Hybridweizen? Bitte warten!

Die Vorteile hybridisierter Weizensorten klingen verheißungsvoll. Der Forschungsaufwand ist gewaltig. Doch die erwarteten Erfolge wollen sich nicht einstellen. Auch potente Zuchtunternehmen verschieben die Markteinführung praktisch nutzbarer Sorten von Jahr zu Jahr. Der Weizen sträubt sich hartnäckig gegen die Umerziehung vom Selbst- zum Fremdbefruchter.

Vitaler, stressstabiler, und deutlich ertragsstärker. Die Vorteile der Hybridzüchtung sollen den Anbau von Winterweizen in eine neue Dimension heben. Doch aus den bereits vor mehr als zehn Jahren verheißungsvoll angekündigten Fortschritten ist bisher wenig geworden. Erste marktgängige Sorten sind über ein Nischendasein noch nicht hinausgekommen.

Noch keine Sorte in AGES-Wertprüfung

Für den Anbau in Europa verfügbar sind bis dato nur Hybridweizen, die mittels chemischer Kastration der Mutterlinien gezüchtet werden („Hybridmechanismen“). Die hierzu verwendete chemische Substanz (Gametozid) ist toxisch und in der Europäischen Union bisher nur in Frankreich zugelassen. Führender Züchter ist die deutsche Saaten-Union, deren „SU Hyvento“ als EU-Sorte auch hierzulande zum Anbau zur Verfügung steht. Über das „Probierstadium“ ist die Sorte allerdings noch nicht hinausgekommen. Zur AGES-Wertprüfung wurde bisher noch kein Hybridweizen eingereicht. Ertraglich schneidet SU Hyvento gut ab. Im Sortenprofil gilt er als standfester, ertragsstarker, spätreifer Mahlweizen, der nur wenig anfällig für Fusarium ist. Ertraglich vermag er allerdings gute Liniensorten kaum zu übertreffen. In Praxisversuchen der LK Niederösterreich platzierte er sich im Versuchsmittel, mit leichten Vorteilen auf schwächeren Standorten.

Match mit Liniensorten steht auf Unentschieden

Interessant ist, dass die Saaten-Union mit der Liniensorte Chevignon einen der stärksten Konkurrenten der Hybridweizen aus eigenem Portfolio recht erfolgreich anbietet. Das Match Hybrid- versus Linienzucht steht demnach bestenfalls auf Unentschieden. Es bleibt abzuwägen, wie weit man die höheren Saatgutkosten des Hybridweizens in Kauf nimmt und auf Nachbau verzichtet.

Bei Weizen (noch) kein Geschäft für Landwirte

Hört man sich in der heimischen Saatzuchtbranche um, dann lautet der allgemeine Tenor, dass die Bauern bei Weizen besser auf Originalsaatgut von Liniensorten setzen sollten als auf Hybridsorten. Bis dato wäre der Anbau von Hybridweizen nur „sehr eingeschränkt ein Geschäft“. Der Ertragsvorteil spiele meist nur die erhöhten Saatgutkosten herein. Auch die Linienzüchtung würde gute Arbeit leisten, was die Sortenprüfung der AGES stest bestätige.


Stichwort „Hybridmechanismen“

Quelle: Habeck / Universität Hohenheim, Syngenta
Kreuzungsversuche in der Hybridweizenzüchtung.

Sorten aus Hybridzüchtung haben sich bei vielen Arten bewährt und im Anbau durchgesetzt. Im Ackerbau betrifft das vor allem Mais sowie auch Roggen und Ölkürbis, mit weniger Volumen auch die Gerste. Bei Mais kommen fast ausschließlich Hybridsorten zum Anbau, bei Roggen schätzt man den Anteil der Hybridsorten in Österreich aktuell auf knapp unter 50 Prozent. Hybridzucht beruht auf dem Ertragsvorteil der Kreuzung von Inzuchtlinien (Heterosiseffekt) der gegenüber Liniensorten in der Größenordnung von 20 bis über 60 Prozent liegen kann. Die besten Voraussetzungen für die Hybridisierung bringen Fremdbefruchter wie Roggen mit (Mais blüht „vormännlich“, was die Fremdbefruchtung begünstigt). Bei ihnen ist der Heterosiseffekt größer und die Inzucht-Elternlinien sowie deren Kreuzung sind vergleichsweise einfach darstellbar. Bei Selbstbefruchtern wie Gerste, Hafer und vor allem Weizen muss man zur Hybridisierung die Selbst- und Kreuzbefruchtung ausschließen. Dazu sind männlich sterile Mutterpflanzen erforderlich, um die Pollenbildung der Mutterlinien zu verhindern. Es gibt dafür drei Methoden:

  • Mechanische Entfernung der männlichen Blü-tenteile: Dies lässt sich beim Mais einfach durchführen, ist beim Weizen aber nicht möglich.
  • Chemische Kastration mittels Gametoziden: Beim Weizen ist das bisher die einzige praxisreife Methode, allerdings nur in Frankreich zugelassen. Witterungseinflüsse und unerwünschte Nebenwirkungen können die Saatgutproduktion verteuern.
  • Genetisch erzeugte, männliche Sterilität durch Einkreuzung pollensteriler Gene, der sogenannten CMS-Gene (cytoplasmatisch-kerngenetische Pollensterilität). Damit wäre eine vollständige Kontrolle der männlichen Sterilität erreichbar. Allerdings muss diese im Endstufensaatgut wieder aufgehoben werden, was beim Weizen aktuell die größte Herausforderung darstellt. Zudem erhöht sich durch die Fremdbefruchtung des Weizens auch die Gefahr von Infektionen, etwa durch Mutterkornpilze.

- Bildquellen -

  • Habeck Universitaet Hohenheim: Habeck / Universität Hohenheim, Syngenta
  • Weizenähre: Agrarfoto.com
- Werbung -
AUTORHans Maad
Vorheriger ArtikelWebinar: Aktuelles für Sauenhalter und Schweinemäster
Nächster ArtikelAgrar-Terminmarkt 14. Oktober ’22 – Was macht Putin?