Natur, Lernen und familiäre Atmosphäre: Das macht die Betreuung auf Bauernhöfen zur besonderen Erfahrung.
 

Seit mittlerweile 22 Jahren betreut die Niederösterreicherin Renée Kalkus in St. Georgen an der Leys Kinder auf ihrem Mutterkuhbetrieb.

Quelle: Kalkus
Renée Kalkus, Tagesmutter in
St. Georgen an der Leys. 

Beinahe täglich kommen diese zu der  ausgebildeten Tagesmutter. Auf dem Bauernhof kann Kalkus einen einzigartigen Ort für kindliche Entfaltung und Lernen anbieten, wie sie selbst sagt. „Die Kinder haben Kontakt mit Tieren und können die saubere Luft genießen. Sie lernen, wo die Milch und Eier herkommen. Sie bekommen eine ganz andere Perspektive auf die Welt.“ Auf dem bäuerlichen Betrieb, den sie gemeinsam mit ihrem Mann führt, hat Kalkus bereits ihre eigenen vier Kinder großgezogen.

 

Quelle: Kalkus
Die Verantwortung dieses Betreuungsmodells ist groß, aber die Bezahlung niedrig.

Die besondere Hoflage bietet Buben wie Mädchen, vom Kleinkind bis ins Volksschulalter,  eine Vielfalt an Erlebnissen, die weit über die klassischen Kindergartenangebote hinausreichen. Dabei ist diese Art der Betreuung auf einem Bauernhof mit großer Verantwortung verbunden. Landwirtschaftliche Maschinen und Geräte oder auch Elektrozäune können Gefahren darstellen. Das erfordert spezielle Sicherheitsvorkehrungen und stets ein wachsames Auge. Kalkus betont, dass die Sicherheitsstandards am Hof regelmäßig überprüft werden. Auch wenn bisher kein ernsthafter Unfall passiert ist, ist der Bäuerin dieser Aspekt stets präsent.

 

Wissenschaftliche Relevanz ist gegeben 

Quelle: Rosenbichler
Mareike Rosenbichler,
Boku-Absolventin.

Die Absolventin der Universität für Bodenkultur (Boku), Mareike Rosenbichler, selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen, hat sich die Situation der Tagesmütter auf landwirtschaftlichen Betrieben genauer angesehen.

Für ihre Masterarbeit interviewte sie acht Tagesmütter im Land unter der Enns, darunter auch Renée Kalkus. In ihrer Forschungsarbeit, betreut von Elisabeth Quendler vom Institut für Landtechnik, wurden vor allem die gesundheitlichen Vorteile und die Förderung sozialer Kompetenzen hervorgehoben. „Die Bewegung an der frischen Luft, der Kontakt zur Natur und die qualitativ hochwertigen, regionalen Lebensmittel zur Jause und zum Mittagessen sind enorme Pluspunkte“, sagt Rosenbichler. Kinder, die nahe ihres Zuhauses und bei eigens ausgebildeten Tagesmüttern betreut werden, erfahren eine persönliche und familiäre Zuwendung, die in großen Kindergärten oft nicht möglich ist, schreibt sie in ihrer Masterarbeit.

“Die Bewegung an der frischen Luft, der Kontakt zur Natur und die hochwertigen, regionalen Lebensmittel zur Jause und mittags sind enorme Pluspunkte.” – Mareike Rosenbichler

Situation der Kinderbetreuung in Österreich

Auch wenn die positiven Aspekte dieser Betreuungsform überwiegen: Die Realität ist oft weniger erfreulich. Aktuell werden mehr als 8.300 Kinder hierzulande von Tageseltern betreut. Nur ein kleiner Teil davon auf einem Bauernhof. Generell geht die Zahl der Tageseltern in Österreich jedes Jahr zurück. Waren es 2018 noch 2.391, gibt es laut der neuesten Kindertagesheimstatistik aus 2024 nur noch knapp 1.700 Tageseltern. „In Kindergärten und Schulen gibt es mittlerweile viele Angebote zur Nachmittagsbetreuung. Das hat die Anfragen bei Tagesmüttern verringert“, weiß Kalkus. Dazu kommt vielfach die niedrige Bezahlung. Der Stundenlohn beträgt nämlich gerade mal drei bis acht Euro. Die Preise werden von den Überorganisationen wie dem Hilfswerk oder der Volkshilfe reguliert und sind besonders am Land oft niedriger als in der Großstadt, um den Eltern entgegenzukommen. Und wenn ein Kind krank ist, gibt es für diesen Tag kein Geld. Außerdem fehle laut Kalkus ein geregeltes Netzwerk für Tagesmütter auf Bauernhöfen. Ein solches und wenn kommunale und bundesweite Regelwerke und Unterstützungssysteme geschaffen würden, würde laut Rosenbichler neben mehr Transparenz auch finanziell sicherere Arbeitsbedingungen für die Tagesmütter schaffen und die Angebotsvielfalt sichern.

Quelle: BZ/Merl; Illustration: Good Studio - stock.adobe.com
Die Anzahl der Tageseltern in Österreich schrumpft.

 

Positive Resonanz der Eltern 

Trotz der Herausforderungen sagt Kalkus, sie könne sich keinen anderen Beruf vorstellen. Sie ist erfüllt von der Freude, Kindern im bäuerlichen Umfeld essenzielle Naturkenntnisse zu vermitteln, dazu eine Atmosphäre des Vertrauens und der Geborgenheit zu schaffen, die sowohl Kindern als auch Eltern gefällt.

Quelle: Rosenbichler
In Österreich werden mehr als 8.300 Kinder von Tageseltern betreut.

„Besonders motiviert mich die positive Resonanz der Eltern, die den pädagogischen Mehrwert der Bauernhofbetreuung gegenüber städtischen Alternativen schätzen“, sagt Kalkus. Sie ist überzeugt: „Die charmante Mischung aus Natur, Lernen und familiärer Atmosphäre macht die Betreuung auf Bauernhöfen zu einer besonderen und wertvollen Erfahrung für Kinder. Das bleibt ihnen nachhaltig in Erinnerung und beeinflusst ihre Entwicklung positiv.“

- Bildquellen -

  • Portrait Kalkus: Kalkus
  • Betreuung: Kalkus
  • Portrait Rosenbichler: Rosenbichler
  • Grafik Tageseltern: BZ/Merl; Illustration: Good Studio - stock.adobe.com
  • Kind am Bauernhof: Rosenbichler
  • Familiäre Atmosphäre: Kalkus
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AUTORKatharina Berger
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