Von „Eco“ über „Omega“ bis „Power“ – die Pflanzenschutzmittelhersteller sind bei der Benennung ihrer neuen Kombipackungen zur Unkrautregulierung in Mais recht erfinderisch. In Summe zehn solcher Kombiprodukte sind heuer neu am Markt. Die Namensgebung soll dem Landwirt „Sicherheit“ vermitteln.
Ist die Unkrautbekämpfung im Maisbau damit eine so einfache Sache geworden, indem man einfach alle Komponenten laut Anwendungshinweisen bzw. Indikationen in den Spritztank füllt und losfährt? Sicher nicht! Schaut man sich nämlich diese neuen Produkte näher an, so zeigt sich, dass sie zwar in Summe aus 26 Einzelprodukten bestehen, diese aber wiederum nur elf „alte“ Wirkstoffe als Grundlage haben. Somit ist also das Adjektiv „neu“, wie auch schon in den letzten Jahren, nur auf die Handelsbezeichnungen beschränkt (siehe Tabelle).
Generika versus Originalprodukt
Sechs dieser zehn neuen Kombipackungen enthalten die Wirkstoffe Nicosulfuron und Mesotrione, dazu kommt noch ein weiteres Präparat mit Bodenwirkung für später auflaufende Ungräser bzw. Unkräuter (siehe Tabelle). Zu beachten ist, dass es sich bei den beiden genannten Wirkstoffen vielfach um Generikaprodukte handelt. Hier stellt sich die Frage, ob diese Nachbauten den Originalen ebenbürtig sind? Immer wieder werden als „neu“ angepriesene Kombipackungen einfach auf dem grünen Tisch geboren. Das betreffende Mittel hat noch nie ein Maisfeld und dessen Verunkrautung „in Natura“ gesehen. Wie gut die Formulierung ist und wie verträglich bzw. wirksam das Mittel ist, darüber liegen keine Praxiserfahrungen vor. Selbstverständlich darf man nicht von vornherein alles negativ sehen. Es kann ja durchaus sein – und davon wird gehen wir auch aus –, dass das Produkt sicher gleichwertig, eventuell sogar um den Deut besser ist als das Originalprodukt. Aber das Versuchskaninchen, um das in der Praxis auszutesten, ist wieder einmal der Landwirt. Wer als Generika-Produzent/Lieferant z. B. in Polen oder in Indien sitzt und in Österreich keine Praxisversuche durchführen muss bzw. will, der kann natürlich preisgünstiger anbieten.
Behandlungsziel ist wichtiger als Hektarkosten
Sicher sind die Hektarkosten ein wichtiger Entscheidungsgrund zur Auswahl der Produkte. Doch als Anwender bin ich besser beraten, wenn ich zuerst die Anforderung an mein Maisherbizid von der fachlichen Seite her definiere. Grundsätzlich ist bei den zur Verfügung stehenden Varianten von einer guten Wirkung gegen allgemeine Verunkrautung auszugehen, im Endeffekt bestimmen aber einige wesentliche Parameter, ob eine im Einzelfall gewählte Variante die gewünschte Wirkung bringt. Folgende Fragen sollte jeder Anwender bei der Wahl der Maisherbizide berücksichtigen:
• Bodenwirkung – ja oder nein?
• Wirkung gegen Distel und/oder Ackerwinde erforderlich?
• Wirkung gegen Flughafer und/oder Quecke erforderlich?
• Sind Problemunkräuter zu behandeln, wie z. B. Beinwell, Erdmandelgras u.a.?
Auf ein Bodenherbizid sollte man nicht verzichten
Grundsätzlich sollte man auf ein Bodenherbizid nicht verzichten. Das gilt auch im Trockengebiet, denn die Bodenherbizide unterstützen auch hier die Gesamtwirkung. „Spielen“ kann man hier aber sehr wohl mit reduzierten Aufwandmengen. Hier offenbart sich auch ein Nachteil der fertigen Kombipackungen, denn mit ihnen geht diese Flexibilität verloren. Man könnte zwar Restmengen für das nächste Jahr aufbehalten, wenn man dann aber wieder eine Kombipackung kauft, geht das Ganze von vorne los. Fast alle bodenaktiven Produkte (Dual Gold, Gardogold, Spectrum, Successor 600 und Successor T) sind auch als Soloprodukte erhältlich.
