Entschlossene Führung

Kommentar von Conrad Seidl,
Redakteur “Der Standard”

Man mag es als wohltuend empfinden, dass von vielen Politikern urlaubsbedingt derzeit wenig zu hören ist. Kein Streit, das ist schon einmal positiv.
Auch wenn sich manche Journalisten bemühen, wortklaubend möglichst unterschiedliche Positionen der derzeit in der Öffentlichkeit stehenden Akteure darzustellen – es war erfrischend ehrlich, dass sich der Grüne Vizekanzler Werner Kogler im ORF Sommergespräch darauf nicht eingelassen hat.
Ja, die Regierung arbeitet ganz gut – so gut es eben zwei Partner mit doch recht unterschiedlichen Ideologien können. Aber: So erfreulich das sein mag – es reicht nicht. Meinungsumfragen wie die jüngst vom Linzer Market-Institut veröffentlichte zeigen, dass der Optimismuspegel im Land sinkt und die Verunsicherung steigt:
Die Corona-Pandemie ist noch lange nicht vorbei, die Folgen des Klimawandels (verstärkt dadurch, dass jahrzehntelang die schon längst absehbaren Wirkungen ignoriert wurden) sehen wir wöchentlich an Katastrophenberichten und dann auch noch das Desaster in Afghanistan (wo auch österreichische Soldaten vergeblich eingesetzt waren).
Es gibt viele Anlässe, sich Sorgen zu machen – und sich doch ein wenig mehr politische Entschlossenheit zu erwarten. Den Regierungsmitgliedern sei ihr Urlaub gegönnt (der Opposition natürlich auch). Aber jetzt ist es an der Zeit, dass den Bürgern reiner Wein eingeschenkt wird: Man will wissen, was im Herbst, was 2022 und danach auf uns zukommen wird.
Eine klare politische Führung muss das jetzt klarstellen – auch wenn das dann doch den einen oder anderen Streit bedingt.

conrad.seidl@gmx.at

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