Mobilität, eine enden wollende Ressource

DI Mag. Ekkehard Allinger-Csollich ist Experte auf dem Gebiet der Mobilität. Er sprach im Interview über die Zukunft der Mobilität.

Mobilität
Jeder will jederzeit so schnell wie möglich überall hinkommen.

Mobilität ist eines der Hauptthemen von Forum Land im heurigen Jahr. DI Mag. Ekkehard Allinger-Csollich, Vorstand der Abteilung Mobilitätsplanung des Landes Tirol, hat hierfür bei der Jahresklausur einen Vortrag zum Spannungsfeld zwischen Mobilität und Verkehr gehalten und Ideen für einen nachhaltigeren Umgang präsentiert. Im Gespräch mit der Bauernzeitung ging er auf seinen Vortrag ein.

Herr DI Mag. Allinger-Csollich, was sind ihre Ansichten zur Mobilität?

DI Mag. Ekkehard Allinger-CsollichQuelle: Allinger-Csollich / Florian Lechner
DI Mag. Ekkehard Allinger-Csollich

ALLINGER-CSOLLICH: Mobilität ist ein unglaublich teures Gut geworden, mit dem wir sehr leichtfertig umgehen. Wir gehen davon aus, dass Mobilität jederzeit verfügbar und leistbar ist. Das stellt uns vor große Herausforderungen, etwa weil die Bevölkerung wächst, Mobilität jedoch eine Ressource ist, die man nicht grenzenlos nutzen kann. Probleme ergeben sich auch im Spannungsfeld Mobilität und Verkehr. Wir sind zwiegespalten: Wir wollen mobil sein, aber nicht dem Verkehr ausgesetzt sein. Einig sind wir uns hingegen alle in einem: Die Mobilität der Zukunft soll sauber, billig und schnell sein. Doch das ist nicht so einfach.
Wir müssen klar unterscheiden, dass Mobilität an sich kein Bedürfnis ist, sonder ein Mittel zur Erfüllung von Bedürfnissen wie Einkaufen, Arbeiten, Freizeit etc. Es hat sich einfach eingebürgert, mobil zu sein, da es billig und bequem ist.

Sind die Tirolerinnen und Tiroler mobiler geworden?

ALLINGER-CSOLLICH: Es gibt eine interessante Entwicklung, wenn man die Jahre 1850, 1950 und 2000 vergleicht: Der durchschnittliche Bürger hat 1850 jährlich zehn Kilometer zurückgelegt, 1950 waren es bereits 1.000 Kilometer jährlich. Im Jahr 2000 lag Max Mustermann bei 10.000 Kilometern pro Jahr. Wir sehen also, der Anstieg erfolgt exponentiell. Interessant ist auch, dass die Anzahl an täglichen Wegen und die Reisezeit diesselbe geblieben sind: Vier Wege legt der Durchschnittsbürger zurück und braucht dafür ca. 75 Minuten. Das war früher so und ist auch heute so. Geändert hat sich also nur die Strecke, die wir zurücklegen. Mit dem Fortschritt der Mobilität á la Auto, Zug, Bus etc. hat sich auch die Geschwindigkeit der Fortbewegung erhöht. Erhöht hat sich dadurch aber auch der Energiekonsum – und zwar ebenso exponentiell. Das stellt uns zukünftig vor ein Dilemma.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?

ALLINGER-CSOLLICH: Derzeit wird unser Verkehrssystem nur dadurch am Laufen gehalten, dass Unmengen von Energie hineingepumpt werden. In Tirol leben 750.000 Menschen, die sich in ihrer Mobilität alle unterschiedlich verhalten. Eines verbindet: Jeder will jederzeit so schnell wie möglich überall hinkommen. Leider ist dieses System wirtschaflicher nicht rentabel, da es unglaublich hohe öffentliche Zuschüsse verlangt. Von den Auswirkungen auf Luft, Lärm und Bodenverbrauch fange ich gar nicht erst an.

Die Bedingungen wurden an das Auto angepasst. Eine weitere Problematik des Systems Pkw ist die soziale Gerechtigkeit, denn im ländlichen Raum ist man oftmals auf ein Auto angewiesen – junge und ältere Personen, die über diese Mobilitätsoption nicht verfügen, können somit nicht selbstbestimmt unterwegs sein.

Gibt es eine Lösung für das Problem?

ALLINGER-CSOLLICH: Man wird Einschränkungen in Betracht ziehen müssen, denn Mobilität ist keine unendliche Ressource. Wir müssen ein nachhaltiges Verkehrssystem andenken, das unabhängig von fossilen Brennstoffen ist, finanzierbar sowie klima- und umweltfreundlich. Was ein jeder anwenden kann, ist die 3-V-Regel: Vermeidung, Verlagerung und Verbesserung. Erster Ansatz ist die Vermeidung: Wo es geht, müssen wir Wege einsparen. Unter anderem geht das, indem wir im Homeoffice arbeiten. Aber auch der Einkauf von Produkten aus der Region statt Weitgereistem trägt etwas bei. In puncto Verlagerung müssen wir auf öffentliche Verkehrsmittel, Fahrräder und die eigenen Beine setzen. Es gibt im Bereich der Öffis viele attraktive Angebote, beispielsweise das Klimaticket. Aber auch Fahrgemeinschaften und Car-Sharing können viel verändern. Zuletzt die Verbesserung: Langfristig müssen wir auf umweltfreundlichere und nachhaltigere Verkehrsmittel setzen. Klar muss aber sein, dass nur durch die Dekarbonisierung und den Austausch der Motoren in unseren Fahrzeugen keine Probleme gelöst werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

- Bildquellen -

  • Porträt: Allinger-Csollich / Florian Lechner
  • Mobilität: Adobe Stock
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AUTORHannah Pixner
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