Mercosur: Offensichtlich noch keine Rechtsgrundlage

Das Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten bleibt umstritten. Wie aus Kommissionskreisen zu vernehmen ist, soll die Festlegung der rechtlichen Grundlage für die Ratifizierung des Mercosur-Übereinkommens erst nach der Beurteilung des Vertragsinhalts stattfinden. 

Wie der Agrarpressedienst AgraEurope berichtet steht die Frage im Raum, ob die Kommission das Abkommen als reines Handelsabkommen oder als soge­nanntes gemischtes Abkommen – sofern der Vertragstext etwa Fragen zum Investitionsschutz und zur alleinigen Kompetenz der Mitgliedsländer enthält – einstuft. Im zweiten Fall müssten die nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten dem Vertrag grünes Licht erteilen; dies wäre mit einem Veto-Recht gleichzusetzen.

Bisher wurde allgemein von einem gemischten Abkommen ausgegangen. Beobachter sehen darin aber weniger Chancen auf eine erfolgreiche Ratifizierung. Frankreich, Polen sowie Irland und Österreich sehen das Freihandelsabkommen nach wie vor äußerst kritisch. Dass Portugal, wie berichtet, in der Zeit seines Ratvorsitzes die Ratifizierung mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten vorantreiben möchte, sorgte zuletzt zusätzlich für Unruhe. Hintergrund ist, dass die rechtliche Aus­arbeitung der im Juni 2019 vorläufig getroffenen Übereinkunft aufgrund der Haltung der brasilianischen Regierung bei den Amazonasbränden zwischenzeitlich auf Eis lag. 

Green Deal-Ambitionen sorgen für breite Ablehnung

Die europäische Agrarwirtschaft lehnt das Abkommen in seiner derzeitigen Form weiter klar ab. Für die EU-Ausschüsse der Bau­ernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA), die Vereinigungen der Europäischen Geflügelverarbeiter und -händ­ler (AVEC) sowie der Europäischen Rübenanbauer (CLBE) ist die getroffene Mercosur-Handelsübereinkunft zu einer Zeit, in der die EU-Landwirte Lösungen für die Umsetzung der Ziel­vorgaben des Green Deal suchen müssten, “schlicht inakzeptabel”.

Es gebe drei Hauptgründe, die dagegen sprächen. Erstens sei das Landwirtschaftskapitel im Vertragstext vor allem in Bezug auf bereits anfällige Sektoren „unausgewogen”. Zweitens warnen die Verbände vor schwerwiegenden Auswirkungen für die EU-Landwirtschaft bei einer Umsetzung aller bereits unterzeichneten sowie noch angestrebten Handelsab­kommen. Beispielswiese könne gemäß dieser Übereinkunft aus dem Mercosur jährlich eine Geflügelfleisch­menge in die EU geliefert werden, die der Erzeugung von Däne­mark, Finnland und Schweden zusammengenommen entspreche.

Drittens  benachteilige das Abkom­men aufgrund von Doppelstandards die EU-Landwirtschaft eindeutig im Wettbewerb. Bemerkbar mache sich das etwa am Zuckersektor. Aufgrund des Abkom­mens würde die EU Zucker und Ethanol importieren – Produkte, die in Südamerika „in krassem Gegensatz” zu den hiesigen Pro­duktionsweisen erzeugt würden. Laut CIBE sind nämlich in Brasilien 27 Herbizide und Insektizide zugelassen, die in der EU verboten sind. Vor dem Hintergrund der in der Farm-to-­Fork-Strategie genannten Ziele seien solche ungleichen Wettbewerbsbedingungen nicht nachvollziehbar.

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AUTORAgE/red.V.S.
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