Der Landmaschinenhersteller Horsch betreibt seit 2012 etwa 70 Kilometer nördlich von Prag in Tschechien einen eigenen landwirtschaftlichen Versuchsbetrieb, um dort neue Ackerbauverfahren zu probieren und zu implementieren. Bewirtschaftet wird der klassische Nachfolgbetrieb einer Kolchose mit knapp 3.000 Hektar mit sechs Mitarbeitern.

Auf der „AgroVation-Farm“ von Horsch erfolgte anfangs eine Umstrukturierung mit voller Konzentration auf Ackerbau(technik), worauf sich der bayerische Hersteller spezialisiert hat und wofür er längst weltweit bekannt ist. Bereits im ersten Jahr wurde auch in eine Siloanlage investiert. Das Getreidelager mit einem Fassungsvermögen von 12.000 Tonnen ist mit einem zehn Megawatt Trockner bestückt, in dem pro Tag zwischen 700 und 800 Tonnen getrocknet werden können. Die Böden sind sehr wechselhaft, auch innerhalb einzelner Feldstücke sind zwischen 30 und 85 Bodenpunkte keine Seltenheit: „Das bringt natürlich ackerbauliche Schwierigkeiten mit sich, aber dadurch können wir auch viel ausprobieren“, erklärt Constantin Horsch, der seit 2017 mit seinem Bruder Lukas den tschechischen Betrieb leitet. Kultiviert werden vorwiegend Raps, Winterweizen und -gerste, Körnermais, Zuckerrübe und Soja. Das kontinentale Klima mit Frühjahrs- und Frühsommertrockenheit sei laut den beiden Betriebsführern herausfordernd: „25 Grad im April und bis zu 35 im Juni nehmen den Kulturen das Wasser.“

Spurgenaue Planung

2013 hat Horsch auf dem Betrieb das sogenannte „Controlled Traffic Farming“ (CTF) eingeführt. Das bedeutet, dass jede Spur auf dem Feld ganz genau geplant ist, und funktioniert nur in Verbindung mit RTK und GPS-System bei gleichzeitiger Abstimmung der Arbeitsbreiten der Maschinen. Bodenbearbeitung und Aussaat erfolgen auf zwölf Metern, Düngung und Pflanzenschutz auf 36 Metern. CTF biete laut Constantin Horsch sowohl Vor- als auch Nachteile: „In nassen Jahren gestaltet sich die Ernte einfacher, dafür sind die Maschinen teurer und Hindernisse wie industrielle Bäume, also Strommasten, sind hierbei oftmals ein Problem.“ Auf der AgroVation-Farm wird eine „abgespeckte europäische Version“ von CTF betrieben, da im Sommer die Stoppelbearbeitung zwei Mal quer durchgeführt wird. Damit erreiche man eine bessere Strohverteilung. Der Maschinenpark ist für einen Betrieb dieser Größe relativ schlank aufgestellt. Es gibt einen Traktor mit 500 PS, zwei Traktoren mit 400 PS, einen mit 250 PS sowie einen mit 80 PS. Jedes Gerät hat seine Funktion, und die Maschinen sind aufeinander abgestimmt. Generell wolle man „weg von den großen Traktoren“, da diese zu kostenintensiv seien und auch nur „einen geringen Wiederverkaufswert haben“. Durch CTF ergebe sich auch eine flachere Bodenbearbeitung, für die Traktoren mit 400 PS ausreichen.

Quelle: Horsch
Traktor mit Überladewagen sowie Mähdrescher

Als weitere Vorteile werden die Digitalisierung und damit bessere Nachvollziehbarkeit sowie die Autonomisierung genannt. „Unsere Mitarbeiter können sich voll und ganz um die Einstellung der Maschinen kümmern. Schlussendlich geht es darum, hohe Erträge zu erzielen und die Kosten niedrig zu halten“, betont Constantin Horsch. Für die einen ist CTF Philosopie, für die anderen eine Möglichkeit zu weniger Bodenverdichtung und Mehrerträgen. Fakt ist: Je mehr Fläche verdichtet wird, desto weniger Wasser kann in den Boden eindringen und gespeichert werden. Dadurch erhöhen sich das Erosionsrisiko und die Anfälligkeit für Trockenperioden. Ein verdichteter Boden kann zudem weniger Luft führen. Das alles schadet dem Pflanzenwachstum.

Ob CTF auch wirtschaftlich etwas bringt, darüber gehen die Meinungen auseinander. Wohl auch deswegen, weil vieles von individuellen Begebenheiten des jeweiligen Feldes abhängt. Die Schweizer Forschungsanstalt „Agroscope“ hat angegeben, dass CTF das Infiltrationsvermögen, die Wasserspeicherung und die Luftführung im Boden verbessert und dieser so bei klimatischen Extremen stabilere Erträge liefern kann. Unter mitteleuropäischen Ackerbedingungen sollen mit CTF um 5 bis 8 Prozent höhere Erträge erzielt werden können, im Gemüsebau und Grünland sogar bis zu 10 Prozent. Lukas Horsch kann diesen Ertragsvorteil durch CTF für seine AgroVation-Farm nicht bestätigen. „Bei unseren klimatischen Bedingungen gibt es keinen signifikanten Mehrertrag.“ Bei nassen Bedingungen zur Ernte biete es aber jedenfalls Vorteile und sei auch ertraglich positiv in der Folgekultur.


Controlled Traffic Farming: Controlled Traffic Farming (CTF) bedeutet, permanente, über Jahre beibehaltene Fahrgassen, für alle Arbeitsgänge im Ackerbau und Pflanzenbau zu benutzen. Auf den riesigen Schlägen Australiens ist CTF schon seit den 1990er-Jahren verbreitet. Auch in Europa wird das Verfahren immer beliebter. www.horsch.com

- Bildquellen -

  • Traktor mit Überladewagen …: Horsch
  • CTF auf der AgroVation-Farm …: Horsch
- Werbung -
AUTORThomas Mursch-Edlmayr
Vorheriger ArtikelAgrar-Terminmarkt 7. Mai ’21 – Fonds und Banken halten noch nie dagewesene Volumina
Nächster ArtikelDie Biofeldtage 2021 am Bio-Landgut Esterhazy gehen am 6. und 7. August in die zweite Runde