Klassischer Nachauflauf im Trockengebiet
Im Trockengebiet ist als Behandlungstermin meiner Erfahrung nach der klassische Nachauflauf (ab Vier-Blattstadium Mais) zu bevorzugen. Gegenüber dem frühen Nachauflauf ist hier keine so lange Bodenwirkung mehr erforderlich. Empfehlenswert sind hier Produkte wie Laudis Plus oder Maister Power, welche eine kurze Bodenwirkung bereits mitbringen. Alternativ könnte man auch mit den Aufwandmengen der Bodenpartner spielen, welche als Soloprodukte am Markt sind (siehe oben). Einzusetzen wären sie als Tankmischpartner zu rein blattaktiven Produkten, wie z. B. Arrigo, Arrat (Mais-)Pack, Auxo, Capreno, Elumis P, Fornet (Casper-)Pack, oder Laudis. Damit können sehr kostengünstige Kombinationen zusammengestellt werden.
Früher Nachauflauf im Feuchtgebiet
Im sogenannten „Feuchtgebiet“ kommt die Bodenwirkung voll zum Tragen, fast alle Kombipackungen in ihren empfohlenen Aufwandmengen sind darauf abgestimmt. Ein Termin, der sich allgemein sehr gut zur Behandlung bewährt hat, ist der frühe Nachauflauf im Zwei- bis Drei- (Vier-) Blattstadium des Maises. Je früher die Unkrautkonkurrenz ausgeschaltet ist, umso besser ist dies für die Jugendentwicklung der Kultur. Dieser frühe Einsatz erfordert dann aber Produkte bzw. Tankmischungen mit länger anhaltender Bodenwirkung. Dazu zählen beispielsweise Laudis+Aspect pro, Elumis P-Dual Gold Pack, Diego M oder eben eine der neuen Kombipackung aus der Übersichtstabelle (natürlich mit (!) Bodenpartner).
Auch der Wirkstoff Terbuthylazin ist immer wieder ein Thema. Meiner Meinung nach ist dieser Wirkstoff weiterhin dort empfehlenswert, wo sein Einsatz erlaubt ist (außerhalb von Wasserschutz- und Schongebieten). Auch im Hinblick darauf, dass gerade dem Wirkstoff Mesotrione ein „Scharfmacher“ guttut. Da sind zwei Wirkstoffe gut bzw. sehr gut – Terbuthylazin und weiters noch Pyridate (im Soloprodukt Onyx enthalten).
Wirkung gegen Distel und/oder Ackerwinde
Gegen Ackerwinde helfen wirklich zufriedenstellend nur folgende Wirkstoffe:
• Dicamba (enthalten in den Soloprodukten Maisbanvel WG oder Dicamba flüssig bzw. in den Kombiprodukten Arrat, Casper und Hector max), und
• Prosulfuron (enthalten in den Mitteln Peak oder Casper).
Gegen Ackerdistel hat zwar der Wirkstoff Tembotrione (Auxo, Laudis) eine relativ gute Wirkung; bei starkem Disteldruck empfehlen wir aber einen Zusatz von Maisbanvel WG mit 150 g/ha. Anbieten würde sich für 2017 auch der Zusatz von Dicamba flüssig mit 200 ml/ha – hier gilt aber, was schon über Generikaprodukte angeführt wurde: Diese Mischung wurde in der Praxis sicher noch nicht getestet. Die gegen Ackerwinde erwähnten Produkte wirken natürlich ebenfalls gegen Ackerdistel.
Wirkung gegen Flughafer und/oder Quecke
Eine Grundwirkung gegen Flughafer erreicht man durch den Einsatz des Wirkstoffes Tembotrione. Bei starkem Flughaferdruck ist man aber mit einem Wirkstoff aus der Gruppe der Sulfonylharnstoffe besser beraten.
Gegen das Problemungras Quecke funktionieren ohnehin nur die Sulfonylharnstoffe einigermaßen gut. Es ist aber zu beachten, dass die besten Wirkungsgrade im Drei- bis Fünf-Blattstadium der Quecke zu erzielen sind, dennoch wird die Wirkung gegen Quecke immer schwächer sein als beispielsweise gegen Hirsen. Auch gegen Johnsongras (Wilde Mohrenhirse) sind Sulfonylharnstoffe die einzige Waffe.
