Pflanzenschutz: Immer weniger Wirkstoffe

Knapp 300 Landwirte informierten sich heuer beim OÖ. Landespflanzenschutztag online über aktuelle Themen wie Verzicht auf den Wirkstoff Glyphosat und Fungizideinsatz in Wintergerste.

Ramularia: Der „späte Sonnenbrand der Gerste“ verursacht große Ertragsverluste.

Seitens der Gesellschaft erhöht sich der Druck, chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel zu reduzieren, immer mehr. Deutschland hat vor kurzem sogar den Ausstieg aus Glyphosat beschlossen. Ständig fallen bewährte Wirkstoffe weg, hinzu kommen dagegen nur wenige neue.

Bodenschutz ohne Glyphosat: Gibt es Alternativen?

Was den Glyphosat-Ausstieg betrifft, so sieht die Gesetzesvorlage in Deutschland ein Anwendungsverbot ab 1. Jänner 2024 vor. Bis dahin soll der Einsatz in der Landwirtschaft nur noch in Ausnahmefällen erlaubt bleiben, etwa bei Problemunkräutern oder Erosionsgefahr, wenn mechanische Verfahren nicht greifen. Das Verbot steht unter dem Vorbehalt, dass auch die EU die Zulassung des Wirkstoffes ab 2023 nicht verlängert. Die Situation in Deutschland erhöht allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass es auch auf EU-Ebene zu einem Verbot kommt. „Bodenschutz ohne Glyphosat erfordert auf jeden Fall Abstriche und Kompromisse“, betonte Harald Summerer von der landwirtschaftlichen Fachschule Hollabrunn, der in seinem Vortrag über mögliche Alternativen sprach.

Den wirksamsten Bodenschutz habe man durch Verzicht der Bodenbearbeitung vor der Einsaat, sprich durch Direktsaaten oder Mulchsaaten ohne Saatbettbereitung im Frühjahr. Gut etablierte, saubere Zwischenfrucht-bestände würden jahresbedingt einen Verzicht auf Glyphosat erlauben. Ein früher Zwischenfruchtanbau ermögliche zwar mehr Biomassebildung, aber erhöhe mitunter das Risiko in gewissen Bereichen (Beikräuter, Schädlinge, Wasserkonkurrenz). Zwischenfrüchte sollten daher mit noch mehr Sorgfalt etabliert werden. Pflanzenwahl, Saatzeit, Technik und Feldhygiene gelten in diesem Bereich als größte Einflussfaktoren. „Im Zwischenfrucht- und Mulchbereitungsprozess gibt es jedenfalls Steuerungsmöglichkeiten mit einem beachtlichen Potential. Die mechanischen Maßnahmen zur Mulchbereitung und Beikrautregulierung funktionieren teilweise gut und erlauben einen Verzicht auf Glyphosat. Die jährlichen Bedingungen variieren jedoch oft beträchtlich und erfordern angepasste Strategien.“

Ramulariabekämpfung unter neuen Gesichtspunkten

Bei Getreide ist seit 2019 die Genehmigung bei zahlreichen fungiziden Wirkstoffen – darunter unter anderem auch Chlorthalonil – ausgelaufen.
Damit ist der wichtigste Baustein zur Bekämpfung der Ramularia weggefallen. Ohne den Kontaktwirkstoff Chlorthalonil stoße die Gesunderhaltung der Gerste in Anbaugebieten mit regelmäßigem Ramularia-Auftreten an ihre Grenzen. „Da bei Ramularia ein typischer Befallsaufbau mit früh erkennbaren Symptomen fehlt, ist bislang kein Bekämpfungsschwellen-Konzept möglich. Als Risikomanagement bleibt vor allem der späte Einsatz wirksamer Fungizide“, erklärte Stephan Weigand von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft.

Neben Prothioconazol, das in Bayern noch ausreichend Wirkung zeige, stehe mit Mefentrifluconazol (Revysol) ein neuer Azol-Wirkstoff mit relativ guter Ramularia-Wirkung zur Verfügung. Als Azole besitzen beide jedoch keine lange Dauerwirkung. Zudem sei mit einem Abbau ihrer Wirksamkeit in den folgenden Jahren zu rechnen. Wo Spritzfolgen nötig werden, sei ein Wechsel zwischen beiden Wirkstoffen sinnvoll. Für eine Anti-Resistenzstrategie wäre laut Weigand ein neuer Multi-site-Wirkstoff sehr wichtig: „Unsere Versuche zeigen, dass Folpet (Folpan 500 SC) ein guter, wenn auch nicht gleichwertiger Ersatz für Chlorthalonil ist.“ Eine Zulassung in der Gerste steht sowohl in Deutschland als auch in Österreich aber noch aus.

Auch gegen die anfangs leistungsfähigen SDHI(„Carboxamid“)-Wirkstoffe habe Ramularia innerhalb weniger Jahre in Bayern so hohe Resistenzgrade entwickelt, dass diese kaum noch zur Kontrolle beitragen.

Bei der bayerischen Landesanstalt beschäftigt man sich indes seit einigen Jahren auch mit Versuchen zur Prüfung biologischer Alternativen (Algenpräparate, Kaliumhydrogencarbonat, Schwefel- und Schwefel-Kupfer-Präparate) also Varianten ohne chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel, gegen pilzliche Schaderreger in Getreide. Schwefelpräparate haben in ersten Prüfungen zumindest eine begrenzte Wirkung auf Ramularia gezeigt, Algen- wie auch Kupferpräparate dagegen keine signifikante Wirkung.

- Bildquellen -

  • Ramularia Gerste 2 ID80740: agrarfoto.com
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AUTORThomas Mursch-Edlmayr
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