Schnitzelpreis weckt Emotionen

Mit der Aussage "Das Schnitzel wird teuerer, weil der Schweinepreis gestiegen ist" gelang es der Fleischwarenindustrie kürzlich, in der Kronenzeitung eine Schlagzeile zu lancieren. Diese Argumentation erzürnt Bauern und Schlachtbranche.

Da reibt man sich als schweinehaltender Landwirt verwundert die Augen – ausgerechnet in einer Woche, in der die Schlachtschweinenotierung wiederum zum Sinkflug angesetzt hat, ist der Obmann der heimischen Fleischwarenindustrie, Karl Schmiedhuber, mit der medialen Schlagzeile vorgeprescht, dass die “Preise für Schnitzerl und Co. steigen” müssten. Begründung: Seit Jänner dieses Jahres sei der Schlachtschweinepreis um 25 Prozent gestiegen.

Unsachliche Medienaktion schadet der Branche

Bei den bäuerlichen Schweinehaltern löst diese Argumentation Aggressionen aus. Sie haben seit Herbst 2014 annähernd zwei Jahre mit desaströsen Preisen hinter sich, aufgrund derer viele Betriebe die Schweinehaltung beendet haben. Erst im Juli dieses Jahres hat sich die Situation etwas gebessert und immerhin einige Wochen zum Luftholen beschert. Dass man den Landwirten vor diesem Hintergrund in der Zeitung einen “Gewinn von zehn Euro pro Schwein” vorrechnet, grenzt an Unverfrorenheit. Wenn nun die Schweinepreise wieder auf das Niveau von Herbst 2014 gestiegen sind, hat es doch damals zumindest ebenso große Preissenkungen gegeben. Seitens der Österreichbörse bewertet Geschäftsführer Hans Schlederer den Vorgang als “unsachliche Medienaktion”, die niemanden beeindrucke. Beim ohnehin durch viele Aktionsangebote bei Frischfleisch verwöhnten Konsumenten bleibe nur die Botschaft hängen, dass Fleisch teurer werde. Dies schade der gesamten Branche. Einen Spiegel hält Schlederer der Fleischwarenindustrie auch insofern vor, als sie ihren Rohwarenbedarf “zu hohen Anteilen” bei den günstigsten Bezugsquellen decke – sprich Importe aus den europäischen Schweinefleischhochburgen in Norddeutschland, den Niederlanden oder Dänemark tätigt. Auch seitens des Vieh- und Fleischgroßhandels in der Wirtschaftskammer bewertet Bundesobmann Helmut Öller die Aktion der Fleischwarenindustrie kritisch. Öller gibt zu bedenken, dass die Landwirtepreise in den beiden zurückliegenden Jahren “ruinös” gewesen seien. Wichtig sei, junge Bauern mit verbesserten Preisen zum Weitermachen zu motivieren. Hinsichtlich der Fleischwarenindus­trie sei zu beachten, dass die Preise für Nebenprodukte wie Speck, Kleinfleisch oder Göderl sich seit 2014 mehr als halbiert haben. Auch derzeit seien die Preise in dieser für die Wursterzeuger wichtigen Warenkategorie nicht in dem Ausmaß gestiegen, wie das marktkonform wäre. Den Speck könne die Fleischwarenindustrie immer noch für höchstens 90 Cent pro Kilogramm einkaufen, Kleinfleisch koste maximal 1,70 Euro/kg.

Wurst und Schinken als Margenbringer im LEH

argenbringer im LEH Als Absicht hinter der Medienaktion vermutet Öller, dass man qualitativ hochwertige Ware aus Österreich zu deutschen Preisen einkaufen möchte. Gegenüber den Oberösterreichischen Nachrichten erklärte Börsegeschäftsführer Schlederer zu der Angelegenheit, dass die Klage der Erzeuger von Wurstwaren und Schinken sich in erster Linie nicht an die Bauern richte, sondern an die Abnehmer in den Lebensmittelketten. Es gelinge der Fleischwarenindustrie nicht, Kostensteigerungen bei Arbeitskräften, Hygiene und für Kontrollen an den Handel weiterzugeben. Demgegenüber nutzen die Supermärkte Schweinefleisch seit vielen Jahren als Lockartikel. Aktionspreise wie “Karree oder Schnitzel zum Kilopreis von 3,99 Euro” seien der Gipfel der Entwicklung. Schlederer: “Die Bauern haben nichts dagegen, wenn gesagt wird, Schweinefleisch werde unter seinem Wert verkauft.” Es habe aber keinen Sinn, die Konsumenten mit Alarmrufen zu verschrecken. Wer das Preisgefüge im Sortiment der Supermärkte aufmerksam beobachtet, kann feststellen, dass die Preise in Warenkategorien wie Wurst oder Schinkensorten bei Weitem nicht so stark gesenkt wurden bzw. Aktionen unterliegen wie etwa Frischfleisch. Gängige Schinken- und Wurstsorten halten auch in Zeiten tiefster Einkaufspreise im Endverkauf ihr Niveau von 15 bis 20 Euro pro Kilogramm. Vor allem in ihrem ureigensten Produktbereich ist die Fleischwarenindustrie somit aufgerufen, für eine sachlich gerechte Verteilung der Spannen zu kämpfen. In der Landwirtschaft würde sie dafür jedenfalls auch Sympathien und Mitstreiter finden.

Hans Maad

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