Beinwell, Huflattich und andere Problemunkräuter
Gegen diverse Problemunkräuter (Beinwell, Huflattich, Topinambur u. a.) hat sich in der Praxis in den letzten Jahren der Fornet Casper-Maispack sehr gut bewährt. Auch hier ist aber zu sagen, dass die Unkräuter in den meisten Fällen nicht vollständig zum Absterben kommen; oft vegetieren sie nach der Behandlung eher kraftlos dahin. Die Wirkung reicht somit aus, um sie einigermaßen gut zu unterdrücken, sodass im Behandlungsjahr kein größerer Schaden entsteht. Ein eigenes Thema – vor allem in Südösterreich – ist mittlerweile die starke Ausbreitung des Erdmandelgrases (Cyperus esculentus). Dieses Gras vermehrt sich durch massive Rhizom-Bildung. Eine Mutterknolle kann pro Jahr bis zu 200 Rhizome bilden, die dann im Bestand zusätzlich durch Maschinen und Geräte verbreitet werden. Aufgrund dieser Massenvermehrung ist das schon von Natur aus sehr robuste Ungras besonders schwer bekämpfbar. Die bisherige Praxis von 1,5 l/ha Calaris war zwar wirksam, aber nicht ausreichend. Eine zweite Behandlung wäre erforderlich, dafür ist das Produkt aber nicht zugelassen (nur eine Anwendung pro Kultur und Jahr erlaubt).
Strategien gegen das Erdmandelgras
Erfolgversprechender für 2017 ist folgende Strategie:
• Die erste Behandlung mit 0,5 l/ha Onyx + 1 l/ha Temsa SC + 2,5 l/ha Successor T (= Onyx Komplett Maispack) zusätzlich ergänzt um nochmals 0,25 l Onyx. Die zweite Behandlung, zehn bis 14 Tage später, wird dann nochmals mit 0,75 l/ha Onyx + 1 l/ha eines reinen Mesotrione-Produkts durchgeführt.
Achtung (!): Jedes Mesotrione-Produkt darf laut Zulassung/Anwendungsbestimmungen nur einmal pro Kultur und Jahr eingesetzt werden. Das heißt, für die zweite Behandlung ist Starship oder Callisto zu verwenden, denn diese beiden sind die einzigen Soloprodukte am Markt. Alle anderen Mesotrione-Produkte sind nur in Kombipackungen erhältlich.
Resistente Hühnerhirse breitet sich aus
Eine weitere Besonderheit, derzeit noch eher beschränkt auf die Maisflächen im Süden Österreichs, kommt seit einigen Jahren immer stärker zu Vorschein – die Verbreitung von Hühnerhirse mit Resistenz bzw. geringer Sensitivität gegen Sulfonylharnstoffe (HRAC-Gruppe B; wissenschaftlich ausgedrückt handelt es sich um eine ALS-Resistenz). Somit ist gegen diese Hirseformen mit Sulfonylharnstoffen keine ausreichende Wirkung mehr zu erzielen. Die Herausforderung dabei ist, dass sich diese resistenten Genotypen sehr rasch herausbilden können. Auch in Gebieten oder auf Flächen, wo in den Vorjahren Sulfonylharnstoffe noch voll gewirkt haben, könnte dies heuer nicht mehr der Fall sein. Diesbezügliche Vorhersagen sind leider nicht möglich.
Wo das Problem resistenter Hühnerhirse bereits aufgetreten ist, ist nur mehr der Einsatz von Bodenwirkstoffen, oder Wirkstoffen aus der Gruppe der Triketone (Mesotrione ++(+); Tembotrione +++) zielführend. Nicht bekämpfbar ist damit allerdings die Glattblättrige Hirse ( Panicum laevifolium). Gegen diese Hirseart sind wiederum Sulfonylharnstoffe und Bodenherbizide einzusetzen oder eben eine Tankmischung aus beiden.
Meist drei oder mehr Wirkstoffe in Kombination
Zur erfolgreichen Unkrautbekämpfung im Maisbau stehen derzeit noch ausreichend Wirkstoffe zur Verfügung. Mit weniger als drei verschiedenen Wirkstoffen (bzw. HRAC-Gruppen) ist meist aber nicht das Auslangen zu finden – einerseits durch die Anforderung der Verunkrautung, andererseits natürlich auch im Hinblick auf Resistenzvorbeugung (siehe dazu auch BauernZeitung 13/2016). Nochmals sei darauf hingewiesen, dass das Maisherbizid nach Unkrautbesatz und Wirkmechanismus zu wählen ist. Die oft angestrebte „Reduktion der Betriebsmittelkosten“ besteht eben nicht darin, für eine um sechs Euro günstigere Fünfhektarpackung 30 km Wegstrecke in Kauf zu nehmen, sie besteht darin, das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt sachgerecht anzuwenden.
Kurt Graf, RWA AG, Pflanzenschutz