Klimaschutz & Wirtschaft. (K)ein Widerspruch?

Alpbach im Zeichen des Klimaschutzes – Die Österreichische Hagelversicherung widmete sich den Herausforderungen der Zukunft.

Im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach fand am 30. August eine von der Österreichischen Hagelversicherung initiierte Sitzung zum Thema „Klimaschutz & Wirtschaft. (K)ein Widerspruch?“ statt. An der von ORF-Moderator und ZiB-Anchorman Tarek Leitner geführten Diskussion nahmen Franz Fischler, Präsident des Europäischen Forums Alpbach, Klaus Töpfer, ehemaliger Deutscher Umweltminister und Unep-Exekutivdirektor (Umweltprogramm der Vereinten Nationen), Günther Apfalter, Präsident Magna Europe & Magna Steyr und Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, teil.

Die Zielsetzungen des Pariser Klimaabkommens aus dem Jahr 2015 sind ganz klar. Eine Reduktion der Treibhausgase zur Beschränkung des Temperaturanstiegs auf deutlich unter 2 Grad (1,5 Grad wurden fixiert) ist dringend erforderlich. Dazu müsste weltweit der Verbrauch fossiler Energie bis zum Jahr 2035 um etwa 50 Prozent reduziert werden. Bis Mitte des 21. Jahrhunderts sieht das Klimaabkommen einen weitgehenden Verzicht auf Kohle, Öl und Erdgas vor. Das bietet große Chancen, da die Nutzung erneuerbarer Energieträger Investitionen und damit auch Arbeitsplätze mit sich bringen wird. Der Klimawandel ist aber bereits deutlich spürbar. Nicht nur in Österreich sind die Folgen der Wetterextreme ersichtlich. In weiten Teilen dieser Welt zeugen Dürren, Hochwasser und extreme Stürme von den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels.

Töpfer: Flucht aufgrund von Klimaänderungen

Im Klimawandel sieht Klaus Töpfer die größte Bedrohung der Zukunft. Jeder Staat müsse mitwirken, die Ursachen zu bekämpfen und die Folgen zu mindern. „Die Ausbeutung von Ressourcen, die Umweltzerstörung und der Klimawandel verschlechtern die Lebensbedingungen in den Entwicklungsländern. Weitere Flüchtlingswellen nach Europa werden die Folge sein. Gerade viele Länder Afrikas sind vom Klimawandel besonders betroffen – sei es Somalia, der Kongo oder Libyen. Eine Stabilisierung – insbesondere durch nachhaltige Klimapolitik – ist daher dringend erforderlich. Nur wenn wir den Menschen in den von Armut und Krieg betroffenen Regionen das Signal geben können, dass sie eine Zukunft und Perspektiven in ihrem eigenen Land haben, werden wir die Krise meistern“, erklärte Töpfer. Im Klimawandel lägen nicht nur Gefahren, sondern auch Chancen, zeigte sich Töpfer überzeugt und erklärte: „Wir sind heute in einer neuen industriellen und energietechnischen Revolution. Der Klimawandel ist für die Industrie nichts Negatives, sondern eine faszinierende Herausforderung. Aus technologischer Sicht ist er sogar großartig, weil er neue Märkte eröffnet für neue energie- und rohstoffeffizientere Lösungen.“

Magna-Europe-Chef über die Zukunft der Fortbewegung

In der Mobilität der Zukunft sieht der Präsident von Magna Europe, Günther Apfalter, ebenso große wirtschaftliche Chancen. Die möglichen Veränderungen bei Diesel- oder Benzinautos stellen die Autoindustrie vor große Herausforderungen. Viele Länder haben sich bereits Ziele gesetzt, bis wann sie auf alternative Fortbewegungsmittel wie beispielsweise E-Mobilität umsteigen wollen. „Das bringt für die Autoindustrie viele Chancen und Arbeitsplätze. Die Entwicklung und laufende Optimierung von herkömmlichen Antriebssträngen und E-Autos ist schon weit fortgeschritten. Es handelt sich um keine Revolution, sondern vielmehr um eine Evolution“, verwies Apfalter in diesem Zusammenhang auf die wichtigsten Erfindungen rund um den Pkw in den vergangenen 50 Jahren. Aus Sicht der Autofahrer seien dies die Klimaanlage, das Autotelefon und ABS gewesen. „94,5 Millionen Fahrzeuge werden heuer weltweit produziert. Bis zum Jahr 2023 soll die Produktion auf 107 Millionen Autos steigen, erst dann würden die Zahlen zu stagnieren beginnen, wie Branchenanalysen zeigen. Wir entwickeln jetzt die Autos, die 2030 vom Band laufen werden“, erklärte Apfalter. Der Magna-Europe-Chef rechnet damit, dass bis zum Jahr 2029 rund 20 bis 25 Prozent aller Antriebe zumindest von E-Motoren unterstützt werden.

