Schnee und zudem tiefe Temperaturen weit unter Null Grad Celsius? Für die meisten Nutztiere, allen voran Rinder, Schweine oder Pferde, aber auch Schafe, Ziegen und sogar Hühner, ist das kein Problem. Sie genießen gerade die Wintertage gerne im Freien, allerdings nicht bei nasskaltem Wetter.

Ein klirrender Wintertag, über Nacht sind 20 cm Neuschnee gefallen. Die Kühe scheint das nicht weiter zu interessieren. Sie fühlen sich im Auslaufbereich ihres Laufstalles wohl im pulvrigen Weiß und vollführen den einen oder anderen Bocksprung. Manche erwecken den Eindruck, als würden sie bei tiefen Temperaturen zu Hochform auflaufen. Und tatsächlich bevorzugen Kühe die kalte Jahreszeit.

„Wenn sich Nutztiere vor der Witterung schützen können, gesund und gut ernährt sind, können sie grundsätzlich das ganze Jahr über draußen bleiben“, sagt Nina Keil vom Zentrum für tiergerechte Haltung des Schweizer Kompetenzzentrums für Landwirtschaft Agroscope. „Bleiben die Tiere im Winter für einige Stunden draußen und können dann wieder zurück in den Stall, funktioniert die Haltung im Freien grundsätzlich für alle Tierarten problemlos. Auch bei sehr kalten Temperaturen“, meint auch Cesare Sciarra, Leiter des Kompetenzzentrums Nutztiere beim Schweizer Tierschutz (STS). Einzig beim Geflügel sei das ein bisschen anders, sagt Sciarra, da dieses ursprünglich aus einer anderen, wärmeren Klimazone stamme.

Auch Speckschicht schützt

Trotzdem können auch Rinder oder Schweine frieren. Und zwar dann, wenn sie mehr Körperwärme abgeben, als sie erzeugen können. „Das nennt man Kältestress. Er lässt sich am Verhalten erkennen, wie etwa am Kältezittern oder am aufgestellten Fell. Kältegestresste Tiere stehen mit aufgewölbtem Rücken und vermeiden das Liegen auf nassem Boden“, sagt Nina Keil. Das sei vor allem dann der Fall, wenn zur Kälte Nässe hinzukomme. Handelt es sich um eine trockene Kälte, sind die meisten unserer Nutztiere sehr kälteresistent. „Auch Schweine, obwohl ihnen ein entsprechendes Fell fehlt. Sie kompensieren sehr vieles durch angepasste Verhaltensweisen“, weiß Cesare Sciarra, der sich intensiv mit dem Verhalten von Freilandschweinen befasst hat.

Die Schweine seien zudem durch ihre dicke Fettschicht recht gut isoliert. „Schweine sind Langschläfer, sie gehen also erst um zehn oder elf Uhr am Morgen zum ersten Mal aus ihrer Hütte und drehen eine erste Runde. Sobald es ihnen zu kalt wird, gehen sie wieder zurück in die Hütte und legen sich in Gruppen zusammen, um sich gegenseitig zu wärmen,“ hat Sciarra vielfach beobachtet. Wichtig sei, nicht nur bei Schweinen, sondern auch allen anderen Tierarten, dass im Unterstand ausreichend trockene Einstreu vorhanden sei, betont er. „Erst recht, wenn Jungtiere dabei sind.“

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Schweine: Je nach Alter hat das Borstenvieh ganz unterschiedliche Ansprüche an die Temperatur.
Schutz vor Nässe ist zentral

Dasselbe betont auch Nina Keil: „Ein guter Witterungsschutz bietet einen trockenen, windgeschützten und eingestreuten Liegebereich. Es müssen alle Tiere einer Herde gleichzeitig liegen können.“ Für Rinder, Pferde, Schafe und Ziegen sei ein ausreichend großer, dreiseitig geschlossener Unterstand mit dicker Stroheinstreu ideal. Schweine hingegen seien kälteempfindlicher als Kühe. Laut Keil benötigen sie rundum geschlossene Liegehütten „mit einer dicken Schicht Stroh, in das sie sich eingraben können. Dann können auch schon etwas größere Ferkel bei Kälte draußen gehalten werden.“ Wichtig sei bei Schweinen, dass sich die Wärme in den Hütten speichern könne. So könne Schweinehaltung im Freien gut funktionieren. Dasselbe gelte für Kälberiglus. Gerade in den ersten Lebenstagen sei es wichtig, dass die Kälber in den Iglus Schutz vor Kälte, Wind und Nässe finden, sagt Sciarra. Tiefe, trockene Einstreu sei dabei zentral.

