemacht. Es konnten bessere Erntequalitäten bei deutlich verringerten Auswaschungsverlusten beobachtet werden. Später wurde die Anwendung im Ackerbau getestet. Heute wird es mit circa 60 Prozent am häufigsten im Grünland, im Gegensatz zum Ackerbau mit 40 Prozent, eingesetzt.
Pflanzenphysiologische Einflüsse
Die Ammonium-Düngung mittels Cultan-Verfahren gilt als Depotdüngung und wird als wurzeldominant bezeichnet. Die Wurzel wächst zum Nährstoffdepot hin, wodurch sich die Wurzel zum ertragsbildenden Teil der Pflanze entwickelt. Ammonium wird ohne Umwandlung zu Nitrat direkt von der Wurzel aufgenommen. Die Proteinsynthese beginnt dabei bereits in der Wurzel. Im Spross ist dadurch mehr Raum für die Assimilatproduktion vorhanden, was sich dadurch auch positiv auf die Bildung des Ertrages auswirkt. Daraus resultiert auch die Ertragsstabilität bei reduzierter Düngung.
Die Versorgung der Pflanzen mit Nitrat bzw. auch die Aufnahme und Einlagerung des Stickstoffes in Nitratform in den Spross führt zu einer gewissen Konkurrenz zwischen der Assimilat- und Proteinsynthese. Eine nitratbasierte Pflanzenernährung führt durch die Einlagerung des Nitrates in den Spross zu teils mastigen Beständen, was dann den Einsatz von Wachstumsreglern notwendig macht.
So funktioniert die Cultan-Technik
Beim Cultan-Verfahren muss zwischen drei verschiedenen Arten unterschieden werden. Den „Goldstandard“ stellt das sogenannte Injektionsverfahren (Injektionsdüngung) für die Flüssigdüngerausbringung dar, welche mit „Igel- oder Stachelräder“, durchgeführt wird. Diese sind an einem spritzenähnlichen Gerät montiert. In den Tanks befindet sich der mineralische Flüssigdünger. Bei der Düngung wird ein Nährstoff-Depot im Boden angelegt. Das Cultan-Gerät kommt in Arbeitsbreiten von sechs bis 15 Metern zur Anwendung. Eine Ausbringung von separierter Gülle mit dem Injektionsverfahren ist nicht möglich.
Das Schleppschuhverfahren als zweites Cultan-Verfahren wird im Grünland mit separierter Gülle angewendet. Das dritte stellt den Schleppschlauch dar. Ebenfalls als Cultan-Technik kann die Unterfußdüngung bei Mais betrachtet werden. Ähnlich verhält es sich auch mit der Kombination von Saat und Düngung in einem Arbeitsvorgang.
Das Befahren des Bodens sollte, wie bei jeder landwirtschaftlichen Tätigkeit, nur bei guten Bodenverhältnissen erfolgen. Eine Düngung ist möglich und sinnvoll, sobald ausreichend Wärme vorhanden ist und das Wurzelwachstum beginnt. Das ist an den kleinen weißen Wurzeln ersichtlich. Die Wurzel erschließt dann das Ammonium- bzw. Nährstoffdepot, was zu einer Zunahme der Wurzelmasse führt.
Diese Mineraldünger eignen sich besonders
Es eignet sich jegliche Art von ammoniumhaltigen Flüssigdüngern. Der Ammonium- und auch der Harnstoffgehalt sollte aber höher sein, als der Nitratgehalt. Das sind: AHL (28 % N), ASL (8 % N + 9 % S), HAS (20 % N + 6 % S). Natürlich können auch andere Mischungsverhältnisse herangezogen werden. Schwefelhaltige Stickstoff-Dünger (z. B. Ammoniumsulfat) sind aber alleine schon aus pflanzenphysiologischer Sicht sowohl bei herkömmlicher breitwürfiger Ausbringung, als auch mit der Cultan-Technik (Injektion), zu bevorzugen.
Der Einsatz eines stabilisierten N-Düngers, mit Nitrifikationshemmer ist im Cultan-Verfahren nicht vorgesehen, da die Verwendung dieser Düngemittel bestenfalls zu einer etwas „zurückhaltenderen“ Nitraternährung, führt.
Gülle ist das „schwarze Gold“
Der Vorteil von Gülle ist, dass sie einen nitratfreien Mehrnährstoffdünger darstellt. Sie ist daher – in separierter Form – bestens für die Ausbringung mit dem Cultan-Verfahren mittels Schleppschuh bzw. mit dem Schleppschlauch auf dem Acker geeignet.
Wirkungsweise von Ammoniumstickstoff
Ammonium (NH4+) ist im Gegensatz zu Nitrat (NO3-) positiv geladen und wird somit vom Boden bzw. den Ton-Humus-Komplexen gebunden. Ammonium ist daher im Boden nicht mobil. Durch den Prozess der Nitrifikation entsteht aus Ammonium Nitrit und in Folge Nitrat. Die Flüssigdüngung mittels Cultan-Verfahren reduziert jedenfalls die Auswaschungsverluste.
