Und schon wieder sind welche ausgebüchst! Almobmann Hans-Peter Wieser sucht im Gelände drei seiner Jahrlinge, die auf dem Weg hinauf zur Vallmeritzalm (Gemeindegebiet Trins), ihre eigenen Vorstellungen hatten, wo es hingehen sollte. Die jungen Halbstarken sind besonders unternehmungslustig, aber auch das andere Vieh ist heuer bewegungsfreudiger als sonst, obwohl es auf der Alm nicht an Futtergräsern mangelt. Hans-Peter Wieser: „Die springen herum wie wild, ständig muss man ihnen nachsteigen und auf den gut ausgebauten Forstwegen kommen sie sehr weit.“ Das regnerische Wetter an diesem Tag macht die Suche nicht einfacher, die Schuhe der Bauern sind bereits durchnässt. Almleben, wie es Schönwetterwanderer eher selten erfahren!
Zäune händisch gefertigt
Im Almgelände helfen Zäune, der Unternehmungslust von Mutterkühen, Kälbern und Ochsen Grenzen zu setzen. Es sind schöne Schrägzäune aus Lärchen- und Fichtenholz. Für das kunstvolle Geflecht sind die insgesamt 12 Mitglieder der Agrargemeinschaft (neun aus Gries, drei aus Steinach am Brenner) verantwortlich, allen voran Almobmann Hans-Peter Wieser (geb. 1957) und der frühere langjährige Almobmann Albert Töchterle vom Zaglhof in Nösslach. Die beiden und noch ein paar andere ältere Mitglieder der Agrargemeinschaft sind Meister im Errichten der Schrägzäune, allerdings ist es eine harte Arbeit, die immer zu Beginn der Almsaison erledigt werden muss und unter den Jungen finden sich nicht mehr viele, die neben Beruf und Familie die Zeit aufbringen können, dabei zu helfen.
Die „Alten“ aber packen tatkräftig an, mit dem richtigen Werkzeug: „Man muss die Zäune händisch errichten, auch die Vorbereitungsarbeiten sind sehr arbeitsintensiv. Weil beim Sägen die Fasern brechen, bleibt nichts anderes übrig, als das Holz mit Keilen und Hacke zu klieben.“ Die Stecken, die in den Boden geschlagen werden, sind aus Lärchenholz (weil sie länger halten), die hineingelegten Spelten werden aus Fichtenholz gefertigt.
Natürlich trifft es beim Zäunen auch die anderen Mitglieder der Agrargemeinschaft, die miteinander 46 Rechte besitzen und jeweils für zwei Stück Vieh bzw. zwei Rechte eine Tagesschicht auf der Alm absolvieren müssen. So kommt man ganz gut über die Runden, noch dazu, weil man mit dem Niederösterreicher Johann Arnold schon seit zwölf Sommern einen verlässlichen Hirten hat. „Er hat auch die Almpacht inklusive kleinem Almausschank übernommen, was für beide Seiten ein gutes Modell ist, allein schon aus versicherungstechnischen Gründen“, so Hans-Peter Wieser.
Gut gegen Nordwind
Bei der Hütte ist auch ein kleines Stallgebäude. Hier haben im Notfall zwar nicht alle Weidetiere Platz, aber für Schlechtwettereinbrüche mit Schnee gibt es ja das Schneefluchtrecht, das es erlaubt, die Tiere auf tiefer gelegenen Weiden in Sicherheit zu bringen.
„Schneefälle im Almsommer gab es bei uns vermutlich aufgrund des Klimawandels in den letzten Jahren aber kaum“, erzählt Hans-Peter Wieser. Die Alm ist trotzdem noch immer sehr rau, das Gebiet dehnt sich zwischen 1840 und 2280 Meter aus, also fast zur Gänze „obern Holz“, wie die Einheimischen sagen. „Besonders
unfreundlich kann der lästige Nordwind sein, der über den Grat pfeift“, berichten die Almbauern. Den Menschen bietet in diesem Fall die gemütliche Hütte Schutz und die Streuner unter den Tieren machen sich vielleicht auf den Weg, um in windstillere Gefilde zu gelangen.
Die drei Ausreißer wurden übrigens gefunden und dann gefiel es ihnen auf der Alm auch recht gut!
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