Schlagzeilen-Erfinder

Kommentar von Clemens Wieltsch,
Redakteur

Wer kennt sie nicht, die knackigen Schlagzeilen, die im Jahresrhythmus die Boulevardblätter der Republik zieren. Österreich sei „Spitzenreiter in Sachen Spritzmittelausbringung“, unsere Lebensmittel (überhaupt die konventionell erzeugten) seien vergiftet und dieser Tage entpuppte sich sogar der (importierte) Muttertagsblumenstrauß als „hochgradig belastet“. All das findet (den ausgefeilten Kommunikationsstrategien von Global 2000, WWF und Co. sei Dank) stets breite Berücksichtigung in den Gazetten.

Selten bis gar nicht bekommt der Normalverbraucher hingegen die Möglichkeit, etwas über das breit aufgestellte Rückstandsmonitoring der EU zu lesen. Dieses ist weltweit eine der größten Lebensmitteldatenbanken und für alle Mitgliedstaaten verpflichtend. Die EFSA als betreuende EU-Behörde hatte Ende April Erfreuliches zu berichten. Aus gut 11.700 im Jahr 2022 gezogenen Lebensmittelproben überschritten gerade einmal 1,6 Prozent den gesetzlich festgelegten Höchstwert. Wobei 0,9 Prozent davon wegen Messunsicherheiten als „nicht konform“ eingestuft wurden. Der Anteil an tatsächlich über ein vertretbares Maß belasteten Lebensmitteln war also gering. Und selbst diese sind noch lange nicht gesundheitsschädlich. Dies sei erst der Fall, wenn toxikologische Referenzwerte überschritten würden (welche nochmals deutlich über den legistischen Höchstmarken liegen).

Dass in den Proben der EU-Staaten die für den Biolandbau zugelassenen Kupferverbindungen die am häufigsten positiv getestete Wirkstoffgruppe war, sei hier nur am Rande erwähnt. Schließlich will niemand die blanken Nerven der Schlagzeilen-Erfinder überstrapazieren.

wieltsch@bauernzeitung.at

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