Aus der in dieser Woche auslaufenden Vermarktungssaison 2015/16 nehmen wir einen prall gefüllten Rucksack aus riesigen Überlagerbeständen mit ins neue Getreide-Wirtschaftsjahr. Die globalen Saison-Anfangslagerbestände per 1. Juli 2016 werden mit 243,01 Millionen (Mio.) Tonnen (t) um über zehn Prozent höher gesehen, als im Vorjahr (216,54 Mio. t), bzw. um mehr als 25 Prozent über jenen vor zwei Jahren (194,18 Mio. t). Die globalen Lager sind also schon vor der eigentlichen Ernte bestens gefüllt. Auch in Europa sollen die Überlager heuer stark anwachsen. Mit 18,73 Mio. t würden die Lagermengen um über ein Drittel innerhalb eines Jahres anwachsen, dadurch würden über zehn Prozent der EU-Ernte auf Halde liegen. Auch in den Schwarzmeerstaaten und den USA wird ein ähnlich starker Anstieg der Lagerstände erwartet (siehe Grafik).
Hohe Ernteerwartungen, starke Exportkonkurrenz
Nicht nur in Österreich, sondern in weiten Teilen Europas bleibt das Frühjahr 2016 mit extremen Niederschlagsmengen in Erinnerung. Regional waren diese aber zu viel des Guten, und Überschwemmungen sorgten für Beeinträchtigungen. Die milde Winterwitterung führte zu monatlich optimistischeren Ernteerwartungen für Winterweizen. Auch das USDA belässt seine Prognosen im sehr optimistischen Rahmen. Nach der Ernte 2015, die trotz Trockenheit auf Rekordniveau (160,01 Mio. t) hielt, wurde die Prognose für 2016 mit 157,50 Mio. t nur leicht darunter angesiedelt (USDA WASDE-Report Juni 2016). Neben der EU sind die Ernteprognosen auch für die wichtigsten Exportkonkurren-ten im Schwarzmeerraum sowie für die USA sehr zuversichtlich. Im Schwarzmeerraum (Ukraine, Russland, Kazakhstan) haben sich die Bedenken nach der Herbsttrockenheit im milden Winter schnell relativiert. Mit 116,83 Mio. t liegen die dortigen Weizen-Ernteprognosen momentan sehr nahe an der Vorjahresresulta-ten (-0,77 Mio. t). Auch in den USA liegen die Prognosen mit 56,83 Mio. leicht über den Vorjahresergebnissen (55,84 Mio. t).
Qualitäten gefährdet, Mengen aber hoch
Erst vergangene Woche korrigierte die EU-Kommission ihre Ertragsprognose leicht nach unten (von 6,11 auf 6,07 t/ha), und drückte damit Unsicherheit nach den starken Mainiederschlägen aus. Die Prognose liegt aber immer noch deutlich über dem Fünfjahresschnitt von 5,83 t/ha. Das sind freilich auf ganz Europa bezogene Durchschnittswerte – in Österreich sind regional deutlich bessere Erträge zu erwarten. Als Folge der nassen Witterung wurden in einigen EU-Ländern die optischen Ertragsprognosen etwas reduziert. Die feuchte Witterung fördert Blattkrankheiten, die höheren Qualitätsstufen könnten daher lokal schwächer ausgeprägt ausfallen. Französische Händler waren beispielsweise in den letzten Wochen stärker als in dieser Jahreszeit üblich, am Markt, um sich vorsorglich höherwertige Weizenpartien zum Aufmischen zu sichern. Sollten die besseren Qualitäten heuer schwieriger verfügbar sein, ist aber mengenseitig trotzdem wieder eine gute, eher sogar sehr gute Ernte zu erwarten. Für die Standardgüter Mahl- und Futterweizen ist daher Preisdruck während der Ernte zu befürchten. Höhere Prämien für bessere Qualitäten wären daher denkbar, jedoch auf der Grundlage eines insgesamt niedrigeren Preisgefüges als in den letzten Jahren. Vermarktungsplanung mit Vorverträgen oder Preisabsicherungen von Teilmengen sollte sich auch heuer wieder bewähren, und gibt neben einer Risikostreuung auch eine bessere Planungsgrundlage. Bei solch hohen globalen Ernten und starker Exportkonkurrenz könnte es schwer werden, ein Sommer-Erntetief im Herbst in deutlich bessere Preisgefüge für EU-Weizen umzuwandeln.