Immer wieder tauchen Forderungen auf, den Wald großflächiger außer Nutzung zu stellen. Dabei wird übersehen: Nachhaltige Forstwirtschaft ist ein wesentliches Werkzeug im Kampf gegen den Klimawandel und Garant für regionale Wertschöpfung.

Österreich hat ein besonderes Kapital: seine Wälder. Laut Waldinventur 2016 bis 2018 gibt es hierzulande etwas mehr als 4 Mio. Hektar Wald, was rund 48 % der Gesamtfläche entspricht. Und er wird jedes Jahr mehr. Die Aufzeichnungen seit 1961 zeigen eine Zunahme um mehr als 300.000 ha, was etwa der Fläche von Vorarlberg und Wien zusammen entspricht. Gleichzeitig hat sich der Holzvorrat zwischen 1961 und 2018 um gut 50 % erhöht und liegt nun bei 1.173 Mio. Vorratsfestmetern. Die Zahlen machen klar: Es wird schon lange weniger genutzt als nachwächst, von einer Übernutzung sind wir meilenweit entfernt.

Holz als Klimaretter?

In Österreich gibt es nur mehr sehr kleine Reste von Urwäldern. Wer solche schon betreten konnte oder gar innerhalb eines Forschungsprojekts in einem solchem unbewirtschafteten Wald mit alten Baumriesen arbeiten durfte, weiß um den Wert dieser Flächen. Doch macht es Sinn, wie manche fordern, hierzulande größere Flächen außer Nutzung zu stellen? Aus Sicht des Klimawandels, aber auch der heimischen regionalen Wertschöpfung (siehe Infokasten) ist das schwer zu argumentieren. Denn während der Wald einerseits stark unter dem Erderwärmung leidet, man denke etwa an die vermehrten Borkenkäferschäden der unter Hitze und Trockenheit leidenden Fichte, ist dessen Holznutzung ein wesentlicher Schlüsselfaktor, um den vom Menschen gemachten Klimawandel einzubremsen. Denn in einem unbewirtschafteten Wald fallen die alten Bäume irgendwann um, und das im Holz gespeicherte Treibhasgas CO2 wird durch dessen Zersetzung wieder frei. Anders ist es, wenn das Holz entnommen und verbaut wird. „In einem Kubikmeter Holz ist rund eine Tonne CO2 gespeichert. Noch einmal dieselbe Menge fossiler Emissionen wird erst gar nicht erzeugt, wenn man fossil basierte Produkte durch Holz ersetzt. Dieser „Substitutionseffekt“ muss von der Politik berücksichtigt und das große Rohstoffpotenzial der Wälder genutzt werden“, so Johannes Wohlmacher, Präsident des Österreichischen Forstvereins.

Mehr Holzbau

Eine weltweite Rückkehr zum Holzbau zur Bekämpfung der Klimakrise forderte gar Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber im Rahmen der heurigen Webkonferenz „Wald.Holz.Energie“ des Österreichischen Biomasse-Verbandes (ÖBMV). Rund 40 % des Ausstoßes von Treibhausgasen sollen derzeit durch Errichtung und Betrieb von Gebäuden sowie der Infrastruktur entstehen. „Der Gebäudesektor ist der Elefant im Klimaraum. Die Rückkehr zum Holzbau ist der wichtigste Beitrag gegen die Erderwärmung“, erklärte Schellnhuber, der auch Berater von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen bei der Initiative „Neues Europäisches Bauhaus“ ist. „Wenn wir die Waldzerstörung stoppen, großflächig aufforsten und mit Holz statt Beton bauen, wird der Bausektor vom Klimasünder zum Klimafreund“, ist Schellnhuber überzeugt.