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Hühner: Ihnen fehlt ein wärmendes Wintergefieder, ihr Körper verliert im Freien Unmengen an Wärme.
Große Tiere sind resistenter

Nicht für alle Nutztierarten gelten also dieselben Voraussetzungen für eine Auslaufhaltung im Freien bei kalten Temperaturen. Grundsätzlich seien größere Arten wie Pferde oder Rinder besser an die Kälte angepasst als kleinere wie Schafe oder Ziegen, so Keil. Und Tierarten mit viel Fell oder einer ausgeprägten Unterwolle, wie dies bei Rindern, Pferden oder Schafen der Fall ist, vertragen Kälte besser als Tiere ohne Fell wie Schweine oder mit Fell, das kaum Unterwolle aufweist, wie Ziegen.

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Schafe sind relativ kälteresistent und kommen im Winter mit Temperaturen um die 0°C und darunter zurecht.
Milchkühe lieben die Kälte

Ein großer Unterschied bestehe auch zwischen Mutter- und Milchkühen. Sciarra: „Laktierende Milchkühe produzieren sehr viel Wärme. Je mehr Milch sie produzieren, desto mehr Wärme entsteht dabei, weil das Euter entsprechend stark durchblutet ist.“ Milchkühe hätten deshalb im Winter kaum Probleme mit der Kälte, ganz im Gegenteil. „Eine Milchkuh, die viel Milch produziert, kann mit Temperaturen von bis zu minus 20 Grad problemlos umgehen. Sie nimmt dies kaum zur Kenntnis.“ Im Winter das größte Problem sei vielmehr die Nässe. Wird die Haut der Tiere nass und weht dazu ein starker Wind, wird dem Körper der Tiere viel mehr Wärme entzogen, als wenn die Haut trocken ist und es windstill ist. „Darum ist es bei tiefen Temperaturen entscheidend, dass die Tiere nicht bis auf die Haut nass werden und sich dem Wind entziehen können“, betont Nina Keil.

Die Tiere wissen selbst am besten, wann es an der Zeit ist, einen Witterungsschutz aufzusuchen. Deshalb muss bei extremer Witterung, wenn die Tiere dauernd draußen gehalten werden, ein solcher zwingend vorhanden sein. Sciarra: „Werden die Tiere unter solchen Bedingungen nicht eingestallt, so muss ein geeigneter natürlicher oder künstlicher Schutz zur Verfügung stehen, der allen Tieren gleichzeitig Platz und Schutz vor Nässe und Wind sowie starker Sonneneinstrahlung bietet. Es muss ein trockener Liegeplatz vorhanden sein.“

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Kühe: Selbst viel Schnee und tiefe Temperaturen lässt das Rindvieh an der frischen Luft zumeist eher kalt.
Jungtiere sind sehr anfällig

Wichtig sei auch zu beachten, dass Jungtiere anfälliger für Kältestress seien als ausgewachsene Tiere. „Tiere kommen mit wenig Körperreserven und relativ feinem Fell zur Welt. Je älter sie werden und je besser genährt sie sind, desto mehr Kälte können sie vertragen“, sagt Nina Keil. Dabei habe Kältestress mit dem Immunsystem an sich nichts zu tun. Aufgrund eines noch nicht ausgereiften Immunsystems seien Jungtiere jedoch anfällig für Krankheiten. Dasselbe gelte auch für kranke Tiere. „Sie ertragen Kältestress schlechter als gesunde und sollten daher besser im Stall bleiben.“ Und für hochträchtige Tiere: Denn im Fall des Falles sind deren Neugeborene sehr anfällig für Kältestress.


Ann Schärer, Agrarjournalistin und Redakteurin am FiBL in der Schweiz

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AUTORAnn Schärer
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