Schutz vor Steinschlag wird in Tirol immer wichtiger

Vor dem Hintergrund des Klimawandels gewinnt der Schutz vor Steinschlag für das Tiroler Naturgefahrenmanagement verstärkt an Bedeutung. Wie die erfolgreiche Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung und der Infrastruktur aussehen kann, zeigt das Projekt Weißwald im hinteren Pitztal – von den notwendigen Sofortmaßnahmen über das Monitoring bis zum finalen Schutzbauwerk.

Philipp Eiter (Vize-Bürgermeister St. Leonhard im Pitztal), Gebhard Walter (Leiter Sektion Tirol der WLV), LH-Stv Josef Geisler, Michael Mölk (Fachzentrum Geologie und Lawinen der WLV) und Daniel Kurz (Gebietsbauleiter Oberes Inntal, WLV)

Der Schutz vor Steinschlag spielt in den alpinen und hochalpinen Regionen seit vielen Jahren eine wichtige Rolle für das Tiroler Naturgefahrenmanagement. Es ist anzunehmen, dass die Auswirkungen des Klimawandels und die daraus folgenden Wetterextreme  künftig vermehrt Steinschlagereignisse zur Folge haben werden. Und auch das Abschmelzen der Permafrostböden ist ein wesentlicher Faktor. 

„Um die Bevölkerung und die Infrastruktur zu schützen, ist es daher wichtig, im Ernstfall schnell zu reagieren und die entsprechenden Maßnahmen zu setzen. Es geht hier auch um die Erreichbarkeit und die Sicherheit unserer Täler und den Erhalt dieser Lebens- und Wirtschaftsräume“, betonte LH-Stv. Josef Geisler bei einem Lokalaugenschein im Pitztal. Allein im Jahr 2023 investiert die öffentliche Hand 3,2 Millionen Euro in den Schutz vor Erosion und Steinschlag.

Umfassender Schutz

Ein Beispiel für umfassenden Steinschlagschutz ist der Weiler Weißwald im hinteren Pitztal. Dort kam es am 12.11.2020 zu einem Steinschlagereignis. Ein Sturzblock überrollte die Landesstraße L16 und blieb in einer naheliegenden Wiese liegen. Bei der darauffolgenden Hubschrauber-Befliegung durch die Landesgeologie zeigte sich im oberen Bereich des Hanges ein Blockstapel, der eine Gefährdung für den Siedlungsraum und die Landesstraße darstellte. Als Sofortmaßnahmen wurden ein Haus evakuiert, die L16 gesperrt und eine provisorische Ersatzstraße errichtet. Außerdem wurde ein Mess- und Vorwarnsystem installiert.

In der Folge hat die WLV verschiedene Varianten für Schutzmaßnahmen geprüft. „Die Wahl fiel schließlich auf einen Schutzdamm, der die wirtschaftlich, ökologisch und sicherheitstechnisch beste sowie nachhaltigste Lösung war“, erläuterte DI Gebhard Walter, Leiter der Sektion Tirol der Wildbach- und Lawinenverbauung. Die Grundlage für die Bemessung des Schutzdamms lieferten 3D-Steinschlagsimulationen.

Monitoring liefert wichtige Erkenntnisse

Die Bauarbeiten für den Schutzdamm starteten Ende April 2022. Sicherheit wurde durch die Wildbach- und Lawinenverbauung  dabei groß geschrieben. Sämtliche Sicherheits- und Warnsysteme mit Radaranlage, Rissmessern und hochauflösender Webcam wurden vor Baubeginn installiert, um die Straße mit Ampeln sperren zu können, sollte es im Hang zu Aktivitäten kommen. Die Ampeln wurden automatisch auf Rot geschaltet, wenn das System Bewegungen am Berg gemessen hat. „Monitoring eignet sich auch dazu, maßgebliche Prozesse und Mechanismen besser nachvollziehen zu können und darauf aufbauend spezifische Maßnahmen passgenau zu planen“, berichtete Mag. Michael Mölk vom Fachzentrum für Geologie und Lawinen der WLV.

Aufwändiges Projekt

Die anschließende Bauausführung erwies sich als aufwändiges Vorhaben, da der Großteil des Dammes in bewehrter Erde errichtet wurde. „Wir haben dafür Material aus den verschiedenen Geschiebeablagerungsbecken im hinteren Pitztal verwendet und das Räumgut damit sehr wirtschaftlich wiederverwertet“, erläuterte DI Daniel Kurz, Gebietsbauleiter Oberes Inntal der WLV.

Der Damm hat eine Länge von ca. 230 Meter und eine endgültige Schüttkubatur von ca. 47.000 m³ und ist auf der Bergseite 10,5 Meter und zur Straße hin 19 Meter hoch. Die Gesamtkosten für das Projekt betragen 2,6 Millionen Euro. 45 Prozent der Mittel kamen vom Bund, 17 Prozent vom Land Tirol, 23 Prozent von der Landesstraße und 15 Prozent von der Gemeinde St. Leonhard im Pitztal.

Die Bauzeit lag bei vier Monaten. Abgesehen von der Aufforstung und Begrünung des Schutzdamms, die 2023 erfolgt, setzte die WLV alle Maßnahmen zum Schutz der L16 und des Siedlungsraums zur Gänze im vergangenen Jahr um.

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AUTORRed. JS
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