Auch Menschen mit Behinderung haben ein Recht auf Arbeit

Menschen mit Lernschwierigkeiten brauchen passende Unterstützung. Etwa in Form von Farbtafeln bei der Tomatenernte. Foto: Quendler

Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung im Erwerbsprozess macht aus vielerlei Sicht Sinn. Im Projekt IRMA wurde untersucht, wie diese im Bereich von Gartenbaubetrieben möglich ist. 

Ganz abgesehen von der Möglichkeit, ein selbstverdientes Einkommen zu erzielen, sprechen soziale Kontakte, Anerkennung und Selbstverwirklichung für eine Beschäftigung dieser Menschen. Wie auch die Wirtschaftskammer auf ihrer Homepage schreibt, machen Fachkräfte mit Behinderung die Belegschaft vielfältiger und verbessern die soziale Kompetenz im gesamten Unternehmen. Zudem soll durch die Einstellung von behinderten Personen auch die positive öffentliche Wahrnehmung des Betriebs steigen. Und nicht zu vergessen: Auch Behinderte haben ein Recht auf Arbeit und Verdienst. Festgeschrieben ist das in der UN-Behindertenrechtskonvention (siehe auch Artikel unten), die Österreich 2008 ratifiziert hat.

Boku-Projekt IRMA

Mindestens 21.000 Menschen wurden sieben Jahre später in den föderal organisierten Strukturen des Ersatzarbeitsmarktes (Beschäftigungstherapie/Tagesstrukturen) betreut. Im Projekt IRMA unter der Leitung von Assoc. Prof. Elisabeth Quendler vom Institut für Landtechnik/Boku wurde überprüft, wie diese Menschen am „echten“ Arbeitsleben teilhaben können. Konkret ging es in dem mehrjährigen Projekt um Kooperationen mit privaten Gartenbaubetrieben. Ziel war es u. a., Fähigkeiten von Menschen mit Lernschwierigkeiten und Anforderungen von privaten Gartenbaubetrieben abzugleichen. Andererseits galt es, mögliche gesundheitliche Schäden durch falsche Arbeitshaltung, einseitige Belastung oder Überforderung zu identifizieren und Lösungen hierzu zu findem. Zudem wurden Motivationen erhoben, Schulungsunterlagen erstellt, Schulungen durchgeführt und die Beschäftigung von behinderten Menschen im Realbetrieb erprobt.

Sowohl Hürden als auch Chancen dieser Beschäftigung mit begleitendem Gruppencoaching während einer Einführungsphase konnten im Rahmen des Projekts gezeigt werden. Nicht jede Arbeit ist für sie geeignet. Klar hat sich gezeigt, dass sich die Erwartungen der Sozialeinrichtungen und Gartenbaubetriebe nicht immer decken. Während für erstere angemessene Betreuung, faire Bezahlung, gute Absprache im Vorhinein, Flexibilität und die Akzeptanz von niederer Qualität und Quantität wichtig sind, setzen die Betriebe teilweise andere Prioritäten: Keinen erheblichen Mehraufwand, keine vollwertige Entlohnung, gute Absprache im Vorhinein, Einhaltung der Abmachungen sowie gewissenhafte und hochwertige Arbeitserledigung. Quendler zieht dennoch eine positive Bilanz, unüberwindbare Hürden sieht sie nicht: „Durch Gegenüberstellen der tätigkeitsbezogenen Arbeitsanforderungen und der vorhandenen Fähigkeiten von Menschen mit Behinderung in der Tagesstruktur sowie eine leicht verständliche Arbeitsanleitung und Gruppencoaching ist eine Mitarbeit von diesen Menschen im Gartenbau professionell durchführbar“. Weiterer Forschungsbedarf soll in einem Nachfolgeprojekt (IRMA 2) bearbeitet werden.

Behindertenrechtskonvention
Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention beschreibt das Recht behinderter Menschen auf Arbeit auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen. Dieses Recht auf Arbeit schließt die Möglichkeit ein, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die frei gewählt oder frei angenommen wird. Nach dem Behinderteneinstellungsgesetz gilt in Österreich eine Beschäftigungspflicht: Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber, die 25 oder mehr Personen beschäftigen, müssen auf je 25 Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer mindestens eine „begünstigte behinderte Person“ einstellen oder eine Ausgleichstaxe bezahlen.

Michael Stockinger

 

- Bildquellen -

  • IRMA: Quendler
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