Gerettet vor dem Häcksler

Zu dick, zu fleckig, zu krumm: Erdäpfel, Kürbisse oder Melanzani werden von den Zentraleinkäufern im Handel nicht abgenommen, wenn sie optische Normen nicht erfüllen. Denn die Konsumenten wurden dazu erzogen, im Regal nur nach äußerlich einwandfreier Ware zu greifen. Abhilfe gegen die Verschwendung von Lebensmitteln verspricht „Too good to go“.

Solcherart „abnormes“ Obst und Gemüse findet sehr oft keine Abnehmer. Schätzungen zufolge betragen die Nachernteverluste bei pflanzlichen Rohstoffen, die direkt am Feld oder am Acker liegen bleiben, rund 5 Prozent. Diese werden anschließend gehäckselt und eingearbeitet, ohne jemals nur in die Nähe der Konsumenten gekommen zu sein. Eigentlich reine Verschwendung. Die Initiative „Too good to go“ nimmt sich dieser Verschwendung nun an: Unter dem Motto „Ernteretten“ werden mit Bäuerinnen und Bauern direkte Abholmärkte für diese „B-Ware“ organisiert, die sonst am Acker liegen geblieben wäre.
Bei der Aktion „Ernteretten“ bei der Marx-Halle in Wien-Landstraße waren es an einem Abend immerhin drei Tonnen an Erdäpfeln und darüber hinaus Dutzende Kürbisse sowie einiges an Zwiebeln und Melanzani, die gerettet und weiterverkauft wurden. Bauernbund-Präsident Georg Strasser und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger unterstützen diese Aktion. Sie waren beim Verkaufsstand vor Ort. „Ein herzförmiger Erdäpfel schmeckt genauso gut wie ein runder. Schätzen wir doch solch einzigartige Formen des Erdäpfels – oder die krumme Gurke. Und kaufen wir nur so viel, wie wir wirklich essen. Am besten von Bauernfamilien, wie hier auf diesem Abholmarkt“, so Strasser. Die Ministerin geht in dieselbe Richtung: „Lebensmittel sind zu wertvoll, um im Müll zu landen. Vor allem, wenn sie geschmacklich einwandfrei sind, wie Tonnen von Obst und Gemüse, aber optisch nicht den Handels-Normen entsprechen. Diese Verschwendung ist nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ressourcentechnisch fatal – vom Boden über Wasser bis zum Saatgut.“

Überreste einfach abholen – mit App

Über die mobile App „Too good to go“ (TGTG) werden österreichweit täglich acht Tonnen genießbare Lebensmittel vor der Mülltonne gerettet. Ursprünglich stammt die Idee aber aus Dänemark. Dort wurde der Abholdienst im Jahr 2016 gegründet. Investoren aus ganz Europa haben das Unternehmen mittlerweile für sich entdeckt. 2019 startete Georg Strasser – übrigens ein nicht verwandter Namensvetter des Bauernbund-Präsidenten – österreichweit die Ausrollung. Die Alpenrepublik ist das zwölfte von mittlerweile 16 Ländern. Zunächst nur in Wien tätig, hat sich TGTG heute über alle Landeshauptstädte bis hin zu kleineren Städten und ländlichen Regionen ausgeweitet. Die Strategie dahinter ist einfach: „Menschen zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, miteinander zu verbinden, um Food Waste zu reduzieren“, sagt Georg Strasser.
Georg Strasser vom Bauernbund unterstützt die Aktion und sieht Vermarktungs-Möglichkeiten für Bauernfamilien. „Mit der Aktion ‚Ernteretten‘ von Georg Strasser und der Initiative ‚Too good to go‘ setzen wir ein Zeichen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln am Feld und zeigen alternative Vertriebswege auf. Was hier noch im kleinen Rahmen praktiziert wird, kann für weitere Betriebe eine Perspektive im Vertrieb der B-Ware sein.“ Bei dieser Aktion waren die Bauernfamilien Sobertzky, Hellmer und Holzer aus Niederösterreich mit dabei.

Initiative „To good to go“
  • Ziel ist es, Lebensmittelabfall zu reduzieren.
  • Erste Bekanntheit als Abholdienst von übrig gebliebenen Menüs in der Gastronomie.
  • Bäckereien, Supermärkte, Restaurants, Hotels, Bauern und Großhändler können übrig gebliebene Lebensmittel über die App zu einem günstigeren Preis verkaufen.
  • Neu im Angebot: auch Lebensmittelabfall in der Landwirtschaft.

www.toogoodtogo.at

 

Quelle: Dominik Merl

- Bildquellen -

  • Lebensmittelabfälle: Dominik Merl
  • Too Good To Go: toogoodtogo.at
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AUTORMartina Rieberer
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