Klare Verhältnisse

Kommentar von Bernhard Weber,
Chefredakteur.

Ein beherrschendes Thema im Agrarbereich neben den Auswirkungen von Corona auf Absatzverluste und damit das Bauerneinkommen ist seit Wochen das Tauziehen um eine transparente, verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft von Lebensmitteln. Diese wird nicht nur von jenen Bauern gefordert, die Milch, Fleisch oder Eier erzeugen, die sich später in verarbeiteten Lebensmitteln oder Großküchen wiederfinden. Auch für Gemüse, Obst oder andere agrarische Erzeugnisse sollten eigentlich klare Verhältnisse geschaffen werden. Viele kleine Spezialitätenerzeuger, dazu Kon-
sumenten-, Umwelt- und Tierschützer, fordern die eindeutige Deklaration regionaler Rohstoffe ebenso. Und glaubt man den oft gehörten Bekenntnissen, auch die weit überwiegend Mehrzahl der Österreicher.
Der von der breiten Bevölkerung gewünschten Kennzeichnung wurde vor einem Jahr auch im Regierungsprogramm von Türkis-Grün Rechnung getragen. Nur in der politischen Umsetzung hapert es bisher gewaltig. So wie es aussieht, verfolgen einzelne Gruppierungen weiterhin eine Hinhaltetaktik. Im Gesundheitsministerium duckt man sich weg, eine Herkunftskennzeichnung wie hierzulande angedacht, verstoße vermutlich gegen EU-Recht. Ähnlich argumentiert die Lebensmittelindustrie. Klar, diese hat mit einer Pflicht-Kennzeichnung die geringste Freude, wie auch die Wirte (bei allem Verständnis für die Lockdown-Misere). Aber was ist wirklich so kompliziert daran, auf Packerln, Konserven oder Speisekarten zu schreiben, dass sich darin etwa Nudeln mit Flüssigei aus Vietnam oder (Dosen-)Fleisch aus anderen fernen Landen finden?

bernhard.weber@bauernzeitung.at

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