In Graubünden explodiert der Wolfsbestand

Nationalrat Hermann Gahr machte sich vergangene Woche selbst ein Bild über die Lage in Graubünden. Der Austausch mit den Betroffenen zeigt, dass Handlungsbedarf herrscht.

NR Hermann Gahr mit Wildhüter Armando Jeanett

Nationalrat Hermann Gahr besuchte vergangene Woche den Kanton Graubünden in der Schweiz für einen Lokalaugenschein zum Thema Großraubtiere. Die Einladung, sich direkt vor Ort ein Bild zu machen, stammt von Markus Schröcksnadel. Er betreibt in der Schweiz zwei Schigebiete und bekommt die dramatische Lage seit Jahren mit. Die Situation in der Schweiz ist besorgniserregend. Vergangene Woche traf sich der seit Jahren in Sachen Großraubtieren aktive Bauernvertreter Gahr mit Betroffenen zum Austausch. „Mein Fazit nach dem Termin in Graubünden: Wir sind gefordert, wir müssen handeln, wir müssen die Sache ernst nehmen. Wenn der Wolf sich weiter vermehrt, wird es dramatisch für die Landwirtschaft insgesamt, für den Tourismus, für die Nutzer der Natur, für die Biodiversität und somit für unseren Lebensraum“, so Gahr.

Wolfsbestand in Graubünden explodiert

Vor drei Jahren gab es im Kanton Graubünden cirka 20 Wölfe, aktuell liegt die Zahl bei über 100 Wölfen. 13 Wolfsrudel gibt es schon im Kantonsgebiet. Somit liegt Graubünden im Spitzenfeld der ARGE ALP Mitgliedsländer. In den zehn ARGE ALP Ländern wurden 2022 über 2.000 Nutztiere durch Großraubtiere getötet. „Allein die Situation in Graubünden zeigt, dass es in Sachen Wolf länderübergreifenden Handlungsbedarf gibt. EU, Bund und Länder sind gefordert, der steigenden Wolfspopulation entgegenzuhalten. Wir müssen unsere Nutz- und Haustiere schützen, wir müssen unsere flächendeckende Landwirtschaft erhalten. Wir müssen aber vor allem auch die Menschen schützen. Es geht um eine gesellschaftspolitische Verantwortung“, stellt Gahr klar.

Almen werden aufgegeben – Wege werden gesperrt

Leo Thomann, Gemeindepräsident (Bürgermeister) von Sures, davor langjähriger Förster und Großrat im Kanton Graubünden, sieht die Lage dramatisch. „Das Problem ist nur über Abschüsse in den Griff zu bekommen. Heuer wurden lediglich vier Wölfe abgeschossen, die Population nimmt zu. Herdenschutz funktioniert nicht, obwohl viel Geld ausgegeben wird“, so Thomann. Es würden Almen aufgegeben im Kanton, Wanderwege gesperrt, es gäbe Verletzungen durch Herdenschutzhunde. Entschädigungen für gerissene Tiere auf Heimweiden gäbe es nur für eingezäunte Tiere. Solange gezahlt werde, bleibe der Ball noch flach, Kosten und Nutzen stünden aber in keinem Verhältnis.

Armando Jeanett ist als Wildhüter in der Region tätig und für das Wolfsmanagement zuständig. Er ist auch befugt, bei konkreter Gefahr Wölfe abzuschießen. Jeanett agiert auf gesetzlicher Basis und regelt die Entschädigungen. 

Auch der Tourismus ist in das Wolfsproblem eingebunden. Geschäftsführerin Tanja Amacher vom Tourismusverband Savognin Bivio berichtet und sensibilisiert zur Thematik. Aktuell haben die Leute mehr Angst vor den Herdenschutzhunden als vor dem Wolf, so Amacher. Durch die steigende Zahl an Wölfen sind vor allem die Mutterkühe nervöser und gefährlicher. Trotz Information und Austausch zwischen Bauern, Behörde, Tourismus und Politik gibt es Unzufriedenheit und Angst.

Wolfsschutz demoliert Naturschutz

Marcel Züger, selbstständiger Biologe und europaweit als Experte für Großraubtiere bekannt, spricht Klartext. „Wölfe sind der Totengräber für den Naturschutz. Mit einem Festhalten am strengen Schutz werden nicht nur Fortschritte für ein kontrolliertes Wolfsmanagement untergraben und zahlreiche andere Naturschutzziele direkt konkurrenziert, der Naturschutz verliert als Ganzes an Bedeutung und Unterstützung.“

Der Experte macht sich Sorgen um die Zukunft. „Wölfe müssen reduziert und bejagt werden. Ständig werden neue Projekte ausgegraben, diese kosten nur Zeit und Geld“, so Züger. Von den Naturschutzorganisationen wird großer Schaden angerichtet und keinerlei Verantwortung dafür übernommen. „Die Schweiz hat keine verbindliche Strategie und Naturschutz wird einseitigen Ideologen überlassen, das ist gefährlich. Herdenschutz ist praktisch schwierig und funktioniert nicht“, stellt Züger klar.

Erhalt der Landwirtschaft ohne Kompromisse 

Leo Jeker, ein Unternehmer, Touristiker, Standesvertreter und ehemaliger Politiker fordert Klarheit in Sachen Wolf. Die Landwirtschaft müsse kompromisslos unterstützt werden und die Wolfsproblematik stelle für die Bauern eine Belastung dar. Es gäbe große Probleme mit dem Almpersonal, die ohnehin harte Arbeit auf den Almen würde zusätzlich erschwert.

„Diese Wolfsfanatiker haben keinen Respekt gegenüber der Bergland- und Alpwirtschaft. Sie haben keine Ahnung von der Landwirtschaft. Die Wolfsproblematik betrifft viele bäuerliche Familien und zudem tausende Nutz- und Haustiere. Vergessen wir nicht den Steuerzahler, der Wahnsinn Wolf und Bär kostet Millionen“, so Jeker.

Schutzstatus muss ehest gesenkt werden

Für Hermann Gahr ist nach dem Lokalaugenschein in Graubünden eines klar: Es braucht eine länder-übergreifende Strategie in der ARGE ALP. Es brauche insgesamt in Europa ein Umdenken in der Problematik Großraubtiere. Es gehe um Solidarität und Rückhalt für Berglandwirtschaft sowie um ehrlichen und nachhaltigen Naturschutz. „An der Senkung des Schutzstatus von Wolf und Bär führt kein Weg vorbei. Es braucht keine Träumereien und Experimente, denn die Lage ist ernst“, so Gahr abschließend.

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AUTORRed. JS
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