Im Osten und Südosten Österreichs zeichnen sich dramatische Dürreschäden ab. Laut aktueller Auswertung der Hagelversicherung zieht sich eine Trockenzone mit mehr als 50 % Niederschlagsdefizit vom nördlichen Weinviertel in das Wiener Becken und über Semmering und Wechsel die Ost- und Südsteiermark hinunter bis ins Kärntner Lavanttal. Habe man bei der Getreideernte „noch Glück gehabt“, so drohen in der Trockenregion laut dem Vorstandsvorsitzenden der Hagelversicherung Kurt Weinberger bei Mais, Sojabohne, Sonnenblumen, Ölkürbis und vor allem auch im Grünland „erhebliche und massive Ernteausfälle“. Den finanziellen Schaden für die Landwirte bezifferte Weinberger mit „Untergrenze 100 Millionen Euro“.
Mehr Hitzetage und Trockenjahre
Gemeinsam mit Univ.Prof. Helmut Habersack, Leiter des Instituts für Wasserbau an der Boku nannte Weinberger folgende Ursachen für die fatale Entwicklung:
• eine zunehmende Anzahl an Hitzetagen mit mehr als 30 °C und
• abenehmende Niederschläge im Sommer.
Registrierte man in den 80er und 90er-Jahren noch drei bis höchstens zwölf Hitzetage pro Jahr, so hat sich deren Anzahl bis dato etwa verdreifacht. Im laufenden Jahr sind es bereits 32. Verfehlt man die Klimaziele von Paris, dann drohen 60 bis 80 Hitzetage, so Weinberger. Statt alle zehn Jahre Dürre verzeichne man derzeit schon jedes zweite Jahr ein Trockenjahr.
Flüsse rückbauen, Bodenversiegelung stoppen
Prof. Habersack betonte den direkten Zusammenhang der schmelzenden Gletscher in den Alpen mit dem aktuellen Niedrigwasser auf Rhein und Donau. Niederschlagsdefizite, Versiegelung der Böden und die Regulierung der Flüsse samt der folgenden Eintiefung der Flussbette ließen den Grundwasserstand deutlich sinken. Beispielsweise sei das Bett der oberen Donau heute um einen Meter tiefer als vor 60 Jahren. Mit der Eintiefung der Flüsse falle auch der Grundwasserspiegel.
Die derzeitigen Niedrigwasserstände an Bodensee, Rhein, Donau und Neusiedler See seien die Folgewirkung. Auch dem Fluss Po in Italien fehlen Gletscherschmelze, Niederschläge und Grundwasser. Um der Entwicklung entgegenzuwirken seine Maßnahmen möglich wie:
• der Rückbau von Flüssen und Feuchtgebieten sowie
• die Reduktion des Bodenverbrauchs und der Bodenversiegelung.
Damit könnte das Wasser länger in der Landschaft gehalten werden, was zudem auch das Hochwasserrisiko mindere.
Industrie verbraucht das meiste Wasser
Zur Debatte um den Grundwasserverbrauch der Landwirtschaft in Österreich erläuterte Weinberger anhand einer Statistik des Landwirtschaftsministeriums, dass die heimische Industrie mit einem Anteil von 70 % (!) der weitaus größte Nutzer der Wasservorkommen ist. Es folgen die Haushalte mit 13 % und die Gewerbliche Wirtschaft mit 11 % des Wasserverbrauchs. Erst an vierter Stelle rangiert mit 4 % die Landwirtschaft. Zugrunde liegt der Auswertung ein jährlicher Gesamtverbrauch von 3,1 Milliarden Kubikmetern.
Vorsicht mit Donauwasser für den Neusiedler See
Zum kontrovers diskutierten ungarisch-österreichischen Projekt, den Neusiedler See mit Wasser aus der Moson-Donau zu dotieren stellte Prof. Habersack fest, dass man Vor- und Nachteile abwägen müsse. So könne es passieren, dass die im Donauwasser mittransportierten Schwebstoffe den See noch schneller verlanden lassen. Auch der Eintrag an Nährstoffen, kläranlagenstabilen Medikamentenrückständen (Hormone), Mikroplastik und bis dato im See nicht vorkommenden Wassertierarten könnten das ökologische Gleichgewicht stören. Ein Steppensee könne schon einmal verlanden, meinte Habersack, das sei in der Geschichte des Sees schon vorgekommen. Durch die heutige wirtschaftliche und touristische Nutzung haben sich die Gesichtspunkte jedoch verschoben.
Für die Landwirtschaft sei es wichtig, Bewässerungsverfahren effizienter zu gestalten. Beispielsweise durch Tröpfchenbewässerung oder indem man, soweit möglich, über Herbst und Winter Wasservorräte in Form von Beregnungsteichen anlegt.
- Bildquellen -
- 02web PK OHV Habersack Weinberger: ÖHV
- 03web Diagramm Wasserverbrauch: ÖHV
- 01web Chart Niederschlagsdefizit: ÖHV