Österreichs Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein wird das im Juli vom Nationalrat beschlossene bundesweite Verbot von Glyphosat nicht kundmachen. Das Gesetz wird somit nicht in Kraft treten. Grund dafür sei ein reiner Formalfehler, berichtet die Austria Presse Agentur (APA).
Das Gesetz hätte der EU im Voraus zur Notifizierung übermittelt werden müssen. Das sei aber nicht geschehen “und könne auch nicht mehr eintreten”, verlautete dazu aus dem Bundeskanzleramt (BKA). Aus Sicht des Rechtsdienstes im BKA und des Verfassungsdienstes im Justizministerium sei es “unionsrechtlich geboten, dass die Bundeskanzlerin von einer Kundmachung der umstrittenen Gesetzesnovelle absieht”. Auch “gewichtige Gründe der Rechtssicherheit” würden für dieses Vorgehen sprechen. Verstöße gegen wesentliche Formvorschriften, konkret der EU-Richtlinie (EU) 2015/1535 wie insbesondere die Notifikations- und Stillhaltepflicht, führen zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschrift, so die Bewertung der Juristen. Bierlein betonte, dass es sich ausschließlich um eine formaljuristische Entscheidung handele.
Auch die Europäische Kommission sieht in den rechtlichen Formalfehlern auf österreichischer Seite einen Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Notifikation der Gesetzesnovelle, der zu einem EU-Vertragsverletzungsverfahren führen könnte. Eine inhaltliche Stellungnahme zu Österreichs geplantem nationalen Alleingang rund um ein totales Glyphosat-Verbot gab es aus der EU-Kommission keine.
In einem Brief an Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka schrieb Bierlein, dass für solche Angelegenheiten zwingen ein Informationsverfahren vorgeschrieben ist. Da das Gesetz der EU nicht zur Notifizierung vorgelegt wurde, hatten die EU und die Mitgliedstaaten auch keine Möglichkeit Stellung zu nehmen.
Das Umweltministerium zeigte sich von Anfang abwartend in der Sache. Ein nationaler Alleingang wäre nämlich nur unter zwei Bedingungen möglich gewesen: Entweder müssten neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, oder spezielle Probleme für Umwelt oder Gesundheit nachgewiesen werden, die es nur Österreich gibt. Nichts davon war der Fall.
Greenpeace kritisiert dagegen die geplante Vorgehensweise der Bundeskanzlerin, das
Glyphosat-Verbot aus “ausschließlich formaljuristischen Winkelzügen” nicht in Kraft zu setzen. Das käme einem “Verrat an der Demokratie” gleich, so die Umweltschutzorganisation in einer Aussendung.
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- Bierlein: Parlamentsdirektion/Johannes Zinner; Agrarfoto.com