Holzbauoffensive ist ein Bioenergieturbo

Biogene Energieträger leisten mit rund 55 Prozent den weitaus größten Beitrag zu den erneuerbaren Energien. Nutzholz und energetische Nutzung schließen einander dabei nicht aus. Ganz im Gegenteil: „Eine Holzbauoffensive ist ein Bioenergieturbo“, so Christoph Pfemeter, ÖBMV-Geschäftsführer. „Pro Kubikmeter verbautes Holz fallen etwa 6 Kubikmeter Nebenprodukte an, die auch energetisch verwertet werden können.“ Der mit dem Klimawandel einhergehende Waldumbau zu mehr Laubholz führe auch zu höheren Bioenergiemengen, da derzeit Laubholz zu 70 % energetisch genutzt werde, während dieser Anteil bei Nadelholz nur 20 % betrage.

Ein wichtiges Schlagwort ist auch kaskadische Nutzung. So kann verbautes Holz am Ende der Lebenszeit des Objekts noch einmal energetisch genützt werden. ÖBMV-Präsident Franz Titschenbacher betont zudem den Beitrag der Bioenergie zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung: „Noch vor wenigen Jahren gab es kaum Nachfrage für schlechte Holzqualitäten, große Mengen an Holz aus der Waldpflege und Holzernte sind ungenutzt im Wald verrottet, mittlerweile versorgen wir mit diesen Brennstoffen einen großen Teil der Bevölkerung mit nachhaltiger Energie.“


Wald in Zahlen: Anlässlich des Internationalen Tages des Waldes hat heuer Ministerin Elisabeth Köstinger Studien von WIFO und Economica vorgestellt. Demnach erwirtschaften die Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft hierzulande eine direkte Bruttowertschöpfung von 11,3 Mrd. Euro und stehen damit für einen Anteil von 3,2 Prozent der gesamten österreichischen Wirtschaftsleistung. Über das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk wird gar eine Bruttowertschöpfung von über 20 Mrd. Euro erreicht. Die Forst- und Holzwirtschaft sichert 300.000 Jobs. Eine Reduktion der Holzeinschlagsmenge von nur 10 Prozent hätte weitreichende Folgen: 15.420 Jobs in der Forst- und Holzwirtschaft wären unmittelbar gefährdet, hinzu kämen weitere 10.760 Arbeitsplätze in den Zulieferbetrieben. Eine Million zusätzlich geerntete Festmeter Holz und Verwendung dieser im Bauwesen, ergäbe andererseits 80 Mio. Euro mehr an Wertschöpfung und 1.400 Arbeitsplätze mehr in Österreich.


Nachhaltige Waldwirtschaft gibt’s seit 160 Jahren

Seit schon fast 160 Jahren wird hierzulande gesetzmäßig nachhaltige Waldwirtschaft betrieben. Wie auf der Webseite von proHolz Austria nachzulesen ist, wurde mit „kaiserlichem Patente“ vom 3. Dezember 1852 und der Wirksamkeit mit 1. Jänner 1853 für die österreichischen Kronländer ein neues, umfassendes Forstgesetz erlassen.
Das heute gültige Forstgesetz 1975 schreibt schon im ersten Paragraphen fest, dass Wald mit seinen Wirkungen auf den Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen eine wesentliche Grundlage für die ökologische, ökonomische und soziale Entwicklung Österreichs ist; ebenso wie, dass seine „nachhaltige Bewirtschaftung, Pflege und sein Schutz“ Grundlage für seine vier Funktionen sind: die Nutz-, Schutz, Wohlfahrts- und Erholungswirkung.

Unter Nutzwirkung wird dabei insbesondere die Holzproduktion verstanden. Die Schutzwirkung ist v.a. der Schutz vor Elementargefahren und schädigenden Umwelteinflüssen sowie die Erhaltung der Bodenkraft gegen Bodenabschwemmung und -verwehung, Geröllbildung und Hangrutschung. Die Wohlfahrtswirkung bezieht sich primär auf den ausgleichenden Effekt des Waldes auf Klima und Wasserhaushalt sowie auf die Reinigung und Erneuerung von Luft und Wasser. Die Erholungswirkung ist schließlich für Waldbesucher/Touristen wichtig.

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AUTORMichael Stockinger
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