Witterungsbedingt dürfte 2020 als Weinjahr der Gegensätze in die Annalen eingehen: Auf Sonne folgte Regen, auf Wärme Kälte. In Kombination mit den spezifischen Gegebenheiten der Gebiete verlangte dies viel Fingerspitzengefühl und Geduld der Winzer. Dafür wurden sie belohnt, so die Österreich Wein Marketing (ÖWM). Trotz unterschiedlicher Jahrgangsverläufe in den einzelnen Weinbaugebieten zeichnen sich frische, aromatische, eher leichte Weißweine mit lebendiger Struktur ab. Bei den Rotweinen ergibt sich ein differenziertes Bild, wobei hohe physiologische Traubenreife in einigen Rotweinhochburgen auf sehr gute Qualitäten bei moderatem Alkoholgehalt hoffen lässt, berichtet das AIZ.
Niederösterreich und Wien: Große Bandbreite
In Niederösterreich und Wien sind sehr frische und fruchtbetonte Weine zu erwarten, mit etwas niedrigerem Alkoholgehalt und rassigerer Säure als in den letzten Jahren. Die Sortentypizität kommt dabei sowohl bei der Leitsorte Grüner Veltliner als auch bei den Rieslingen und der Burgunderfamilie gut zum Ausdruck. Etwas schwieriger könnte es für Bukettsorten wie Muskateller und Traminer werden, ihre Vorzüge voll zur Geltung zu bringen.
In den Rotweinzentren der Thermenregion und von Carnuntum rechnet man mit fruchtbetonten, etwas leichteren und eleganten Rotweinen, wobei alle Rebsorten und Gewichtsklassen verfügbar sein sollten; die besten Exemplare könnten das Format der feinfruchtigen 2016er erreichen. Besonders vielversprechend dürften neben Zweigelt und Blaufränkisch auch Sankt Laurent und Pinot Noir ausfallen.
Besseres Wetter im Burgenland
Nach zahlreichen Aussagen und ersten Verkostungen könnte das Burgenland laut ÖWM zu den Gewinnern des aktuellen Jahrgangs gehören. Zum einen erreichten die starken herbstlichen Regenfälle die Weinorte am Neusiedler See gar nicht und waren auch im mittleren sowie südlichen Burgenland nur abgeschwächt wirksam, zum anderen konnte es von der klimatisch bedingten früheren Traubenreife diesmal überdurchschnittlich profitieren. So war die Hauptlese beispielsweise rund um den Neusiedler See schon vor dem Wetterumschwung in der zweiten Septemberhälfte erledigt. Wermutstropfen waren einige lokale Hagelschläge.
Kennzeichnend für die 2020er-Weißweine aller Rebsorten ist ein ausgereiftes, harmonisches Geschmacksbild, das von einer rassigen Säurestruktur ergänzt wird, sodass von Leithaberg & Co. einiges zu erwarten ist.
Gute Aussichten gibt es in allen burgenländischen Appellationen auch bezüglich der Rotweinqualität. In den besten Fällen sollten Rotweine von kühler Eleganz und mit saftiger Frucht erzielbar sein, die vielleicht mit 2016 vergleichbar sind. Alles in allem sind also ausgewogene Zweigelt und Blaufränkische von erstaunlicher Reife zu erwarten, aber auch die französischen Sorten aus geeigneten Lagen sollten aufzeigen können, berichtet die ÖWM.
Noch etwas früh kommen Prognosen betreffend Dessertweine. Jedenfalls konnten spät, aber doch sogar edelsüße Raritäten wie Ruster Ausbruch DAC und Neusiedlersee DAC gewonnen werden, wenn auch in geringer Menge. Vereinzelt haben eiskalte Nächte sogar die Kelterung von Eisweinen erlaubt.
Archetypisch steirisch
Archetypisch steirisch werden sich mit Gewissheit die leichteren Weißweine der Gebietswein-Linie präsentieren. Weinfreunde können sich also auf knackig frische Welschrieslinge, Muskateller und Sauvignons freuen, die reintönige, sortentypische Frucht mit Rasse verbinden. Ebenso wie die kräftigeren Orts- und Riedenweine besitzen sie somit jene Merkmale, die sie unverwechselbar machen, stimmt die ÖWM die Weingenießer ein.
Besonders attraktiv und charakteristisch sollte die steirische Leitsorte Sauvignon Blanc ausgefallen sein, die naturgemäß von guter Wasserversorgung profitiert. Nach dem Zuwarten hat auch die Burgunderfamilie sehr gutes Niveau erbracht, was für die Rieslinge im Sausal in gleicher Weise gilt. Ein wenig schwieriger dürfte es fallweise für die Muskateller werden, da das Auftreten der Kirschessigfliege mitunter eine ungewollt frühe Lese erzwang. Insgesamt könnten die steirischen Weißen laut ÖWM somit ein Profil erreichen, wie es vergleichsweise für die gelungenen 2013er und die leider bloß in geringer Menge erhältlichen 2016er kennzeichnend war.
Ähnliches gilt auch für die weststeirischen Schilcher, die nach einigen von hoher Reife geprägten Jahren wieder mehr typische Frische und Rasse bei schlankerer Statur in den Vordergrund stellen.
Überraschendes Bergland
Rundum zufriedene Stimmen ertönten dieses Mal im – aus einer Vielzahl von Weinbauenklaven zusammengesetzten – Bergland. Weinbauern aus Oberösterreich berichten von keinerlei Beeinträchtigungen durch Wetterkapriolen und einem exemplarisch gelungenen Jahrgang. Demgemäß sind ausgereifte wie dichte Weine voll Saft und Kraft zu erwarten.
Ähnlich erfreuliche Nachrichten kommen auch aus Kärnten, wo ebenso ein schöner Herbst nach reichlichen Niederschlägen im Frühjahr und Sommer für zufriedenstellende Reife und ausgeprägte Aromatik gesorgt hat.
Ganz im Westen, in den Tiroler und Vorarlberger Weinbaufluren, war umsichtiger Pflanzenschutz noch wichtiger als sonst, um dem Befall durch Peronospora und Oidium vorzubeugen. Zur Verhinderung von Botrytis war eine gute Entlaubung der Traubenzone geboten. Bei der Mitte bis Ende Oktober erfolgten Lese konnte reifes Traubengut von überdurchschnittlicher Qualität geerntet werden, berichtet die ÖWM.