Die Forderung nach einem Verbot des zur Unkrautbekämpfung eingesetzten Wirkstoffs Glyphosat stand im Mittelpunkt eines Hearings mit Experten im Landwirtschaftsausschuss des Nationalrats am vergangenen Freitag.
Ausgangspunkt der Diskussion war das Volksbegehren “Glyphosat verbieten”. Nach Ansicht der mehr als 120.000 Bürgerinnen und Bürger, die dieses Volksbegehren unterstützen, soll ein ausnahmsloses Glyphosat-Einsatzverbot in Österreich sofort umgesetzt werden. Der Wirkstoff, so die Forderung, gehöre auch aus importierten Lebensmitteln restlos verbannt.
Den Abgeordneten standen als Experten der Biochemiker der Umweltschutzorganisation Global 2000, Helmut Burtscher-Schaden, der Landwirt Hans Gnauer sowie der ehemalige Geschäftsführer der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), Thomas Kickinger, zur Verfügung. Alle drei legten ihre Meinung zu den Vor- und Nachteilen des Wirkstoffs dar.
Burtscher-Schaden sprach sich einmal mehr für ein Verbot von Glyphosat aus. Gnauer berichtete aus seiner Praxis über den Vorteil des Glyphosateinsatzes im Ackerbau. Kickinger gab Einblicke in das Zulassungsverfahren von Glyphosat.
Ein im Zuge der Debatte von den Grünen eingebrachter Entschließungsantrag fand keine Zustimmung bei den anderen Fraktionen. Sie forderten, dass die Wirkstoffe Glyphosat sowie Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) verboten werden. Ebenso sollen Pestizide, die diese Wirkstoffe enthalten, die Zulassung entzogen werden. PFAS-Substanzen seien nicht abbaubar und dementsprechend in der Umwelt angereichert, argumentierten die Grünen.
In der anschließenden Aussprache äußerte sich Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig zu dem Anliegen des Volksbegehrens. Österreich habe im EU-Landwirtschaftsrat aufgrund eines Auftrags des Parlaments gegen eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat gestimmt, sei aber überstimmt worden, erklärte er. Ein Alleingang im Hinblick auf ein Totalverbot ist aus seiner Sicht nicht möglich. In Österreich würden aber weitest mögliche Einschränkungen gelten. Das Totalverbot in Luxemburg sei inzwischen vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden, so der Landwirtschafts- und Umweltminister.
Gnauer für bodenschonende Feldbearbeitung
Angesichts des Klimawandels müssen die Böden und Erträge nachhaltig gesichert werden, erklärte Landwirt Gnauer. Dazu müsse der Boden als Puffersystem im Klimawandel angepasst werden. Es brauche hier unter anderem gezielte Fruchtfolgen, die Förderung des Bodenlebens, eine bodenschonende Bearbeitung und eine ausgewogene Düngung. Um einen solchen Bodenaufbau zu schaffen, sei Glyphosat ein Werkzeug dazu, ist Gnauer überzeugt.
Die Bodenbearbeitung würde das Bodenleben stärker beeinträchtigen als Dünger und Chemie, weshalb Gnauer für die Direktsaat plädiert. Durch den Einsatz von Glyphosat sei zudem weniger Toxizität auf den Feldern möglich, zitierte er ein Studienergebnis.
Beim Projekt “Bodenpioniere” seien fortgeschrittene mit herkömmlichen Wirtschaftsweisen verglichen worden, erklärte er auf die Nachfrage des Bauernbund-Abgeordneten Klaus Lindinger. Durch die andere Art der Bewirtschaftung sei es möglich, dass die Bodenstruktur und -fruchtbarkeit verbessert, die Wasserspeicherkapazität erhöht und dadurch auch Starkregenereignisse stark abgepuffert werden.
Auch wenn Glyphosat verboten wird, würde man es nicht los, meinte der Praktiker. Auch durch Prozesse in Kläranlagen werde Glyphosat produziert. Grund dafür seien hier wasserenthärtende Stoffe beim Wäschewaschen.
Auch dürfe Glyphosat zur Kulturvorbereitung und bis fünf Tage nach der Saat eingesetzt werden, beantwortete Gnauer eine Frage von SPÖ-Agrarsprecherin Elisabeth Feichtinger nach den Einsatzarten in Österreich. Die folgende Kultur und letztlich das am Feld erzeugte Produkt selbst komme aber nie in Kontakt mit dem Wirkstoff, betonte er. Erst nach der Abtötung des Unkrauts durch Glyphosat würden in seiner Bewirtschaftungsweise die Kulturen ohne Bodenbearbeitung eingesät.
EU-Zulassungsverfahren sinnvoll wegen Komplexität
Thomas Kickinger hob in seinem Statement die Bedeutung EU-weiter Zulassungsverfahren hervor und ging auf das umfassende Zulassungsverfahren für Glyphosat ein. Die Verfahren seien grundsätzlich sehr transparent, würden wissenschaftsbasiert erfolgen und die Mitgliedsstaaten seien einbezogen. Die Risikobewertung von Glyphosat sei sehr umfassend gewesen. Rund 100 Expertinnen und Experten hätten bei dessen 32-monatigen Zulassungsverfahren mitgearbeitet. In Summe seien mehr als 2.000 Studien eingeflossen. Diese seien zum Ergebnis gekommen, dass “keine kritischen Problembereiche von Glyphosat betreffend Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt festgestellt wurden”, so Kickinger. Auf dieser Basis sei Glyphosat und in Folge auch die einzelnen Pflanzenschutzmittel in den einzelnen Mitgliedsstaaten zugelassen worden, erklärte Kickinger gegenüber NEOS-Agrarsprecherin Karin Doppelbauer.
Auf die Frage nach Alternativprodukten zu Glyphosat, meinte Kickinger zur gemeinsamen Anfrage mehrerer Abgeordneter, dass ihm keine entsprechenden Produkte bekannt seien.
Es gelte, die Bedenken der 122.000 Unterstützer des Volksbegehrens ernst zu nehmen, sagte der Bauernbund-Mandatar Klaus Lindinger. Die Diskussion müsse auf der Basis wissenschaftlicher Fakten erfolgen. „Glyphosat wird nur dann eingesetzt, wenn es unbedingt notwendig ist“. Daher werde in großen Teilen der konventionellen Landwirtschaft auch kein Glyphosat eingesetzt. Zudem kritisierte er das stetige Hinterfragen der Objektivität der EFSA durch Burtscher-Schaden von Global 2000.
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