Aus welchen Beweggründen heraus haben Sie sich damals für Ihr Engagement in der Gemeindepolitik entschieden?

SINGER: Damals ist der Ortsbauernrat an mich herangetreten und hat mich dazu motiviert, mich als Gemeinderat aufstellen zu lassen, um vor allem die Landwirtschaft im Dorf zu vertreten. Generell liegt die Motivation hinter dem Antritt eines Gemeindeamtes meist darin, die Lebensqualität für die breite Bevölkerung in der Gemeinde zu halten oder zu verbessern. Ein Feindbild, wie beispielsweise der amtierende Bürgermeister oder eine Gemeinderätin, kann Gruppierungen für eine gewisse Zeit vereinen, ist aber die falsche Motivation für eine Kandidatur. Vielmehr sollte man sich Ziele und Themen suchen, die wichtig für die Landwirtschaft, die Gemeinde und Dorfgemeinschaft sind. Man sollte einen positiven Zugang finden, um Ziele zu erreichen und Veränderungen zu schaffen.

Welchen Herausforderungen steht die Gemeinde Götzens gegenüber?

SINGER: Wir haben dasselbe Problem wie die meisten Umlandgemeinden von Innsbruck: Wohnraum für junge Familien ist in unserer Gemeinde nicht mehr leistbar, es bleibt ihnen oft nichts anderes übrig, als abzuwandern. Wir suchen einen restriktiven Lösungsweg, der leider aber auch hohes Konfliktpotenzial mit dem Thema Eigentum hat. Es stellt sich die Frage: Wo fängt die Sozialpflichtigkeit von Grund und Boden an und wo hört sie auf? Ein heißes Thema, das auch unter den Bauern nicht unumstritten ist. Als Bürgermeister kann ich nicht jeden Tag als Bauer agieren, sondern muss die Bedürfnisse jeder Bevölkerungsgruppe berücksichtigen. Eine weitere Herausforderung ist die Infrastruktur, die instandgehalten oder geschaffen werden muss. Dabei spielt auch das Thema Lebensqualität eine große Rolle: Das reicht von der Kinder-betreuung bis hin zur Altersbetreuung. Diese Anliegen gilt es mit Umsicht zu behandeln, um in der Gemeindepolitik Erfolg zu haben.

Was motiviert Sie als Politiker?

SINGER: Kommunalpolitik ist sehr unmittelbar – man erfährt die Reaktion der Bürgerinnen und Bürger direkt ohne Filter. Das empfinde ich großteils als positiv, natürlich wird man aber auch mit der negativen Seite konfrontiert. Anfeindungen bleiben nicht aus, teilweise wird man als Mittel zum Zweck gesehen. Mein Leitsatz ist, immer aus Überzeugung zu handeln. Anliegen müssen ordentlich überprüft werden, egal, wie hoch der Druck von außen ist. Besonders motivierend sind für mich gelungene Projekte, vor allem im Zukunftsbereich Kinderbetreuung. Wenn die Finanzierung durch Bund und Land stimmt, macht das besonders Freude und motiviert. Das größte Kompliment ist ein offenes Lob von Bürgerinnen und Bürgern.

Welchen Trend sehen Sie in der aktuellen Gemeindepolitik?

SINGER: Regionale Zusammenarbeit in der Gemeinde wird immer wichtiger, das geben alleine die Finanzen bereits vor. Mit der Einbindung der Gemeinderäte bieten die Instrumente der Planungsverbände eine völlig neue Perspektive. Es gilt, Tabus zu brechen. Mut ist eine Grundvoraussetzung für die kommenden Jahre. Vielleicht muss man auch Gemeindegrenzen im Kopf brechen.

Was möchten Sie bäuerlichen Funktionären zum Schluss mitgeben?

SINGER: Der bäuerliche Funktionär wird dann erfolgreich sein, wenn er sich mit nahezu allen relevanten Themen auseinandersetzt, eine Meinung hat und neben der Landwirtschaft auch Leidenschaft für andere Bevölkerungsgruppen zeigt. Leidenschaft verleiht Glaubwürdigkeit und diese zu entwickeln und zu vermitteln ist maßgebend. Dafür muss man sich auch mit der Öffentlichkeitsarbeit auseinandersetzen. Die Leute müssen wissen und spüren, wofür man sich als Bauer im Gemeinderat einsetzt und wofür nicht.  Man braucht ein gutes Rüstzeug, man lernt aus seinen Fehlern und wächst an seinen Aufgaben und je intensiver man sich von Anfang an mit der Thematik beschäftigt, desto schneller kann man mitreden und mitentscheiden.

Danke für das Gespräch!

- Bildquellen -

  • Bm Singer Josef 012: Gemeinde Götzens Gemeindeverwaltung – Tanja Jordan
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AUTORHannah Pixner
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