Vorteile des Cultan-Verfahrens
- Kostenersparnis, da Flüssigdünger in der Regel bei Hauptkulturen einmalig ausgebracht wird
- Bis zu 30 Prozent weniger N-Dünger-Einsatz und Wasser zur Bildung der gleichen Trockenmasse und Erträge
- Besonders auch für viehhaltende Regionen interessant
- Reduktion der Auswaschungsverluste
Betriebsbesichtigung mit praktischer Vorführung
Im August trafen sich am Hof der Familie Landl in Sonnberg im Mühlkreis die Bauernbund-Spitze mit Landesobfrau Michaela Langer-Weninger, Landesbäuerin und zugleich auch Bezirksbäuerin von Urfahr Johanna Haider und Bezirksobmann Peter Preuer.
Andreas Landl ist Bauernbund-Obmann in seiner Heimatgemeinde Sonnberg und bewirtschaftet einen gemischten Milchviehbetrieb mit Kalbinnenaufzucht.
Seit mittlerweile knapp zwei Jahren beschäftigt er sich gemeinsam mit sechs weiteren Bauern aus dem Bezirk mit der Ausbringung von separierter Gülle mittels Schleppschuh und von flüssigem Mineraldünger in Form von Ammoniumsulfat unter Anwendung der Injektionstechnik. Die Anwendung der in Österreich eher noch in den Kinderschuhen steckenden Technik, bestätigt nicht nur beim Einsatz auf Ackerkulturen, sondern auch auf dem Grünland die vielen Vorteile.
„In unzähligen Versuchen konnten meine Kollegen und ich die positiven Effekte der Cultan-Düngung feststellen. Da wir mit dieser Technik wirtschaftliche Vorteile sehen, haben wir uns zusammengeschlossen und ein Vier-Meter Schleppschuhgerät gemeinschaftlich gekauft. Über die gemeinschaftliche Anschaffung eines Injektionsgerätes wird bereits diskutiert. Gemeinschaft und hier besonders auch der gegenseitige Wissensaustausch, wie etwa bei technischen Problemen oder der praktischen Anwendung, sind besonders wichtig. Ohne meine Kollegen hätte ich das nicht geschafft“, betont Andreas Landl und appelliert an seinen Berufsstand mehr zusammenzuarbeiten und Geräte gemeinschaftlich zu nützen.
Lagerung als Sorgenkind
Da der Stickstoff in gelöster Form als Ammoniumsulfat vorliegt, benötigt man eine hohe Lagerkapazität, wobei eine frostfreie Lagerung gewährleistet sein muss.
„Als gute Möglichkeit für die frostfreie Lagerung sehe ich die Verwendung von faltbaren Tanks aus einer Kunststofffolie. Diese werden von einer französischen Firma produziert und auch in Österreich vertrieben. Ich nutze meine alte und nicht mehr in Verwendung stehende Güllegrube als Lagerraum. Diese ist frostfrei und nach ein paar Vorbereitungsarbeiten, wie dem Auskleiden der Güllegrube mit einem Vlies gegen das Abscheuern an der Betonwand, kann ich meinen „Folientank“ schon in Betrieb nehmen. Diese Folientanks können auch zur Löschwasserversorgung bzw. auch als Wasserspeicher für die Versorgung des Viehs und des laufenden Betriebes verwendet werden. In Trockenzeiten hat man so eine gewisse Pufferkapazität. Natürlich können die Folientanks ebenso für die Lagerung separierter Gülle verwendet werden“, erklärt Landl.
Cultan-Technik ist teurer
Das Cultan-Verfahren bzw. die Injektionstechnik ist teurer als herkömmliche Verfahren (Kunstdüngerstreuer). Auf dem Grünland führt das zu Kosten von circa 90 Euro pro Hektar. Mittels herkömmlicher Technik belaufen sich diese in etwa auf 15 bis 20 Euro/ha. „Die höheren Kosten müssen natürlich mit den gleichen Erträgen bei geringerem Düngereinsatz ins Verhältnis gebracht werden. Man erspart sich aber auch durch das Zusammenziehen der Düngegaben auf dem Acker und der Wiese einige Überfahrten und somit Geld. Außerdem wird bei gleichem Ertrag und Qualität weniger Wasser benötigt. Ich sehe jedenfalls deutlich mehr Nutzen als Kosten“, so BB-Obmann Landl.
Ammoniumsulfat als Abfallprodukt
Bezogen werden kann das Ammoniumsulfat bei einigen Landesproduktenhändlern. Hergestellt wird es von der Düngemittelindustrie. In Österreich wird es in Linz erzeugt. Es besteht aus 6,8 Prozent Ammoniumstickstoff und acht Prozent Schwefel in wasserlöslicher Form. Es wird in Linz im Zuge der Reinigung der Industrieabgase durch Filteranlagen gewonnen. Früher galten die Filter als Sondermüll, heute werden die darin enthaltenen Stoffe als wertvoller Dünger für die Landwirtschaft verwendet.
- Bildquellen -
- Betriebsbesichtigung in Sonnberg: Foto: BB