Einige positive Ansätze, aber auch viele Kritikpunkte sieht Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger in den heute, Freitag, von der EU-Kommission vorgelegten Gesetzesvorschlägen zur EU-Agrarpolitik (GAP) nach 2020. Wie Köstinger unmittelbar nach der Präsentation der Vorschläge durch EU-Agrarkommissar Phil Hogan vor Journalisten in Wien sagte, würde jedenfalls auf die Mitgliedsstaaten und das Europa-Parlament noch viel Arbeit zukommen: „Die große Lösung ist im Kommissionsvorschlag nicht drinnen. Die Mitgliedsstaaten werden da gemeinsam mit dem Europa-Parlament noch verbessern müssen.“ Denn eines sei klar: „Mehr Leistung für weniger Geld wird es nicht geben.“
Kritik übte die Landwirtschaftsministerin daher vor allem auch an der geplanten Mittelkürzung. So sehe etwa der Vorschlag der Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 eine Dotierung der Ländlichen Entwicklung von 78,8 Mrd. Euro vor. Das entspricht einem Minus über alle Mitgliedsstaaten von 15,25 Prozent. Köstinger: „Bei der Ländlichen Entwicklung steht in Österreich ein Verlust von 82 Mio. Euro an EU-Mitteln pro Jahr im Raum. Dies ist ein echter Angriff auf den Umweltschutz, die bäuerlichen Familienbetriebe und den ländlichen Raum. Hier erwarten wir uns deutliche Nachschärfungen.“ Als Verbündeten sieht Köstinger hier das Europa-Parlament, das sich ebenfalls bereits gegen Mittelkürzungen ausgesprochen hat.
Köstinger kritisierte zudem, dass künftig bei der Deckelung der Direktzahlungen auf 100.000 Euro pro Betrieb auch das sogenannte „Greening“ miteingerechnet werden soll. Auch wenn Österreich aufgrund seiner kleinen Betriebsstruktur davon nicht so stark betroffen sei, würden dadurch – EU-weit betrachtet – Umweltmaßnahmen noch unattraktiver werden, sagte die Ministerin.
Grundsätzlich will sich die Ministerin aber der Diskussion um Förderobergrenzen in Europa nicht verschließen. „Jede Bemühung in Richtung Förderobergrenzen sehe ich sehr positiv. Unsere österreichischen Bäuerinnen und Bauern gehören im europäischen Vergleich zu den Kleinstbetrieben und daher müssen wir die Debatte europaweit führen. Nicht die Agrarfabriken, sondern die bäuerlichen Familienbetriebe sollen das Agrarmodell der Zukunft auch in Europa sein. Das von Kommissar Hogan präsentierte Modell mit der schrittweisen Reduktion sehe ich als gute Ausgangsbasis für die Verhandlungen“, so Köstinger. Die österreichische Landwirtschaft ist im europäischen Vergleich kleinstrukturiert. Ein durchschnittlicher Betrieb in Österreich hat 20 Hektar, in Deutschland am Beispiel Mecklenburg-Vorpommern rund 270 Hektar.
Positiv sieht die Landwirtschaftsministerin, dass den einzelnen EU-Mitgliedsländern mehr nationale Gestaltungsspielräume bei der Ausgestaltung der GAP eröffnet werden, zumal eines der wichtigsten österreichischen Themen die Entlastung der bäuerlichen Betriebe von der Bürokratie sei. „Der Bürokratieabbau kann durch Subsidiarität leichter erreicht werden“, zeigte sich Köstinger überzeugt, wenngleich man aufpassen müsse, dass es nicht zu weiteren Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedsstaaten komme.
Nun gelte es, die Kommissionsvorschläge im Detail zu bewerten. Köstinger erwartet jedenfalls harte Verhandlungen über die GAP ab 2021 und deren Finanzierung. Diese werden in der mit 1. Juli 2018 beginnenden österreichischen Ratspräsidentschaft so richtig Fahrt aufnehmen. Ihr Ziel sei, bis zum heurigen Dezember eine gemeinsame Positionierung der EU-Mitgliedsstaaten auf den Weg zu bringen, erklärte die Ministerin.
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