Fischler: Klimaschutz nur global möglich

Bis auf Syrien und Nicaragua haben sich alle Länder zum Pariser Klimaschutzabkommen bekannt. Mit dem angekündigten Ausstieg aus dem Klimavertrag stellen sich die USA gegen die ganze Welt. Das ist formal aber erst 2020 möglich und damit kurz vor der nächsten Präsidentenwahl in den USA. Fischler: „Trump hat sich, trotz seiner brachialen Rhetorik, nicht für die schärfste Variante entschieden: Die USA bleiben Mitglied der allgemeinen UNO-Klimaverhandlungen, sie kündigen nur den Klimavertrag. Das geht den Vertragsstatuten zufolge aber erst drei Jahre nach Inkrafttreten des Beitritts, also im November 2019. Das Land kann jederzeit zurück. Es wird auf die Entwicklungen in den USA und die nächste Präsidentenwahl ankommen, wie sich der Ausstieg aus dem Klimavertrag global auswirken wird. Der Ausstieg birgt aber auch große wirtschaftliche Risiken für das Land.”

Weinberger: Klimawandel größte Herausforderung der Menschheit

Die Erderwärmung bringt zunehmend wiederkehrend fatale Unwetterschäden weltweit. Jahrhundertereignisse werden zunehmend zu drei bis vier Jahresereignissen. Der Klimawandel ist laut Hagelversicherung auch in Österreich schon lange angekommen. Beweise dafür sind auch hierzulande wiederkehrende Dürre- und Hochwasserschäden sowie das rasante Schmelzen der Gletscher. Als Versicherer von Naturkatastrophen ist es der Österreichischen Hagelversicherung bereits seit Jahren ein Anliegen, auf die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels hinzuweisen. „Der Klimawandel braucht einen Gesinnungswandel. Wir werden auf viel Wohlstand verzichten müssen, wenn wir nicht jetzt in den Klimaschutz investieren. Klug gemachter Klimaschutz schafft und sichert Arbeitsplätze. Intelligente Volkswirtschaften und Unternehmen kombinieren längst Ökonomie und Ökologie“, so Weinberger.

Investitionen in den Klimaschutz unabdingbar

Alle Diskutanten zeigten sich einig: Schäden durch den Klimawandel werden weiterhin steigen und Klimaflüchtlinge global zunehmen. Der Klimavertrag von Paris bietet wirksame Instrumente, sie müssen lediglich von allen eingehalten werden. Für Österreich wurden folgende konkrete Maßnahmen vorgeschlagen:
• Ein Bekenntnis zum öffentlichen Verkehr, um die Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs zu senken
• Ein Bekenntnis zu energiesparenden Mobilitätsformen
• Ein klares Bekenntnis zu regionalen Produkten mit kurzen Transportwegen
• Eine Reduktion des rasanten Bodenverbrauchs und eine Leerstands-Revitalisierungsoffensive
• Eine Ökologisierung des Steuersystems. Fossile Energie muss besteuert, der Faktor Arbeit entlastet werden

„Ein konsequenter Klimaschutz schafft nachhaltig Arbeitsplätze und sichert unseren Kindern eine intakte Umwelt. Wenn jede und jeder Einzelne einen Beitrag zu mehr Klimaschutz leistet, können wir es schaffen“, betonten Apfalter, Fischler, Töpfer und Weinberger.

Quelle: ÖHV
Klaus Töpfer, ehem. Deutscher Umweltminister und UNEP-Exekutivdirektor, Franz Fischler, Präsident Europäisches Forum Alpbach, Tarek Leitner, ORF-Moderator und ZiB-Anchorman, Günther Apfalter, Präsident Magna Europe & Magna Steyr, und Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung (v. l.)

 

- Bildquellen -

  • ÖHV Breakout Session Alpbach: ÖHV
  • OLYMPUS DIGITAL CAMERA: Agrarfoto.com
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