Heimische Kuhmilch für Tiroler Krampusse

Der unheimliche Krampus betritt die Wirtsstube, es wird still – bis er bei der Wirtin einen „Latte Macchiato mit Hafermilch“ bestellt. Dieses Werbevideo hat der Tirol Werbung einen Preis beim Cannes Filmfestival eingebracht – aber auch Kritik vonseiten der bäuerlichen Vertretung.

Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: „In Zirl stehen die Zirler Krampeler auf die gute alte Tiroler Vollmilch“, schreibt Daniel Liebl auf Facebook.

Ausgerechnet in Tirol, wo landwirtschaftliche Betriebe großteils von der Milchviehwirtschaft leben, werden Alternativprodukte beworben“, schüttelt Tirols Bauernbunddirektor Peter Raggl den Kopf. „Das ist für viele Bauern ein Schlag ins Gesicht, weil einerseits ein Großteil der Freizeitaktivitäten der Touristen auf bäuerlichem Grundbesitz stattfindet und andererseits gerade die über Jahrhunderte hinweg bäuerlich geprägte Kulturlandschaft wesentlich zur Attraktivität von Tirol als Urlaubsdestination beiträgt. Gerade die Almwirtschaft, die untrennbar mit der Milchwirtschaft verbunden ist, stellt quasi kostenlose Infrastruktur für den Berg- und Wandertourismus zur Verfügung.“

Was aufstößt, sei die Tatsache, dass im Werbefilm indirekt für den Konsum von „Hafermilch“ – die rechtlich gesehen gar nicht so heißen darf – geworben wird. Haferdrinks sind bekanntlich ein Surrogat für Kuhmilch.

Oberflächliche Einstellung

„Dieser Vorfall ist nicht der erste, der eine erschreckend oberflächliche, um nicht zu sagen naive Einstellung in der Tirol Werbung gegenüber der Landwirtschaft zeigt. Vor einigen Jahren wurde ein traditioneller Almabtrieb – einer der emotionalen Höhepunkte im bäuerlichen Jahreslauf – von der Tirol Werbung vereinnahmt und unter dem schwachsinnigen Titel ‚Karneval der Tiere‘ (wegen des geschmückten Almviehs) auf der Homepage gezeigt und erst auf eine Beschwerde unsererseits entfernt“, erzählt Peter Raggl. „Dieses mangelnde Feingefühl und das Fehlen grundlegenden Verständnisses hat sich auch in der Causa ‚Tirolberg‘ bei der Ski-WM in St. Moritz gezeigt.“ Damals wurden Speisen zwar mit Zusätzen wie „Innsbrucker …“ und anderen Tirol-Bezügen versehen, die Zutaten stammten aber nicht aus der Region.

Vermisste Sensibilität bei Werbetreibenden

„Das Video ist ein Affront gegenüber den Tiroler Bäuerinnen und Bauern, die mit ihrer Bewirtschaftung dafür sorgen, dass die Kulturlandschaft – die als Kulisse zahlreicher Werbevideos dient – für Einheimische sowie Touristinnen und Touristen so ansprechend ist“, unterstreicht auch Tirols LK-Präsident und Nationalrat Josef Hechenberger seine Entrüstung. „Ich vermisse hier ganz klar die Sensibilität gegenüber der heimischen Landwirtschaft. Es sind die Tiroler Bäuerinnen und Bauern, die mit harter Arbeit das ganze Jahr über einen Mehrwert für den Tourismus leisten. Und als Dank finden nicht einmal ihre eigenen, regionalen Erzeugnisse Erwähnung. Es kann doch nicht sein, dass in einem Werbevideo für Tirol, das traditionelle Gastfreundschaft hochhält, ,Hafermilch‘ und nicht die ureigene, echte Tiroler Milch vorkommt. Wo bleibt die Wertschätzung und Anerkennung gegenüber den heimischen Produzentinnen und Produzenten? Die Tirol Werbung muss diesen Werbeauftritt hinterfragen.“

Die Tirol Werbung hat angekündigt, die Videokampagne überarbeiten zu wollen. Der Spot wurde bei den Cannes Corporate Media & TV Awards mit einem “silbernen Delfin” ausgezeichnet.

 
 

- Bildquellen -

  • Image 2: Zeitungsfoto.at/Daniel Liebl
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